Dienstag, 11. April 2017

Grosses Potential der Windenergie in der Schweiz

„Windenergie ist eine sichere, saubere und technisch ausgereifte Technologie“, erklärte Benoît Revaz, Direktor des Bundesamts für Energie (BFE), an der Windenergietagung vom 4.4.17. „Sie hat von allen Erneuerbaren das grösste Wachstumspotenzial“, führte er aus. Der vom BFE erstellte Windatlas zeige, dass die Potenziale sogar noch höher seien als bisher angenommen. 

„Wir haben im Windbereich schon viel erreicht“, erklärte Karl Vogler, Vizepräsident und Nationalrat, der die Windenergietagung führte, „doch wir müssen rasch mehr machen!“ Er stelle fest, dass insbesondere ältere Menschen der Windenergienutzung kritisch gegenüber stünden. „Die Jungen sehen die Entwicklung mehrheitlich positiv“, erklärte er den rund 170 Tagungsteilnehmerinnen und Teilnehmern.


„Produktion, Verbrauch und Speicherung von Energie verschieben sich klar von zentral zu dezentral“, erklärte Benoît Revaz, Direktor des BFE.
„Produktion, Verbrauch und Speicherung von Energie
verschieben sich klar von zentral zu dezentral“,
erklärte Benoît Revaz, Direktor des BFE
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„Im Moment werden intensive Gespräche geführt, um den Guichet Unique aufzubauen“, erklärte Markus Geissmann, Bereichsleiter Windenergie beim BFE. „Ziel ist es, dass die Verfahren von Windenergieprojekten nach Möglichkeit schneller und einfacher ablaufen.“ Bezüglich des nationalen Interesses für Windenergieprojekte in geschützten Landschaften berichtete er, dass in der laufenden Vernehmlassung insbesondere die Grenze von 10 GWh beanstandet würde. „Die Umweltverbände möchten diese heraufsetzen.“. „Zudem gibt es im neuen Energiegesetz gleichzeitig zwei neue Verschärfungen: Biotope, Moore und Moorlandschaften sind für Windenergieanlagen tabu.“ Der Bau in geschützten Landschaften sei aber nur nach einer Interessenabwägung möglich!

Moore und Moorlandschaften sowie Biotope sind für Windenergieanlagen tabu. Bei Inventaren gemäss Artikel 6., zum Beispiel BLN-Gebieten, ist eine Interessensabwägung möglich. Grafik: BFE

Moore und Moorlandschaften sowie Biotope sind für Windenergieanlagen tabu. Bei Inventaren gemäss Artikel 6., zum Beispiel BLN-Gebieten, ist eine Interessensabwägung möglich. Grafik: BFE
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„Ab 2022 können keine weiteren Anlagen mehr in die Einspeisevergütung aufgenommen werden und trotz höherem Kostendeckel bleiben die Fördermittel knapp“, berichtete Laura Antonini, die im BFE im Bereich Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) arbeitet. Hauptsächlich Springer-Anlagen, sprich baureife Anlagen mit 2. Projektfortschrittsmeldung, hätten noch eine Chance in die Förderung zu kommen. Indes müssten alle KEV-Anlagen ab dem 1.1.19 ihren Strom selber vermarkten (siehe Tabelle). „Der Strompreis, den Anlagebetreiber in der Direktvermarktung erzielen, setzt sich einerseits aus einem Referenz-Marktpreis zusammen, der einmal im Quartal von uns erhoben wird. Andererseits ist es der Preis, den die Anlagebetreiber vertraglich mit einem Stromabnehmer vereinbaren.“ Laura Antonini verwies darauf, dass der Preis in der Regel in der Höhe des heutigen KEV-Tarifs liege: „Es ist aber auch möglich, dass gewisse Anlagen einen höheren Preis erzielen werden!“


Bei der Direktvermarktung setzt sich der Preis aus einer Referenzprämie und einer Einspeiseprämie zusammen.

Bei der Direktvermarktung setzt sich der Preis aus einer Referenzprämie und einer Einspeiseprämie zusammen.
Skyguide: „Kontaktieren Sie uns so früh wie möglich!“„Das Kompetenzzentrum Windenergie von Skyguide zählt fünf Experten“, erklärte Matthias Fries, technischer Experte bei Skyguide. „Einerseits ist die Windenergienutzung für uns ein Thema, weil die Anlagen mit rund 230 Meter Höhe für die Flugsicherheit von Bedeutung sind. Andererseits können sie unsere Radars und Sicherheitssysteme beeinflussen.“ Zum Beispiel die Kommunikation mit den Piloten oder die Flugleitsysteme. „Viele Probleme sind jedoch lösbar“, erklärte der Skyguide-Experte: „Wichtig ist allerdings, dass Sie uns als Projektentwickler und Behörden so früh wie möglich kontaktieren!“ „Wir durchlaufen eine positive Entwicklung zu Gunsten der Windenergie“, erklärteCatherine Huguenin, Facilitiy Managerin bei Skyguide. Dieses Jahr werde das erste Seminar zum Thema Windenergie und Luftfahrt durchgeführt. „Zudem investieren wir 15 Millionen Franken in Radare, die besser mit Windenergieanlagen kompatibel sind.“ Es gebe auch einen regen Austausch zum Thema mit Deutschland, Österreich, Frankreich und Dänemark. Die Luftsicherheit müsste weltweite Standards erfüllen, Details könnten jedoch auch national geregelt werden.


