Sonntag, 25. Dezember 2011

Warum all die Pleiten?

Das war unschön - kurz vor Weihnachten sorgten gleich zwei vergleichsweise renommierte deutsche Solarfirmen für Schlagzeilen, weil sie Pleite zu gehen drohen (siehe unter anderem Solarmedia vom 21. Dezember 2011). Dabei sind es nicht einmal die ersten Fälle - bereits zuvor hatten mehrere US-Solarfirmen Insolvenz angemeldet, so heisst das in Fachchinesisch - und über weiteren Firmen kreist der Geier. Ein Kommentar von Solarmedia-Autor Guntram Rehsche.



Von wegen Chinesisch
- aus dieser Himmelsrichtung droht nämlich der europäischen und amerikanischen Solarindustrie Ungemach. Chinesische Hersteller wie Jingly, Ja Solar, LDK und weitere - neben dem bereits etablierten Branchenleader Suntech Power - haben sich unter den Top10 der Modulhersteller breit gemacht. Einerseits, weil die Qualität unterdessen unbestreitbar mit etablierten Marken wie Sharp, Sunpower und Solarworld mithalten kann. Andrerseits, weil die Preise wesentich günstiger sind und unterdessen bei um die ein Euro pro installierte Watt Leistung liegen. Woran nicht nur die Löhne schuld sind - dies gar nicht sein können, weil der Lohn nur einen kleinen Teil der Herstellungskosten ausmacht. Es sind wohl die Rahmenbedingungen in China und anderen asiatischen Staaten (Umweltauflagen und Kreditzugang), die zu enormer Wettbewerbsfähigkeit geführt haben - vor allem aber das Hochfahren einer Massenproduktion, die Vergleiche im Westen weit hinter sich lässt.

Die Solarindustrie und insbesondere die Photovoltaik (direkte Umwandlung von Licht in Strom) wird Opfer ihres eigenen Erfolgs. Lange Zeit ging es nicht in grossem Stil voran (die ersten PV-Module wurden bereits in den 70er Jahren auf Dächern montiert). Doch vor allem seit der vorwiegend benötigte Rohstoff Silicium ab 2008 rasant billiger wurde, hat sowohl auf der Preis- wie auf der Mengenseite eine ungeheure Dynamik eingesetzt. In der Folge kostet photovoltaisch erzeugter Strom Ende 2011 weniger als die Hälfte wie noch vor drei Jahren - und etwa einen Viertel des vor rund einem Dutzend Jahren gültigen Preises. Der Grund liegt - wie erwähnt - in erster Linie im Eintritt der Solarproduktion in die Ära der Massenfertigung. Die grössten Hersteller wie Suntech Power (oder First Solar im siliciumfreien Dünnschichtbereich) stellen derzeit jährlich Module mit einer Gesamtkapazität von über zwei Gigawatt Leistung jährlich her.

Dass bei dieser rasanten Entwicklung einzelne Firmen nicht mehr mitkommen - oder ganze Regionen - weil andere bedeutend billiger produzieren, ist weder ungewöhnlich noch einmalig in der Industriegeschichte. Der nahe liegende Vergleich ist jener mit der Computerindustrie - die hat in den vergangenen Jahrzehnten unzählige Klein- und Mittelfirmen verloren und selbst einstige Marktführer sind sang- und klanglos verschwunden (wer erinnert sich etwa an DEC).

Der Vergleich zur Computerindustrie ist im Übrigen sinnfällig: Denn auch sie stützt sich ab auf Halbleitermaterialien als Ausgangspunkt der Fertigung und auch ihre Entwicklung verlief rasant. Sie lässt sogar erahnen, dass die Fahnenstange der Entwicklung der Solarindustrie noch längst nicht erreicht ist - weitere technische Fortschritte, erhöhte Wirkungsgrade, verbilligte Module sind zu erwarten - und ebenso weitere Pleiten von Solarfirmen. Nicht etwa als Zeichen der Schwäche, sondern der Stärke und Vitallität einer Branche, die eine der wichtigsten Industriezweige überhaupt werden wird. Wo allerdings die Produktion stattfindet, ist offen und hängt wiederum wie in der Computerindustrie nicht einmal nur von den Löhnen ab, sondern von den übrigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Auch Apple ist ein erfolgreiches Industrieunternehmen - hat allerdings einen guten Teil der Geräteproduktion nach Asien ausgelagert.

© Solarmedia

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2 Kommentare:

  1. Alles ist schön, nur was wird geschehen, wenn die Fläche für PV-Anlagen nicht mehr zur Verfügung steht?
    Im Gegensatz zum Computer, lässt sich PV-Modul nicht unter dem Tisch oder in der Hosentasche verstecken...

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  2. @sunrydz: PV gehört in erster Linie auf Dächer - Platz sehe ich genug.

    @Guntram Rehsche: Vielleicht etwas provokativ: die europäische Pleite ist EEG bedingt. Überförderterte PV Produktion - und etwas zuwenig in Forschung investiert. China macht das sehr gut: Profitieren von EEG etc. Und die restliche Produktion flexibel zu Hause verbauen. So oder so macht der Preiszerfall den Produzenten das Leben wirklich schwer.

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