Mittwoch, 30. Oktober 2019

D: Erneuerbare decken bereits 43% bei Strom

Das 65-Prozent-Ziel der deutschen Energiepolitik ist jedoch durch dramatische Situation beim Windenergie-Ausbau und zu wenig neue Photovoltaikanlagen gefährdet. Ganz klar in der Defensive ist der Kohleverbrauch - und damit sinkt der CO2-Ausstoss deutlich.

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Die Erneuerbaren Energien haben in den ersten drei Quartalen 2019 in Deutschland zusammen 42,9 Prozent des Bruttostromverbrauchs in Deutschland gedeckt. Das ist ein Anstieg von fast fünf Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahreszeitraum (38,1 Prozent) und ein neuer Bestwert. Im März erreichten die Erneuerbaren aufgrund des außerordentlich starken Windaufkommens sogar 52 Prozent. Zu diesem Ergebnis kommen das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) in einer ersten Auswertung. Wenn sich das Wind- und Sonnenaufkommen im vierten Quartal wie im Durchschnitt der letzten Jahre gestaltet, könnte der Erneuerbaren-Anteil im Gesamtjahr 2019 bei gut 42 Prozent liegen.
 

„Es ist sehr erfreulich, dass die Erneuerbaren so stark zugelegt haben und der Einsatz konventioneller Energieträger kontinuierlich zurückgeht. Die Rekordzahlen stehen jedoch im scharfen Kontrast zur dramatischen Situation beim Ausbau der Windenergie: Aufgrund fehlender Flächen und immer restriktiverer Abstandsregelungen rutschen wir in eine regelrechte Rezession. Wenn die Politik nicht endlich die Bremsen für den Ausbau der Windanlagen lockert, werden wir das 65-Prozent-Ziel krachend verfehlen“, so Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung.
 

„Für die Erreichung des 65-Prozent-Ziels benötigen wir nicht nur mehr Windenergie, sondern als zweite Säule die Photovoltaik“, sagt Prof. Dr. Frithjof Staiß, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des ZSW. „Beschleunigt sich der Photovoltaikzubau nicht, wird die jüngst beschlossene Verdopplung der installierten Leistung auf 98 Gigawatt in elf Jahren nur etwa zur Hälfte erreicht. Wir brauchen deshalb ebenfalls wirksame Maßnahmen zur Steigerung des Solarstromausbaus.“
 
In den ersten drei Quartalen 2019 wurden insgesamt rund 183 Milliarden Kilowattstunden (Mrd. kWh) Strom aus Sonne, Wind und anderen regenerativen Quellen erzeugt (Q1-3 2018: 166,5 Mrd. kWh). Damit lagen die Erneuerbaren fast 50 Prozent über der Stromerzeugung aus Braun- und Steinkohle, die insgesamt rund 125 Mrd. kWh beitrugen (Q1-3 2018: 171,1 Mrd. kWh). Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum lagen der Anteil der Erneuerbaren und jener der Kohle noch fast gleichauf. Die Stromerzeugung aus Erdgas ist hingegen um über elf Prozentpunkte auf 66 Mrd. kWh gestiegen – das ist vor allem auf den gestiegenen CO2-Preis zurückzuführen (Q1-3 2018: 59,4 Mrd. kWh).
 

Wind onshore war im Betrachtungszeitraum mit fast 72 Mrd. kWh weiterhin die stärkste Erneuerbaren-Quelle (Q1-3 2018: 61,4 Mrd. kWh). Den zweiten Platz belegt die Photovoltaik mit rund 41 Mrd. kWh (Q1-3 2018: 39,2 Mrd. kWh). Strom aus Biomasse liegt unverändert bei knapp über 33 Mrd. kWh (Q1-3 2018: 33,4 Mrd. kWh). Wind offshore verzeichnete mit 31 Prozent den größten Zuwachs und trug in den ersten drei Quartalen des Jahres fast 17 Mrd. kWh zur Stromerzeugung bei (Q1-3 2018: 12,9 Mrd. kWh). Der Beitrag der Wasserkraft lag aufgrund der langen Trockenphase erneut auf einem geringen Niveau von rund 16 Mrd. kWh (Q1-3 2018: 14,8 Mrd. kWh). 

