Fassadenintegrierte Photovoltaik-Module sind für das WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) nicht neu. Die im Jahr 2002 auf dem Weissfluhjoch installierte Anlage war eine der ersten Photovoltaikanlagen in Davos auf 2693 Metern Höhe. Am jetzigen Standort des Instituts in Davos Dorf haben andere Gebäude zu Recht Module in ihre Fassade integriert.
Zwei der FLS-Gebäude mit jeweils drei Stockwerken beherbergen verschiedene Forschungs- und Büroräume. Im Jahr 2010 wurden die Gebäudehüllen beider Gebäude renoviert, um sie auf den neuesten Stand zu bringen. Das SLF nutzte die Gelegenheit, in die Fassade integrierte Photovoltaikmodule zu installieren. "Ich wollte den Sanierungsbedarf der Gebäudehülle für die Installation einer Solaranlage nutzen, da Davos relativ nebelfrei ist", erklärt Martin Gentner, Leiter der Abteilung Betrieb des SLF. So wurden 76 monokristalline Siliziummodule unauffällig in die Fassade integriert.
Funktionalität und Ästhetik: In der Planungsphase erforderten die vielen zu berücksichtigenden Faktoren eine enge Abstimmung zwischen dem Architekten und dem Bauherrn. Die Solarmodule an der Fassade sind schwerer als herkömmliche Leichtbauverkleidungen, so dass stärkere Fassadenträger erforderlich sind. Örtliche Gegebenheiten wie Wetter, Ausrichtung und mögliche Verschattungen durch andere Infrastrukturen müssen bei der Planung ebenfalls berücksichtigt werden. In dieser Hinsicht hat sich die enge Zusammenarbeit mit dem Architekten ausgezahlt. Neben den Anforderungen an die Gebäudehülle und den Standort spielt auch die Ästhetik eine wichtige Rolle. Da die vertikalen Module gut sichtbar sind, darf die Ästhetik nicht vernachlässigt werden, ebenso wenig wie die Effizienz. Es geht auch darum, einen attraktiven Arbeitsplatz und einen schönen Anblick für die Nachbarschaft zu bieten", betont Martin Gentner. Seiner Meinung nach gibt es genügend Spielraum, um Effizienz und Ästhetik in Einklang zu bringen.
Geeigneter Standort: Es ist kein Zufall, dass sich die Fassadenanlagen auf einer Höhe von rund 1560 Metern befinden. Eine herkömmliche Aufdachinstallation wäre durch Schnee beeinträchtigt oder würde eine mühsame Schneeräumung erfordern. Für die SLF-Anlage ist Schnee jedoch sogar erwünscht: Er reflektiert die Sonnenstrahlen (Albedo-Effekt) in Richtung der senkrecht montierten Module und erhöht so deren Ertrag. Weniger erwünscht sind Schatten (z. B. von anderen Gebäuden), da sie die Leistung des Systems verringern. Die Südseite der Gebäude, die der unverschatteten Kantonsstrasse zugewandt ist, ist optimal belichtet. In der Höhe ist der Wartungsaufwand der vertikalen Lösung daher geringer als bei Dachanlagen, während die Wartungsarbeiten denen herkömmlicher horizontaler oder aufgeständerter Photovoltaikanlagen entsprechen: "In allen Fällen sind Hilfsmittel erforderlich und die Häufigkeit der Wartung ist gleich.
Maximale Leistung im Frühjahr und Herbst: Die auf der Südseite installierten 120 Quadratmeter Module produzieren rund 21 Megawattstunden Solarstrom pro Jahr. Aufgrund der südlichen Ausrichtung erreicht die Stromerzeugung in der Mittagszeit ihren Höhepunkt. Neben der Tageszeit ist auch die Jahreszeit von Bedeutung: In der Planungsphase errechneten die Experten eine maximale Produktion im Sommer. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass die Fassaden im Frühjahr und Herbst 30 bis 50 % mehr Strom produzieren. Denn der hohe Sonnenstand im Sommer führt dazu, dass der Einfallswinkel der Sonnenstrahlen für senkrecht installierte Fassadenanlagen nicht optimal ist. Am besten ist es im Winter. Der niedrige Sonnenstand ermöglicht eine direktere Bestrahlung der Anlagen, die dann ihr volles Potenzial ausschöpfen können. Das bedeutet, dass Photovoltaikmodule ihren maximalen Ertrag nicht im Sommer erreichen, sondern in den Übergangsjahreszeiten, wenn Sonnenstand und Sonnenscheindauer den besten Kompromiss bieten. Selbst im Winter ist die Produktion trotz der wenigen Sonnenstunden etwas höher als im Sommer. Ein Vergleich zwischen den Monaten März und September verdeutlicht die Rolle des Schnees: Die um 25 % höhere Produktion im Frühjahr ist zumindest teilweise auf das Vorhandensein von Schnee und die damit verbundene Reflexion zurückzuführen.
