Mit Photovoltaik lässt sich Brauchwasser unter Umständen günstiger erhitzen als mit thermischen Solarkollektoren. Das ist der erste Schritt zu einer nachhaltigen Lösung, die der Photovoltaik einen großen Markt verspricht. Bricht nun ein Wettbewerb zwischen Photovoltaik und Solarthermie aus?
Die aktuelle Ausgabe der photovoltaik (01/2012) bringt eines der aktuell heissest diskutierten Solarthemen auf den Punkt: Bislang lässt sich Strom nur zu verhältnismäßig hohen Kosten speichern. Centrosolar hat nun ein System auf den Markt gebracht, das mit Photovoltaik-Strom den Wärmespeicher für Brauchwasser lädt. Damit umgeht das Unternehmen das Kostenproblem und stellt die Regel auf den Kopf, dass Strom die höherwertige Energie ist und alles vermieden werden sollte, was ihn zu geringerwertiger Wärmeenergie verwandelt, die sich nur unter hohen Verlusten wieder zu Strom machen lässt. Das Wichtigste aber dürfte sein, dass die Photovoltaik damit nicht mehr ein Fremdkörper auf dem Dach ist, der regelmäßig das Haushaltskonto füllt, sondern ein Teil der Haustechnik wird. Der Heizungsinstallateur kann das Paket für solares Brauchwasser verkaufen – dem Kunden dürfte egal sein, ob sich darin Photovoltaik oder Solarthermie verbirgt – Hauptsache, das Wasser ist warm. Mit dem neuen System gerät die Photovoltaik allerdings für manche Kundenbedürfnisse in direkten Wettbewerb zur Solarthermie.
Centrosolar bietet seit kurzem über den Großhandel ein Paket an – darin enthalten ist eine Drei-Kilowatt-Photovoltaik-Anlage und eine Dimplex-Wärmepumpe- Diese hat die Arbeitszahl 2,8, was gemittelt für den jährlichen Betrieb bedeutet, dass sie aus einer Kilowattstunde Strom 2,8 Kilowattstunden Wärme für Brauchwasser erzeugt. Ein Energiemanagementsystem regelt, wann der Solarstrom die Wärmepumpe und andere elektrische Geräte betreiben soll. Centrosolar will damit auch möglichst hohe Eigenverbrauchswerte erreichen. Im Winter reicht der Solarstrom nicht vollständig aus. Wie bei jedem entsprechend dimensionierten Solarthermie-System muss dann zugeheizt werden.
Bei Centrosolar hat man auch die Kosten im Blick und stellte eine Vergleichrechnung an. Dabei geht es um eine Minianlage, die 50 Prozent der Brauchwasserwärme erzeugt. Betrachtet wurden drei Systeme: erstens eine Photovoltaik-Anlage mit Wärmepumpe, zweitens eine Photovoltaik-Anlage, die direkt den Heizkessel heizt und drittens eine Solarthermie-Anlage. Alle Systeme nutzen die Sonne, erzeugen gleich viel Brauchwasserwärme und ersparen im Jahr rund 100 Euro für Öl oder Gas. Sie unterscheiden sich also fast nur in ihren Investitions- und Betriebskosten. Ohne die Vergütung von selbst verbrauchtem Strom zu berücksichtigen, amortisiert sich das System mit Wärmepumpe 30 Prozent schneller als die Solarthermie-Anlage und liegt in dem Kostenvergleich vorne. Mit der Photovoltaik-Eigenverbrauchsvergütung halbiert sich die Zeit nochmals annähernd. Noch bessere Werte erzielt das System ohne Wärmepumpe, bei allerdings deutlich größerem Flächenbedarf.
Es stellt sich allerdings auch die Frage, ob es nicht lukrativer ist, den Solarstrom zum Heizen zu verwenden als ihn einzuspeisen. Für eine gute Wirtschaftlichkeit reicht es nämlich nicht aus, Eigenverbrauchsquoten von 100 Prozent zu erreichen. Eigenverbrauch rechnet sich vor allem durch die eingesparten Stromkosten von zurzeit rund 24 Cent pro Kilowattstunde. Nutzt man den Solarstrom direkt zum Heizen, spart man ohne Wärmepumpe aber nur die gut sechs Cent fossilen Brennstoffkosten ein. Da lohnt sich der Eigenverbrauch nicht, die Volleinspeisung des Solarstroms wäre rentabler.
Hans-Martin Henning, den stellvertretenden Institutsleiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE und Abteilungsleiter für die thermischen Energiesysteme, stört an der gegenwärtigen Diskussion, dass über die Eigenverbrauchsförderung die Photovoltaik gegenüber der Solarthermie bevorzugt wird. Das Argument könnte man allerdings auch umdrehen und eine höhere Förderung für die Solarthermie fordern.
Dennoch bewegt die Branche das Thema – Heizen mit Photovoltaik. Neben Centrosolar hat auch Mastervolt angekündigt, dass es gemeinsam mit dem Wärmepumpen-Hersteller Stiebel Eltron an einer „neuen gemeinsamen Lösung“ zu arbeiten. Nach Ansicht von Volker Quaschning von der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin ist das ein wichtiger und richtiger Schritt. Ab dem Jahr 2015 sieht er ein Marktpotenzial von 35 Gigawatt für Photovoltaikanlagen, die kleiner als zwei Kilowatt sind und einen elektrischen Speicher haben. Die Anlagen rechnen sich für den Betreiber alleine dadurch, dass sie Stromkosten sparen. Im Jahr 2020 lassen sich mit diesem Geschäftsmodell schon Fünf-Kilowatt-Photovoltaik-Anlagen bauen. Sie finanzieren sich ähnlich wie das System von Centrosolar teilweise über die eingesparten Brennstoffkosten für die fossile Heizung. Das Marktpotenzial beziffert er auf 90 Gigawatt.
Der vollständige Artikel sowie die Berechnungen finden sich in der aktuellen Ausgabe der photovoltaik (01/2012): Mehr als heiße Luft
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