Der in Deutschland produzierte Strom ist damit in den ersten drei Quartalen dieses Jahres deutlich  sauberer geworden: Gegenüber dem Vorjahreszeitraum konnte die deutsche Energiewirtschaft dem Branchenverband BDEW zufolge ihre CO2-Emissionen um 40 Millionen Tonnen reduzieren. Das entspricht Minus 40 Prozent.

Quelle   Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW) 2019 | Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) 2019

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Donnerstag, 24. Oktober 2019

Der Weg zu mehr und besseren Energiespeichern

Das Forum Energiespeicher Schweiz stellt die «Roadmap Energiespeicher» vor und diskutiert diese mit Fachleuten aus Wirtschaft und Wissenschaft. Die Stromversorgung wird künftig von Flexibilität in der Erzeugung und der Nachfrage geprägt und somit von unterschiedlichsten Speicherlösungen abhängig sein. Auch werden saisonale Wärmespeicher für die Dekarbonisierung des Wärmesektors wichtiger.

Thomas Nordmann, Sprecher des Forums Energiespeicher Schweiz, fordert deshalb: «Die Umsetzung der Energiestrategie 2050 braucht endlich eine regulatorische Gesamtsicht auf die verschiedenen Sektoren Strom, Wärme, Mobilität. Voraussetzung dafür ist eine netzübergreifende, technologieneutrale Regulierung verschiedener Energienetze und Speicherlösungen. Die Roadmap Energiespeicher des Forums Energiespeicher Schweiz zeigt, wie dieser Weg schrittweise in diese Richtung ausgestaltet und harmonisiert werden kann.»

Schritte zu einem optimalen Gesamtsystem
Die Roadmap Energiespeicher beschreibt drei unabhängig voneinander und zeitlich gestaffelt umsetzbare Massnahmen:
(1) Bestehende Diskriminierung aufheben und gemäss Branchenkonsens umsetzen
Gleichbehandlung von reinen netzseitigen Speichern mit Pumpspeicherkraftwerken, die heute schon vom Netzentgelt befreit sind bzw. nur für den Nettobezug (Verluste) Netzentgelte bezahlen müssen
(2) Sektorübergreifende Speicher integrieren
Einbezug von allen Speichern (Strom und Wärme), die einen sinnvollen Beitrag an die Reduktion der CO2-Emissionen im Gesamtsystem leisten
(3) Dynamische, engpassorientierte Netztarifierung
adäquater Wert für Flexibilität und Anreize für netzdienliches Verhalten von existierenden Speichersystemen sowie für Investitionen in neue Speicher- und Flexibilitätslösungen

Am zweimal jährlich stattfindenden Roundtable des Forums Energiespeicher Schweiz von Mittwoch wurde die Roadmap Energiespeicher mit rund 50 Fachleuten aus Wirtschaft und Wissenschaft diskutiert. So soll diese laufend auf die Bedürfnisse der Energiebranche ausgerichtet und um neueste Erkenntnisse der Forschung ergänzt werden. Insbesondere die Gleichbehandlung von Speichern und Kostenwahrheit für system-, netz- und klimadienliche Flexibilität im gesamten Energiesystem finden breiten Unterstützung.

Die vollständige Roadmap Energiespeicher des Forums Energiespeicher Schweiz ist hier erhältlich: https://bit.ly/2N4JWvB

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Mittwoch, 23. Oktober 2019

Endlich weniger warten

Im laufenden Jahr konnten insgesamt rund 15'700 Anlagen zur Stromproduktion aus erneuerbaren Energien neu gefördert werden. Mit den 2020 verfügbaren finanziellen Mitteln zur Förderung erneuerbarer Energieanlagen, können die Wartelisten deutlich abgebaut werden. Ab 2020 wird die Wartezeit für die Einmalvergütungen für Photovoltaik-Anlagen auf unter ein Jahr verkürzt.   

