Zu den Eigenheim-Photovoltaikspeichern kommen zentrale Riesenspeicher und dezentrale virtuelle Großspeicher. Überlegungen aus Baden-Württemberg, die sinngemäss auch für die Schweiz gelten.
Für Hauseigentümer mit neuen Photovoltaikanlagen ist es profitabel,
ihren Solarstrom selbst zu verbrauchen, da er nur halb so teuer wie vom
Energieversorger ist. Mit Batteriesystemen lässt sich der
gewinnbringende Eigenverbrauchsanteil auf rund 60 Prozent verdoppeln.
Lange waren die Solarstromspeicher aber nicht wirtschaftlich. „Aktuelle
Zahlen zeigen jetzt, dass das bei Hausspeichern in ein oder zwei Jahren
der Fall sein wird“, sagt Carsten Tschamber vom Solar Cluster
Baden-Württemberg. „Die Kombination von Photovoltaik und Speicher wird
sich angesichts der bevorstehenden Wirtschaftlichkeit immer mehr
verbreiten.“ Und das nicht nur im Eigenheim: Neue Konzepte setzen auf
zentrale Speicher für ganze Quartiere oder wollen Speicher im Land zu
einem virtuellen Großspeicher vernetzen.
Die seit März in Deutschland wieder finanziell geförderten Batteriespeicher werden
sich künftig als ein integraler Teil von Solaranlagen etablieren. Das
ist nur noch eine Frage der Zeit. Bereits jetzt legt sich die Hälfte
aller privaten Solaranlagenkäufer ein Speichersystem zu. Rund 19.000
Speicher wurden seit dem Start des Förderprogramms finanziell
unterstützt. Anfang 2016 waren im Bundesgebiet insgesamt 34.000 Stück
installiert. Das ergibt der von der RWTH Aachen im Auftrag des
Bundeswirtschaftsministeriums erstellte Speichermonitoring-Bericht 2016,
der Ende Mai veröffentlicht wird.
Der Zuwachs liegt besonders an den stark gesunkenen Speicherkosten.
In den Jahren 2014 und 2015 sind die Systempreise für Lithiumspeicher
pro genutzter Kilowattstunde um jeweils 18 Prozent gefallen. „Ähnlich
wie bei der Photovoltaik sehen wir auch bei Speichern eine Lernkurve,
die bei jeder Verdoppelung der Installationszahlen eine Preisreduktion
von rund 20 Prozent vorhersagt“, erklärt Kai-Phillip Kairies von der
RWTH Aachen. „Derzeit ist ein Speichersystem auf Lithium-Ionen-Basis inklusive
Wechselrichter und Installation bereits ab rund 1.300 Euro pro genutzter
Kilowattstunde (kWh) Speicherkapazität erhältlich“, berichtet
Tschamber. Die Grenze, unter der die Kleinspeicher mehr einbringen als
sie kosten, liegt bei rund 1.000 Euro. Erreicht wird sie auch mit der
kürzlich neu aufgelegten Förderung noch nicht. Experten wie Dr. Peter
Eckerle vom Verein StoREgio Energiespeichersysteme prognostizieren aber
künftig weiter fallende Speicherpreise – rund 10 Prozent pro Jahr sind
ihm zufolge realistisch. Steigt der Haushaltsstrompreis und fallen die
PV-Anlagenkosten dann noch weiter wie bisher, könnten die Speicher 2017
oder 2018 wirtschaftlich sein.
Neue Modelle, Solarstrom zu speichern: Zentral und dezentral - Derzeit werden die Speicher vor allem im Einfamilienhausbereich für
die eigene Versorgung genutzt. Neue Wege, Solarakkus einzusetzen,
beschreiten derzeit mehrere Projekte in Deutschland. Sie bauen auf
zentrale Speicher im Stadtteil oder bundesweite Schwarmspeicher. Das
eröffnet zudem die weitere Nutzungsmöglichkeit, Regelenergie am
Strommarkt anzubieten. Die Projekte haben Namen wie „Strombank“ oder
„Sonnencommunity“.
Für Solaranlageneigentümer in Mannheim ohne Speicher und gewerbliche
Eigentümer von Blockheizkraftwerken ist die „Strombank“ gedacht. Der
Energieversorger MVV Energie und die Firma ads-tec haben vor einem guten
Jahr einen Großspeicher auf Lithium-Ionen-Basis mit einer Kapazität von
116 kWh in Betrieb genommen. 14 private Haushalte und 4 Gewerbebetriebe
sind über das Niederspannungsnetz der MVV Energie an den
Quartierspeicher angeschlossen. Das mehrfach preisgekrönte Modell
gleicht Erzeugung und Verbrauch dezentral aus: Die Teilnehmer verfügen
über eine Art Girokonto für Strom mit einer Größe von 4 kWh, in das sie
überschüssigen Strom einspeisen und bei Bedarf wieder abrufen können.
Hinzu kommt ein Vermarktungskonto, über das sie in das MVV-Netz
einspeisen können, wenn das Girokonto voll ist und sie zuhause weiterhin
einen Stromüberschuss erzielen. Der Batteriespeicher kann aufgrund
seiner hohen Flexibilität aber auch Dienstleistungen zur Stabilisierung
des Stromnetzes in Form von Regelenergie anbieten.
