Mit einem Zubau von Photovoltaik- und Windenergie lässt sich die Abhängigkeit von Stromimporten verringern und damit auch die CO2-Emisionen der Schweiz. Foto: Adobe Stock |
Die Schweiz will bis 2050 klimaneutral werden – unter dem Strich also keine Treibhausgase mehr ausstoßen. Viele Strategien auf diesem Weg zu „Netto Null“ beinhalten den Ersatz von fossilen Brennstoffen durch Elektrizität – in der Mobilität in Form von Elektrofahrzeugen und im Gebäudebereich in Form von Wärmepumpen zum Heizen. In der Schweiz stammt der benötigte Strom heute größtenteils aus Kern- und Wasserkraftwerken – Technologien mit einem geringen CO2-Fussabdruck. Betrachtet man aber ganz Europa, sieht die Lage anders aus: Schätzungen zufolge sind fossile Kraftwerke zur Stromerzeugung für rund 25 % der gesamten europäischen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Bereits heute ist die Schweiz aber auf Stromimporte aus Nachbarländern angewiesen.
Der Anteil des Importstroms in der Schweiz macht rund 11 % aus. Während der im Inland produzierte Strom rund 40 g CO2-Äquivalente pro Kilowattstunde verursacht, liegt der Durchschnitt des gesamten Schweizer Strommix – also inklusive Importe – bei rund 108 g. „In Spitzenstunden können es sogar bis zu 600g sein“, sagt Martin Rüdisüli vom Urban Energy Systems Lab der Empa. Will man also die CO2-Belastung des Schweizer Strommix tief halten, ist ein genauer Blick auf diese Importe nötig. Bislang basierten Angaben zu den Treibhausgasemissionen von importiertem Strom auf Durchschnittswerten. In einer neuen Studie haben Forschende der Empa und der Universität Genf nun die Stromimporte im Stundenrhythmus analysiert und gleichzeitig sowohl die direkten als auch die indirekten CO2-Emissionen der Stromproduktion einbezogen.
Ersatz für Atomstrom beeinflusst Stromimporte der Schweiz: Aufgrund der steigenden Elektrifizierung rechnen die Forscher mit einem zusätzlichen Strombedarf von rund 12 Terawattstunden pro Jahr. „Das sind gut 20 % mehr als wir heute schon verbrauchen. Gleichzeitig müssen wir den Atomstrom ersetzen, da der Bundesrat den schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie plant“, erklärt Elliot Romano vom Institut für Umwelt- und Wasserwissenschaften der Universität Genf. Der Ersatz erfolgt durch erneuerbare Energien, die deutlich volatiler sind – also nicht gleichmäßig auftreten – und dadurch wiederum die Menge und den Zeitpunkt von Stromimporten erheblich beeinflussen.
Vor diesem Hintergrund haben die Forschenden verschiedene Szenarien entwickelt und analysiert, wie sich der Schweizer Strommix künftig zusammensetzen sollte, damit die Importe (und dadurch auch die strombedingten Treibhausgasemissionen) minimiert werden können. Die Studie zeigt, dass der Anteil an Importstrom im Schweizer Strommix in jedem Fall ansteigen wird – und dadurch auch die CO2-Emissionen. Trotz dieser höheren „importierten“ Emissionen wird die zunehmende Elektrifizierung von Wärme und Mobilität aber zu bis zu 45 % geringeren Treibhausgasemissionen im gesamten Schweizer Energiesystem führen.
Wind gegen die Winterstromlücke und Power-to-X-Technologien: Im Winter wird die Schweiz aufgrund geringerer Erträge aus der Photovoltaik weiterhin am stärksten auf Stromimporte angewiesen sein. Das Szenario, das hinsichtlich Emissionsreduktion in der Studie am besten abgeschnitten hat, sieht deshalb neben einem Ausbau der Solarenergie auf 25 Terawattstunden (von derzeit 2,7 TWh) auch einen großen Anteil an Windenergie von rund 12 Terawattstunden (von derzeit 0,1 TWh) vor. „Windenergie fällt mehrheitlich im Winter und in der Nacht an“, so Martin Rüdisüli. „Sie kann also helfen, unsere Importabhängigkeit in diesen Zeiten zu verringern.“
Eine zunehmend große Herausforderung orten die Studienautoren bei der saisonalen Speicherung von Energie. In allen durchgerechneten Szenarien sind aufgrund der ausgebauten Photovoltaik große Stromüberschüsse im Sommer zu erwarten. Das größte Potenzial, diese Überschüsse in den Winter zu überführen, sehen die Forschenden in Power-to-X-Technologien, die die Umwandlung von überschüssigem Strom in speicherbare chemische Energieträger wie Wasserstoff oder synthetisches Methan ermöglichen, sowie in thermischen Speichern wie etwa Erdsondenfeldern.
Quellen: solarserver.de / Empa
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