Anfang 2019 befanden sich 15'500 Anlagen auf der Warteliste der Einmalvergütung für Kleine PV-Anlagen (KLEIV). Bis Ende des Jahres wird die KLEIV an rund 13‘500 dieser Anlagen ausbezahlt, insgesamt 115 Millionen Franken. Ausblick 2020: Bis Ende 2020 wird die KLEIV voraussichtlich für alle Anlagenbetreiber ausbezahlt, die ihr vollständiges Gesuch bis zum 31. Januar 2020 einreichen. Das betrifft rund 18'000 Anlagen mit einer Leistung von etwa 220 MW. Mit einem Fördervolumen von 115 Millionen Franken kann die Wartezeit bis zur Auszahlung der KLEIV auf unter ein Jahr verkürzt werden. 

Anfang 2019 befanden sich 4'000 Anlagen auf der Warteliste der GREIV (Einmalvergütung für grosse Photovoltaikanlagen). Bis Ende des Jahres werden rund 1'750 Antragsteller eine GREIV-Verfügungen erhalten. Dies entspricht einem Fördervolumen von insgesamt 180 Millionen Franken. Ausblick 2020: Bis Ende 2020 erhalten voraussichtlich alle Anlagenbetreiber eine GREIV-Zusicherung, die ihr vollständiges Gesuch bis zum 31. Januar 2020 einreichen. Das betrifft rund 820 realisierte Anlagen mit einer Leistung von etwa 210 MW und 1'530 nicht realisierte Anlagen mit einer Leistung von etwa 330 MW. Dafür werden rund 215 Millionen Franken zur Verfügung gestellt. Die Verfügungen werden im ersten Quartal 2020 ausgestellt. Projektanten, die sich 2020 für die GREIV anmelden, müssen weniger als ein Jahr auf die Verfügung warten.

 

Kostenorientierte Einspeisevergütung (KEV) für Photovoltaik-, Wind-, Kleinwasserkraft-, Biomasse und Geothermie-Anlagen: 2019 wurden insgesamt 410 Anlagen in das Einspeisevergütungssystem aufgenommen. Bei den Photovoltaikanlagen wurde die Warteliste bis zu den Anlagen abgebaut, die sich bis und mit 30. April 2012 angemeldet hatten. Bei den übrigen Technologien (Biomasse, Kleinwasserkraft-, Wind- und Geothermie-Anlagen) wurde die Warteliste ebenfalls weiter abgebaut (54 Biomasseanlagen, 68 Kleinwasserkraftwerke, eine Windenergieanlage). Ausblick 2020: Bis Juli 2020 werden noch 147 Photovoltaikanlagen mit einer Leistung über 100 kW (total 41 MW) in das Einspeisevergütungssystem aufgenommen, die bis und mit 30. Juni 2012 angemeldet wurden und für die der Betreiber das Wahlrecht zugunsten der Einspeisevergütung ausgeübt hat. Dies wird das letzte KEV-Kontingent für die Photovoltaik sein. Die Photovoltaik-Warteliste für die Einspeisevergütung wird danach nicht mehr weiter abgebaut. Den Projektanten wird empfohlen, die Einmalvergütung in Anspruch zu nehmen. Die KEV-Warteliste bei den übrigen Technologien wird auch nicht mehr weiter abgebaut. Es werden keine weiteren Projekte mehr ins Einspeisevergütungssystem aufgenommen, also weder neue Projekte, Projekte auf der Warteliste, noch Projekte, die ab 2018 den Springerstatus erreicht haben.

 

Biomasse-Anlagen: 2019 gingen bislang sieben Anträge um einen Investitionsbeitrag für stromproduzierende Klärgas-, Kehrichtverbrennungsanlagen oder für Holzkraftwerke ein. Davon wurden bereits drei Anträge im Umfang von 132‘014 Franken positiv beurteilt. Neue Gesuche können sofort bearbeitet werden. Es besteht keine Warteliste.