Der Vorteil: Aufgrund des großen Formats ist der Speicher pro kWh
rund halb so teuer wie 18 einzelne. Zudem können die Speicherkapazitäten
besser genutzt werden. Nicht alle Haushalte und Unternehmen brauchen
den Riesenakku gleichzeitig, ihr tageszeitlicher Verbrauch ergänzt sich.
Das senkt die Kosten pro gespeicherter kWh weiter. Jedoch fallen im
Gegensatz zu Home-Speichern Netzentgelte, EEG-Umlage und Stromsteuer für
denjenigen an, der Strom speichert und ihn dafür durch das öffentliche
Stromnetz leitet. Und das nicht nur beim Einspeichern, sondern
zusätzlich auch beim Strombezug aus dem Speicher. Das bremst eine
Verbreitung der Idee in andere Regionen derzeit aus.
Dezentral vernetzte Photovoltaikanlagen mit Kleinspeichern nutzt das
Ende 2015 gestartete Modell „Sonnencommunity“ des Marktführers Sonnen.
Das Prinzip: Eigentümer neuer Photovoltaikanlagen kaufen bei dem
Unternehmen einen Solarspeicher. Wer am Projekt teilnimmt, bekommt im
ersten Jahr vom Unternehmen 1.000 Kilowattstunden Strom in seinen
Speicher geladen. Außerdem wechseln sie komplett zu dem auch als
Stromversorger auftretenden Anbieter. Wie bisher nutzen die
Anlageneigentümer einen Teil ihres erzeugten Solarstroms selbst, ein
weiterer Teil wird zur späteren Verwendung in der Batterie gelagert.
Überschüssiger Strom kommt in einen virtuellen Strompool, der allen
Mitgliedern zur Verfügung steht. Hier versorgen sich die, die gerade
nicht genug Strom haben, etwa weil bei ihnen die Sonne nicht scheint. Per App können sich die Nutzer informieren, wo gerade Strom aus
erneuerbaren Energien in den Pool eingespeist wird. Ist nicht genug
Strom im Pool, kauft das Unternehmen Strom aus Biogas-, Windkraft- und
Photovoltaikanlagen hinzu, zur Not auch an der Strombörse EEX. Auch
Haushalte ohne eine Möglichkeit zur eigenen Stromerzeugung oder eigenen
Batteriespeicher können übrigens Strom aus dem Pool beziehen. Die
Steuerung des gesamten Vorhabens übernimmt eine Onlineplattform.
Die schwarmstromfähigen Batterien sollen künftig auch die Möglichkeit
bieten, am Regelenergiemarkt teilzunehmen. Der Batterieeigentümer wird,
wie bei den Angeboten der Konkurrenten Lichtblick, Caterva und Deutsche
Energieversorgung, an den dort erlösten Erträgen beteiligt, dafür
verzichtet er auf einen Teil seines Speichers. Mit der Einbindung in die
Regelenergie würde aus den im Land verteilten dezentralen Speichern ein
virtueller Riesenspeicher, der dazu beiträgt, das Stromnetz stabil zu
halten. Denn im Stromnetz müssen sich Erzeugung und Verbrauch immer die
Waage halten. Abweichungen werden durch den Einsatz von Regelenergie
ausgeglichen.
Das neue Modell Sonnencommunity ist eines der innovativsten, das
derzeit auf dem Markt ist. Im Vordergrund steht für den Kunden das Ziel,
durch Zusammenschluss mit anderen Kunden und dezentralen Erzeugern
gemeinsam mehr erneuerbaren Strom zu verbrauchen. Dafür werden sinnvolle
Änderungen in der Tarifstruktur und die individuelle Bereitstellung von
Speichern akzeptiert. Je nach Verbrauchsverhalten kann sich das
finanziell lohnen oder auch nicht – das steht aber nicht im Vordergrund.
Für den Strom, den die Mitglieder allen zur Verfügung stellen, bekommen
sie zwar mehr Geld als bei der EEG-Einspeisevergütung. Sie zahlen auch
einen sehr günstigen Strompreis, der mit 23 Cent vier bis fünf Cent
unter dem handelsüblichen Preis liegt. Das Unternehmen leitet den
eingekauften Strom nur weiter, ohne daran zu verdienen. Zudem erhalten
sie einmalig die 1.000 Kilowattstunden gratis in ihren Speicher geladen.
Die Kunden zahlen aber einen monatlichen Mitgliedsbeitrag von 20 Euro.
Das Unternehmen wagt den innovativen Schritt trotz der gegenwärtigen
Entgeltstrukturen, die diese Art der Dienstleistung für den
Stromanbieter verteuert: Sonnen verdient an dem Speicher einmalig und an
dem Mitgliedsbeitrag monatlich, muss dafür aber Gratis-Kilowattstunden,
die Messinfrastruktur und die Energiesoftware bezahlen.
Experten räumen den neuen Speicherkonzepten trotz der momentanen
Hindernisse große Marktchancen ein. „In den nächsten Jahren wird der
Siegeszug solcher Modelle nicht mehr aufzuhalten sein“, sagt Carsten
Tschamber vom Solar Cluster. „Sinkende Speicherpreise, steigende
Stromkosten und die weiter fallende EEG-Einspeisevergütung werden die
neuen Sonnenstromspeicherkonzepte wirtschaftlicher machen. Nötig sind
aber auch bessere gesetzliche Rahmenbedingungen, damit Speicher
gleichberechtigt Zugang zum Energiemarkt bekommen.“
Quelle: http://www.solarcluster-bw.de
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