Guten Tag Herr Rehsche. Bitte stellen Sie sich kurz vor.
Das geht aber eher lang, wenn Sie einen 60jährigen bitten sich vorzustellen. Im Ernst: Als ausgebildeter Ökonom waren meine Interessen stets weit gefächert, reichten von der Nord-Süd-Thematik über Verkehrsfragen eben bis hin zur Energie. Der Einsatz für eine lebenswerte Zukunft war dabei stets auch meinen Kindern gewidmet, wobei einer meiner Söhne tragischerweise vor einem Jahr ums Leben kam. Das Thema der Erneuerbaren Energien hatte ich immer auch mit ihm diskutiert und es stand für mich außer Zweifel, dieses Engagement verstärkt fortzuführen.Sie sind Solarenergie-Experte. Wie sind Sie dazu gekommen und welche Erfahrungen konnten Sie bisher sammeln?
Die Frage der Erneuerbaren Energien war wie die Rohstoffproblematik bereits in den 70ern ein Thema. Inspiriert hat mich dann der deutsche Solarpolitiker Hermann Scheer, der schon vor 20 Jahren ein bemerkenswertes Buch zum Thema schrieb (“Sonnenstrategie”). Er hatte die Vision, dass Solarenergie ganz zuvorderst stehen könnte bei der Lösung der Energieproblematik – und bei der Ablösung der Atomenergie.Noch bis vor drei Jahren, zur Zeit, als ich mit meinem Blog begann, galt es als spinnert, Solarenergie und vor allem die solare Stromerzeugung (Photovoltaik) zu propagieren. Selbst für Befürworter der Erneuerbaren schien die Sonne in unseren Breitengraden offenbar zu wenig. Ganz zu schweigen von der eingesessenen Energiewirtschaft, die den Erneuerbaren insgesamt und der Solarenergie im Speziellen jegliches Potenzial absprach.
Das hat sich seit Fukushima deutlich verändert. Jetzt wird das Potenzial an sich nicht mehr bestritten. Hingegen gilt PV immer noch als teuer – obwohl sie einen unwahrscheinlichen Absturz der Kosten erlebte. Und neue Probleme werden aufgetischt wie etwa die mangelnde Speicherfähigkeit nach dem Motto, in der Nacht scheint keine Sonne. Aber auch dafür gibt es Lösungen wie den zunehmenden Eigenverbrauch, die dezentrale und zentrale Speicherung sowie den Mix verschiedener Erneuerbarer. Nach dem Motto: Scheint die Sonne nicht, so bläst sicher irgendwo der Wind.
Sie betreiben den Blog solarmedia.blogspot.ch. Über was genau schreiben Sie dort und warum?
Das Spektrum der Beiträge ist bewusst weit gewählt, aber fast immer in direktem Zusammenhang mit der Solarenergie zu sehen. Über Windenergie etwa schreibe ich viel weniger. Rührt daher, dass die Solarenergie meiner Meinung nach zu lange in einer unverdienten Mauerblümchen-Rolle festgezurrt blieb. Aber: Lesen Sie doch bitte selbst.
Schwerpunkt ihrer Arbeit sind Solaranlagen. Wo steht diese Technologie heute?
Die bedeutende Kostensenkung habe ich bereits erwähnt. Ihr liegt unter anderem der verbilligte Rohstoff Silicium zugrunde, dessen Ausgangsstoff Sand übrigens praktisch unbegrenzt zur Verfügung steht. Sodann wurden in den vergangenen zehn Jahren bedeutende Fortschritte beim Wirkungsgrad erzielt. Konnten damals vielleicht rund zehn Prozent der Sonneneinstrahlungsenergie in Strom verwandelt werden, sind es bald mal doppelt so viel.Schließlich wurde eine industrielle Produktion im Grossmasstab hochgezogen, vor allem auch von chinesischen Produzenten, die zu jährlichen Kapazitäten von über einem Gigawatt an Modulleistungsfähigkeit geführt haben – eine unvorstellbare Größe, da sich die Produktion zur Jahrtausendwende noch im 1000mal kleineren Megawattbereich bewegte.
Lohnen sich Solaranlagen für den Privathaushalt und wenn ja, wofür genau?
Ist wie häufig bei Fragen der Nachhaltigkeit eine Frage des betrachteten Zeitraums. Für eine Solaranlage muss man immer noch recht viel Geld in die Hand nehmen – für ein Einfamilienhaus etwa so viel wie für einen Kleinwagen. Mit der Kostendeckenden Einspeisevergütung oder einem der anderen Finanzierungsmodelle lässt sich die Investition dann in 20 Jahren zurückspielen und sogar leicht verzinsen. Und das wird auch immer noch billiger. Wer also ein eingiermaßen vernünftig ausgerichtetes Dach mit 30 bis 50 Quadratmetern unbeeinträchtigter Fläche hat, für den lohnt das auf jeden Fall, wenn er / sie sich mit der Langfristigkeit der Investition anfreunden kann.Wer weder eigenes Dach noch so viel Geduld hat, kann sich an zahlreichen größeren Projekten von Genossenschaften, Vereinen und Aktienkapitalgesellschaften beteiligen und damit indirekt zur Entwicklung der Solarenergie beitragen. Das Ganze wird wohl auch deshalb immer attraktiver, weil die Solarenergie ständig billiger wird – während sich die Energie- und Stromgewinnung auf der Basis von fossilen und nuklearen Energieträgern absehbar wegen der Rohstoffknappheit verteuern wird.
Im Bereich der Poolheizung kommen Solarabsorber zum Einsatz. Welche Vorteile bieten diese?
Ich bin echt kein Techniker, mit der Solarwärmeerzeugung weniger befasst (obwohl diese auch wichtig ist und ein großes Potential hat) und kann nur ganz allgemein antworten: Auch hier dürften die Vorteile auf lange Sicht auf jeden Fall überwiegen.Welche dieser Varianten, Solar-Poolheizung, Elektro-Poolheizung, Wärmetauscher und Wärmepumpe ist vor allem langfristig Ihrer Meinung nach am sinnvollsten?
Die Wärmepumpe hat, soweit sie mit Strom aus erneuerbaren Quellen betrieben wird, vermutlich in den meisten Fällen die Nase vorn. Dank immer besserer Technologie sowohl leistungsmäßig wie auch in klimapolitischer Hinsicht (Treibhausgasausstoß).Wie sehen Sie die Zukunft der Solarenergie?
Das Potenzial der Solarenergie ist nahezu unbegrenzt. Das gilt sowohl für die Stromgewinnung wie für die Wärmeerzeugung. Natürlich sind die Voraussetzungen im Einzelfall immer sehr unterschiedlich und entsprechend genau abzuklären. Im Prinzip gilt aber: Die Sonne scheint überall, eben beispielsweise in sehr kalten Gegenden, weshalb die Solarstromerzeugung in den Bergen große Möglichkeiten bietet, auch wenn die Temperaturen dort nie jene Südeuropas erreichen.Ich bin überzeugt, dass erstens eine 100prozentige Versorgung mit Erneuerbaren Energien möglich ist und dass zweitens die Solarenergie in diesem neuen Energiekonzept die entscheidende Rolle spielen wird.
Quelle: «Poolheizung»
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