Erneuerbare Energie im Winter: Diese Besonderheit der fassadenintegrierten Photovoltaikanlagen ist für die Entwicklung der erneuerbaren Energien besonders wichtig, denn während die Photovoltaikanlagen im Sommer die meiste Energie produzieren, ist der Stromverbrauch im Winter am höchsten. Zu Recht hat der Bundesrat deshalb kürzlich den Bericht "Winterstromerzeugung mit Photovoltaik" verabschiedet. Es stimmt, dass vertikale Lösungen im Durchschnitt nur zwei Drittel des Jahresertrags einer konventionellen Anlage erzielen. In den Wintermonaten erzeugt eine Anlage, die vertikal an einer Südfassade montiert ist, jedoch 30 % mehr Strom pro Modul als eine Anlage auf einem Flachdach. Da gut ausgerichtete Fassaden in der Schweiz in den Wintermonaten ein Potenzial von rund 7 Terawattstunden Solarstrom haben, sind sie trotz höherer Kosten eine interessante Alternative zu herkömmlichen Anlagen. [1 ] Um die Erschliessung dieses Potenzials zu beschleunigen, hat das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) im Rahmen der Revision der Verordnung über die Förderung der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien, die am1. Januar 2022 in Kraft treten soll, die Einführung einer spezifischen Förderung für Fassadenanlagen vorgeschlagen. 2] Die genauen Details dieser Förderung werden derzeit vom Bundesamt für Energie ausgearbeitet und sollen im Herbst vom Bundesrat beschlossen werden.
Photovoltaikforschung im Alpenraum: Im CRYOS-Labor arbeiten die SLF-Forscher mit der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) zusammen, um erneuerbare Energien und die spezifischen Herausforderungen im Alpenraum zu untersuchen. "Die Installation von Windturbinen in Kombination mit Sonnenkollektoren in den Alpen ist die effektivste Lösung, um die Energieneutralität und -autonomie der Schweiz zu erreichen", heisst es in der Pressemitteilung der EPFL. [3 ] Das SLF hat auch Empfehlungen für die Installation von Fotovoltaikanlagen auf Lawinenverbauungen erarbeitet. [4 ] Forschung und Praxis gehen am Institut in Davos also Hand in Hand.
Zukunftsperspektiven: Dank der Sanierung der Gebäudehüllen erfüllen beide Gebäude aus energetischer Sicht den Minergie-Standard. Außerdem wird der Hauptstandort seit 2019 mit einer geothermischen Wärmepumpe beheizt und kommt somit ohne fossile Brennstoffe aus. Doch Martin Gentner und dem Institut ist das nicht genug: Gerade hat der Bau eines neuen Gebäudes begonnen, das das in die Jahre gekommene "Haus D" ersetzen soll. Das alte Gebäude war zu klein und entsprach nicht mehr den energetischen Anforderungen. Für Gentner war von Anfang an klar, dass auch dieses Gebäude mit Solarmodulen ausgestattet werden sollte: "Wir haben bisher nur positive Erfahrungen mit diesen Anlagen gemacht. Die Module sind auf einer Holzkonstruktion montiert, die in den vorgefertigten Holzrahmen integriert ist. Die 225 Quadratmeter Photovoltaikfläche werden das Erscheinungsbild der West- und Ostfassade optisch prägen - eine bewusste Entscheidung: Die Südseite, die für die Stromerzeugung am optimalsten ist, ist aufgrund des Schattenwurfs der bestehenden Gebäude nicht geeignet. Infolgedessen wird erwartet, dass die Stromerzeugung am Morgen und am Abend ihren Höhepunkt erreicht. Dank diesen und weiteren Massnahmen dürfte das "Haus D" das erste Gebäude im ETH-Bereich (zu dem das SLF gehört) sein, das nach dem SNBS-Standard zertifiziert wird.
Das Gebäude wird voraussichtlich im Herbst 2022 bezugsfertig sein. Zusammen mit den bestehenden Gebäuden wird das SLF dann rund 345 Quadratmeter Photovoltaik-Anlagen betreiben, die zu verschiedenen Zeiten ihren maximalen Ertrag erreichen werden. "Ich freue mich darauf, die tatsächliche Leistung dieser Anlagen zu sehen", so Martin Gentner abschließend.
[1] https://www.fedlex.admin.ch/fr/consultation-procedures/ended/2021#https://fedlex.data.admin.ch/eli/dl/proj/2021/53/cons_1
[2] S. Perroud, "Die Schweiz muss auf Solar- und Windenergie in den Bergen setzen", 2021. https://actu.epfl.ch/news/la-suisse-doit-miser-sur-le-solaire-et-l-eolien-en/
[3] "Empfehlungen für die Installation von Photovoltaikanlagen auf Lawinenverbauungen". https://www.slf.ch/fr/projets/solaranlagen.html
VORBILDLICHE ENERGIE UND KLIMA
Die Initiative für Energie- und Klimavorbildlichkeit ist eine der zwölf Maßnahmen der Energiestrategie 2050. Im Rahmen dieser Initiative verpflichten sich die wichtigsten Schweizer Service-public-Anbieter gemeinsam, die globale Erwärmung auf weniger als 1,5 Grad zu begrenzen. Zu diesem Zweck verbessern sie kontinuierlich ihre Energieeffizienz und stellen auf erneuerbare Energien um. Sie kommunizieren transparent über die Erreichung ihrer Ziele und teilen ihre Erfahrungen, damit andere Unternehmen und Organisationen davon profitieren können. Derzeit beteiligen sich folgende Unternehmen an der Initiative: ETH-Bereich, Flughafen Zürich AG, Flughafen Genf, Schweizerische Post, PostAuto, PostFinance, RUAG MRO Holding AG, SBB, SIG, Skyguide, SRG, Suva, Swisscom, VBS und die Eidgenössische Zivilverwaltung.
Nadia Kammermann, Kommunikation Exemplarität Energie und Klima, Polarstern
Bilder: SLF/WSL/Empa
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