 

Investitionsbeiträge für Kleinwasserkraft-Anlagen (300 kW bis 10 MW): 2019 gingen bisher acht Anträge ein. Bis Ende des Jahres können voraussichtlich Zusicherungen in der Höhe von insgesamt rund 35 Millionen Franken erteilt werden. 2020 werden weitere 30 Millionen Franken für die Erneuerung und Erweiterung von Kleinwasserkraftwerken zur Verfügung stehen. Damit können die bereits eingereichten Anträge sowie die ab 2020 hinzukommenden Anträge berücksichtigt werden. Investitionsbeiträge für  

 

Grosswasserkraft-Anlagen (ab 10 MW): Am ersten Stichtag 2018 wurden fünf Gesuche eingereicht; drei Anlagen erhielten einen Investitionsbeitrag zugesichert. Es besteht keine Warteliste. Die Mittel 2020 stehen vollumfänglich für neue Gesuche zur Verfügung.


Wie werden die Fördermassnahmen finanziert? Für die Förderung der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien, Stromeffizienzmassnahmen und Gewässersanierungen bezahlen die Schweizer Stromkonsumentinnen und -konsumenten seit 1. Januar 2018 einen Netzzuschlag von 2,3 Rappen pro Kilowattstunde. Das Geld fliesst in den Netzzuschlagsfonds, aus dem verschiedene Fördermassnahmen finanziert werden (siehe Grafik in der Beilage). Die Höhe der Einspeisevergütung orientiert sich an den Produktionskosten der Anlagen. Bei tiefen Marktpreisen müssen daher mehr Fördermittel aufgewendet werden. Bei höheren Marktpreisen braucht es für die gleiche Anzahl von Anlagen weniger Fördermittel; entsprechend können mehr Anlagen gefördert werden.

Quelle:   http://www.bfe.admin.ch

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Montag, 21. Oktober 2019

Auch eine Solarwahl !

Die eidgenössischen Wahlen sind Geschichte - und sie sind nicht nur die einmalige Geschichte eines grünen Triumphes, sondern auch ein Sieg für die Erneuerbaren Energien. Weil unter diesen die Solarenergie hierzulande die entscheidende Rolle spielt, ist es ein Sieg für eben diese! Sinnigerweise wurden in diesen Tagen auch wieder die Schweizer Solarpreise vergeben - Bilder der prämierten Anlagen sind diesem Kommentar zu den Wahlen beigefügt.

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Vorderhand handelt es sich wohl nur um einen Etappensieg, denn auf wirkungsvolle Förderung wartet die Solarwirtschaft seit längerem. Wenn auch zweifellos bereits Erfolge zu verzeichnen sind. Aber eben, jetzt geht es ans Eingemachte. So sieht es auch Greenpeace - die Umweltworganisation äussert sich in einem Blogbeitrag unter anderem wie folgt: «Die Prioritäten sind neu zu setzen: Der Schutz des Klimas ist bei jeder öffentlichen Ausgabe, bei jedem neuen Gesetz und bei jedem neuen Infrastrukturprojekt mitzudenken. Die Schweiz muss die Treibhausgasemissionen, welche sie im In- und Ausland verursacht, massiv senken.» Und die Freisinnige Partei erinnert Greenpeace: «Die FDP-Delegierten haben sich für das Pariser Klimaabkommen und für eine Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2050 auf netto null ausgesprochen. Das muss die Richtschnur für die FDP-Fraktion sein. Auf Spiele mit der SVP darf sich der Freisinn nicht mehr einlassen.» Zu den Greenpeace-Forderungen betreffs Erneuerbare Energien siehe hier >.