Nutzen teilen„Die Voruntersuchungen zu einem möglichen Atomendlager haben den erneuerbaren Energien in der Ostschweiz Schub verliehen“, erklärte Andrea Paoli, Leiterin der kantonalen Energiefachstellen Thurgau und Schaffhausen. 76% der Ostschweizer sind für die Entwicklung von Windenergieanlagen in ihrer Gegend; dies habe eine Umfrage der Hochschule St. Gallen gezeigt. Schaffhausen hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2035 über 10% Windenergiestrom zu verfügen. Vier Standorte wurden eruiert. „Zwei davon sind Waldstandorte“, führte Andrea Paoli aus. Im Kanton Schaffhausen wurden achte Gebiete ausgeschieden. „Sehr wichtig ist, dass wir den Nutzen, den die Windenergie bringt, auch teilen“, ist Paoli überzeugt. Darum sei im Kanton Schaffhausen vorgesehen, dass nicht nur die Landeigentümer entschädigt würden, sondern auch alle, die die Anlagen sehen würden.

Befürworter-Gruppe früh aufbauen!„Wir sind als Solargenossenschaft mit dem Windpark And/Ans insbesondere gescheiter, weil uns die Bevölkerung einerseits nicht geglaubt hatte, dass die von uns errechnete Rendite von rund sechs bis sieben Prozent möglich ist und weil wir andererseits nicht früh genug eine Befürworter-Gruppe für unser Projekt aufgebaut haben“, erklärte Bruno Dürr, der als Geschäftsführer der Solargenossenschaft Liechtenstein zu den Initiatoren des Windparks And/Ans gehörte. Die Realisierung des Windparks wurde bei einer Konsultativabstimmung mit 65% abgelehnt. Schade, der Standort verfügt mit 7 Metern pro Sekunde über idealste Bedingungen. Alte Querelen zwischen der Bürgergenossenschaft und der politischen Gemeinde beeinflussten die Abstimmung ebenfalls. Zudem gelang es den Projektgegnern, Emotionen mit der Brandgefahr zu schüren, da es vor Ort einmal einen vom Militär ausgelösten Waldbrand gab. „Sicher hat uns auch geschadet, dass wir zuerst Windmessungen durchgeführt und erst danach über unser Projekt informiert haben“, zählte Bruno Dürr die Punkte auf, die hätten besser laufen können.

68% stimmen für Eoljoux
„Der Windpark Eoljoux mit sieben Anlagen, der dereinst genügend Strom für das ganze Vallée de Joux produzieren soll, wurde nicht von einem Projektentwickler initiiert, sondern von den Gemeinden des Tals selber“, erklärte Laurent Reymondin, Gemeinderat von Le Chenit und Direktor von Eoljoux. Im Rahmen der Fertigstellung der Nutzungsplanung hat die Gemeinde ein freiwilliges Referendum durchgeführt: „Uns schien es wichtig, dass wir dieses selber initiieren und eine Abstimmung nicht aufgrund einer Unterschriftensammlung von Windgegnern zustande kam.“ 10 Jahre hat die Projektentwicklung bereits gedauert und Eoljoux hat jährlich an einem Informationsanlass darüber berichtet. Im Vorfeld der Abstimmung hat die Gemeinde die Befürworter mit Plakaten, Bannern und Aufklebern sowie die Presse mit sachlichen Informationen versorgt. „Zudem haben wir eine Veranstaltung durchgeführt, bei der Professor Christophe Ballif, eine Koryphäe im Bereich Photovoltaikforschung, der aus dem Tal stammt, referierte und der Film „Tomorrow“ gezeigt wurde.“ Obwohl die Windpark-Gegner einen sehr intensiven Abstimmungskampf mit dicken Broschüren an alle Haushalte und viel Präsenz in den lokalen Medien geführt hatten, entschied sich die Gemeinde Le Chenit am 25. September 2016 für den Windpark.


Der geplante Windpark Eoljoux, der das ganze Vallée de Joux inklusive der Industrie mit Strom versorgen könnte. Bild: Eoljoux

Der geplante Windpark Eoljoux, der das ganze Vallée de Joux inklusive der Industrie mit Strom versorgen könnte. Bild: Eoljoux
Die kreisenden Göttinnen des Windes
Der Autor Pinot Dietiker lockerte die technische Tagung mit einem literarischen Beitrag über die Eolinnen auf dem Sonnenberg auf. „Ich bin im Atomkanton Aargau aufgewachsen und habe bereits in meiner Schulzeit zweimal ein AKW besucht. Daher habe ich mich schon früh mit der Frage beschäftigt, ob es auch Technologien der Stromerzeugung gibt, bei der es keine Jodtabletten braucht!“ erklärte der Literat seine Motivation, über die „kreisenden Göttinnen des Windes“ zu schreiben, die „Riesinnen, die ihre Arme gelassen und entschlossen durch die Luft bewegen und leiser sind als die Kuhglocken auf dem Sonnenberg.“ 


Quelle: suisse éole

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