Die Bieler Schifffahrts-Gesellschaft
- eine der PreisträgerInnen
Nicht ganz ungetrübt ist die Freude ob des grünen Wahl-Coups - die verbündeten Sozialdemokraten mussten mehr Federn lassen als erwartet. Immerhin wurden alle SP-Spezialisten für Erneuerbare Energien gut gewählt (Roger Nordmann als Präsident des Fachverbands Swissolar, Beat Jans als ebensolcher der Schweizerischen Energie-Stiftung SES sowie Eric Nussbaumer. Unter den Grünliberalen zählt Energie-Fachfrau Barbara Schaffner zu den klaren VerfechterInnen für die Solarenergie (und ist damit eine der einzigen Frauen in diesem Bereich überhaupt).

Ob des gewaltigen Zubaus der Vertretung der Grünen im Nationalrat ginge es hier zu weit, all deren NationalrätInnen  aufzuzählen. Man wünscht sich aber fürwahr, dass insbesondere die Solarenergie damit den nötigen Rückenwind erhält. Und von wegen Zubau: Von PolitikerInnen jedweder Couleur sind jetzt solare Heldentaten gefordert. In Zürich stehen sie nach der Wahl von Martin Neukom in den Regierungsrat immer noch aus. Dabei braucht es jetzt eine solare Anbauschlacht, sonst bleibt die Energiestrategie der Schweiz wirklich ein Papier-Tiger.

In der Siedlung Tobel wird fast doppelt
so viel Strom produziert wie
verbraucht - alle Bilder: Solaragentur
Zur Erinnerung: Das alles (und noch viel mehr) wäre jetzt fällig:
  • Solare Grossprojekte fördern
  • Mittel aufstocken
  • Bürokratie abbauen
  • Zusammenschluss für Eigenstrom  ausbauen (ganze Schweiz nicht nur Eid-, sondern eine Solargenossenschaft)
  • Öffentliche Gebäude sofort, alle anderen  zeitnah mit Solaranlagen versehen - Anschauungsunterricht bieten ja auch viele Solarpreisträger
© Solarmedia - Bilder: Solaragentur 

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Samstag, 19. Oktober 2019

Mehr Tempo nötig bei Gebäudesanierungen

Technisch sind die Ziele der Energiestrategie 2050 im Gebäudebereich schon heute erreichbar. Es fehlen aber zeitgemässe Gesetze und Wissen bei Fachleuten. 

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​Jährlich wird in der Schweiz nur etwa eines von hundert Häusern energetisch saniert. Dies sind weniger als halb so viele wie nötig, um die Ziele der Energiestrategie 2050 im Gebäudebereich zu erreichen. Das Nationale Forschungsprogramm "Energie" zeigt, dass die erforderlichen Technologien vorhanden sind, es aber an zeitgemässen Planungs-, Bau- und Energiegesetzen sowie an Wissen bei Fachleuten fehlt.

Rund die Hälfte der in der Schweiz konsumierten Energie entfällt auf die Erstellung und den Betrieb des Gebäudeparks. Gemäss Energiestrategie 2050 soll der Energieverbrauch für Heizen, Kühlen und Warmwasser bis 2035 rund 40 Prozent unter dem Wert von 2010 liegen, trotz einer prognostizierten Zunahme der Wohnbevölkerung um rund 13 Prozent. Wie dieses Ziel erreicht werden kann, hat das Nationale Forschungsprogramm "Energie" (NFP 70/71) im thematischen Schwerpunkt "Gebäude und Siedlungen" untersucht.

"Technisch sind die Ziele der Energiestrategie 2050 im Gebäudebereich schon heute erreichbar: Wärmepumpen, Holzfeuerungen, industrielle Abwärme und Sonnenkollektoren könnten Heizwärme und Warmwasser erneuerbar oder CO2-neutral bereitstellen. Gebäudeintegrierte Photovoltaik (GiPV) kann auch in der Schweiz mehr Strom erzeugen, als der Gebäudepark benötigt. Zudem lässt sich mit einer intelligenten Steuerung von Energieangebot und -nachfrage die Energieeffizienz des Gebäudeparks wesentlich erhöhen", umreisst Prof. Dr. Hans-Rudolf Schalcher, Präsident der Leitungsgruppe des NFP 70, das Spektrum der im Rahmen des Programms beleuchteten Technologien.

Doch nicht nur die Technik, auch die Nutzerinnen und Nutzer müssen einen Beitrag leisten, um die Ziele der Energiestrategie 2050 zu erreichen. Das bedeutet keinen Komfortverzicht, sondern den intelligenten Einsatz von Energie. Auch dazu legt das NFP "Energie" neue Erkenntnisse vor.

Trotz vorhandener Möglichkeiten hapert es bei der Realisierung beträchtlich. Die Quote für die energetische Sanierung der bestehenden Bausubstanz beträgt lediglich rund 1 Prozent pro Jahr; damit lassen sich die Ziele der Energiestrategie 2050 nicht fristgerecht erreichen. Nötig wäre eine mindestens doppelt so hohe Quote, wie eine konkrete Fallstudie am Beispiel von Altstetten (ZH) zeigt. 

"Die heutigen Gesetze und Verordnungen entsprechen nicht mehr den aktuellen Anforderungen und Möglichkeiten", so Hans-Rudolf Schalcher. "Die Kantone müssen ihre Planungs-, Bau- und Energiegesetze auf die rasche und wirtschaftliche Umsetzung der Energiestrategie 2050 fokussieren und die Bewilligungs- und Genehmigungsverfahren vereinfachen. Das gilt besonders für die nächste Revision der Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn) und deren konsequente Umsetzung. Diese sollten sich auf wenige, klar definierte und verständliche Zielwerte konzentrieren."

Die energetische Optimierung des Gebäudeparks betrifft diverse Anspruchsgruppen. Das NFP "Energie" hat die Ergebnisse von rund 40 Forschungsprojekten, die diese Thematik aus unterschiedlichen Perspektiven untersuchten, zu Empfehlungen für diejenigen Anspruchsgruppen verdichtet, die einen unmittelbaren Einfluss auf die künftige Gestaltung des Gebäudeparks haben. Zentral ist dabei, Wissenslücken bei nahezu allen Akteuren – bei der breiten Bevölkerung, aber auch bei Fachleuten – durch Bildungs- und Kommunikationsmassnahmen zu schliessen. "Nur so wird die nächste Generation, die heute für eine lebenswerte Welt demonstriert, diese Aufgabe fortführen und umsetzen können", sagt Hans-Rudolf Schalcher.

Die Forschungsprojekte und die vollständige Synthese zum Themenschwerpunkt "Gebäude und Siedlungen" sind auf dem Webportal www.nfp-energie.ch verfügbar.

Freitag, 11. Oktober 2019

So geht Solarwärme

Über 100 Sonnenkollektoren der Ernst Schweizer AG aus Hedingen (ZH) sowie eine Holzschnitzelheizung sorgen für ökologisches Warmwasser im Schwimmbad der jurassischen Gemeinde Boncourt – damit lässt sich auch in Zukunft mit gutem Gewissen wellnessen. Ein Beispiel für den (dringend nötigen) Einsatz von Solarwärme.

Bild: Ernst Schweizer AG -
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Rund 1200 Einwohnerinnen und Einwohner zählt die jurassische Grenzgemeinde Boncourt. Eine der Hauptattraktionen des Dorfes ist das Schwimmbad. Das 1993 erbaute und durch seine pinkfarbene Fassade augenfällige Hallenbad bietet seinen Besuchern zwei Schwimmbecken, ein Jacuzzi, eine Sauna und ein Dampfbad. Da nach 25 Jahren Betrieb das bestehende Heizsystem am Ende seiner Lebensdauer angelangt war, wurde es im Frühling 2019 komplett erneuert.

Bauherrin ist die Gemeinde Boncourt, welche die Anlage von der bisherigen Eigentümerin, einer Stiftung, übernommen hatte. Im Zuge der Sanierung wurde die bisherige, insbesondere für den Sommerbetrieb nicht optimal dimensionierte Heizung ersetzt und das Schwimmbad an das von der Gemeinde bereits realisierte, mit einer Holzschnitzelanlage betriebene Fernwärmenetz angeschlossen. Während der kalten Jahreszeit erfolgt die Wärmeerzeugung hauptsächlich mit dem Holzkessel. Sollte die Holzschnitzelheizung einmal ausfallen, besteht die Möglichkeit, das Schwimmbad mit einer Öl-Zusatzheizung weiter zu beheizen.

Zur Wärmegewinnung trägt neu auch auch eine 250 Quadratmeter grosse Sonnenkollektor-Anlage von Schweizer bei, die mit einem Neigungswinkel von 30° auf dem Flachdach installiert wurde. Die Solarproduktion wird gemäss einer Medienmitteilung hauptsächlich während den Sommermonaten zur Deckung des Bedarfs für die beiden Schwimmbecken und die Warmwasserbereitung genutzt. Gemäss Planung wird die fertige Anlage jährlichen einen Solarertrag von 746,7 kWh/m² erbringen. Der Entscheid zugunsten der Sonnenkollektoren des Typs FK2-XS von Schweizer fiel aufgrund der hohen Materialqualität, der einfachen Montage und des hohen Wirkungsgrads. Um den Energiebedarf des «Piscine des Hémionées» zu reduzieren, entschied sich die Gemeinde gleichzeitig für die Umsetzung energetischer Sanierungsmassnahmen. So wurde das Dach mit einer Isolation versehen und die gesamte Verglasung ersetzt.

Die Erneuerungsarbeiten und Installation der ersten 83 Kollektoren erfolgten während dem laufenden Betrieb und im Frühling 2019, weitere 24 Kollektoren werden noch folgen. Jetzt baden und wellnessen die Besucherinnen und Besucher des «Piscine des Hemionées» also deutlich ökologischer.

Wie kommt man beim Heizen weg von Öl und Gas? Zum Beispiel eben mit der „Kombination von Solarthermie und Biomasse“, sagen die Bio- und Holzenergie-Verbände. Und deshalb hatte die Holz-Sonnen-Kombi beim deutschen Fachkongress Holzenergie auf der Festung Marienberg Würzburg Ende September sogar ihr eigenes Forum mit diesem Namen. "Nicht Energiewende: Energiesystemwende wäre der bessere Begriff. Denn wir brauchen die komplette Umstellung auf Erneuerbare Energien“, sagt Professor Harald Thorwarth von der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg. Und ihm ist bewusst: „Es geht nicht nur darum, Strom erneuerbar zu erzeugen, sondern auch bei Wärme und Verkehr muss umgestellt werden (Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie vom 10.10.19).

© Solarmedia

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Dienstag, 8. Oktober 2019

Marktöffnung bedroht Ausbau der Erneuerbaren

Die Ende September vom Bundesrat vorgeschlagene vollständige Öffnung des Strommarktes gefährdet den notwendigen raschen Ausbau der erneuerbaren Energien. Insbesondere dürfte der Rückliefertarif für unabhängige Produzenten sinken, was den wirtschaftlichen Betrieb der Anlagen gefährdet.  Ein Rückblick auf die Stellungnahme des Solar-Fachverbands Swissolar.

Die vorgeschlagenen flankierenden Massnahmen sind gemäss diesem Fachverband ungenügend und für die Photovoltaik diskriminierend. Swissolar schlägt vor, Ausschreibungen für alle Technologien für Anlagen ab 1 Megawatt Leistung einzuführen. Für kleinere Anlagen ist der bürokratische Aufwand unverhältnismässig und nur von grossen Energieversorgern zu bewältigen. In der Schweiz wird es in den nächsten 30 Jahren einen zusätzlichen Strombedarf von über 40 Terawattstunden pro Jahr geben, einerseits durch den Wegfall der Atomenergie, andererseits durch den steigenden Strombedarf in der Mobilität und der Gebäudebeheizung infolge des Wegfalls von Verbrennungsmotoren und fossilen Heizungen. 

Dieser zusätzliche Bedarf kann nur mit einem massiven Ausbau der Photovoltaik bewältigt werden, wenn nicht eine stärkere Importabhängigkeit entstehen soll. Das Potenzial dafür ist vorhanden: Allein auf den besonders geeigneten Dächern und Fassaden unserer Gebäude könnten 67 Terawattstunden mit Solaranlagen produziert werden. Um fristgerecht genügend Solarstrom zur Verfügung zu haben, müssten jährlich 1500 Megawatt zusätzliche Photovoltaikleistung installiert werden – 4 bis 5-mal mehr als heute. Zudem liefern Photovoltaikanlagen den günstigsten Strom aller neuen Kraftwerke.
 
 
Strommarktliberalisierung nur mit flankierenden Massnahmen für die Erneuerbaren: Eine vollständige Öffnung des Strommarktes gefährdet diesen dringend notwendigen Ausbau der Photovoltaik, aber auch der anderen erneuerbaren Energien. Insbesondere dürfte der Rückliefertarif für Solarstromproduzenten weiter sinken, also die Vergütung für jenen Strom, der nicht selbst verbraucht werden kann, sondern ans öffentliche Netz abgegeben wird. Mit durchschnittlich 8.8 Rp./kWh (1) liegt er schon heute tiefer als die Produktionskosten der meisten Anlagen. Wenn an der vollständigen Liberalisierung festgehalten werden soll, so braucht es im Gegenzug eine deutliche Stärkung der Förderung des Ausbaus der erneuerbare Energien. Die heute vom Bundesrat skizzierten Begleitmassnahmen (Revision Energiegesetz) vermögen nicht zu überzeugen.
 
Inakzeptable Benachteiligung der Photovoltaik! Für den Bau grosser Photovoltaikanlagen, oft ohne massgeblichen Eigenverbrauch, sind schon heute die Investitionsanreize ungenügend, obwohl diese für die zukünftige Versorgungssicherheit von grösster Bedeutung sind und Strom zu Preisen deutlich unter jenen anderer Technologien liefern können. Nun soll deren Bau nochmals komplizierter werden, indem die Förderbeiträge neu mittels Ausschreibungen festgelegt werden. Die Erfahrungen aus dem Ausland zeigen, dass solche Ausschreibeverfahren zu einem grossen bürokratischen Aufwand führen, der praktisch nur von grossen Energieversorgungsunternehmen bewältigt werden kann. Absolut unverständlich ist, weshalb die Förderbeiträge für die anderen Technologien nicht dem gleichen Verfahren unterstellt, sondern fix festgelegt werden sollen.

Swissolar verlangt eine Gleichbehandlung aller Technologien und die Beschränkung des Ausschreibeverfahrens auf Anlagen ohne Eigenverbrauch mit einer Leistung über 1 Megawatt. Zusätzlich braucht es eine erhöhte Einmalvergütung für PV-Anlagen zwischen 100 kW und 1 MW, die keinen Eigenverbrauch aufweisen – damit kann ein grosses Potenzial auf Infrastrukturanlagen, Landwirtschaftsdächern und Lagerhallen erschlossen werden. Gleichzeitig begrüsst der Fachverband in seiner Stellungnahme, dass die Zubauziele für die Jahre 2035 und 2050 verbindlich im Gesetz festgelegt werden sollen. Dies gibt ein wichtiges Signal an die Investoren und die politischen Instanzen unseres Landes. Allerdings müssen sie deutlich höher als bisher festgelegt werden.
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1) Die Höhe des Rückliefertarifs variiert innerhalb der Schweiz stark. Siehe www.pvtarif.ch

Quelle: Swissolar

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Donnerstag, 3. Oktober 2019

Greta Thunberg's Film über die Klimakrise



Zusammen mit dem Journalisten George Monbiot hat die Klimaaktivistin Greta Thunberg ein Video produziert. Dessen Botschaft: Es gibt drei Schlüssel, mit denen wir das Klima noch retten können - schützen, wiederherstellen und finanzieren!

Quelle: Youtube

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