Built-In-Photovoltaic, schön englisch und noch schöner
abgekürzt BIPV, nennt sich die neue Wunderdroge der solaren Wirtschaft.
Denn nun sind die Module, aus denen sich eine Solaranlage zur Hauptsache
zusammensetzt, fast schon unglaublich kostengünstig - nach einer Preissenkung um
bis zu 80 Prozent in den vergangenen fünf Jahren. Was deren Einsatz nicht nur
in besonders günstigen Lagen wirtschaftlich werden lässt. Also beispielsweise
auch auf Giebeldächern, die gegen Westen und Osten ausgerichtet sind. Oder in
vertikalen Fassaden an neuen und auch alten Gebäuden.
Von diesen Fassaden gibt es an Neubauten in der Schweiz gemäss einer
Berechnung des Modulherstellers Megasol – eines der letzten in der Schweiz – rund
13,6 Millionen Quadratmeter, jährlich wohlgemerkt. Aufgrund einer
konservativen Schätzung seitens Daniel Sägesser, Geschäftsleitungsmitglied bei Megasol, liessen sich
jährlich Solaranlagen mit rund 83 Megawatt (MW) errichten – neben den
PV-Einrichtungen auf Dächern aller Art, von denen vergangenes Jahr nach
provisorischen Schätzungen eine Leistung von 320 Megawatt zugebaut wurde. Das
beste an diesen Fassadenanlagen kommt aber noch: Weil sie nun – bei zwar
geringerer Leistung – in allerlei verschiedenen Farben verfügbar sind, steht
dem unscheinbaren Einsatz nichts mehr im Wege. Mit anderen Worten – Bauherren
und ArchitektInnen können ganz nach ihrem Geschmack Gebäudefassaden errichten und sind
nicht mehr durch das tiefe Schwarz oder das grelle Blau der bisher verfügbaren
Module eingeschränkt. Der letzte Schrei ist dabei ein als Prototyp vorgestelltes weisses Solarmodul (siehe Bild).
Der Schritt zur gebäudeintegrierten Solartechnologie war
nicht das einzig Aufsehen erregende Faktum der 13. Nationalen PV-Tage in Basel,
die wiederum gegen 600 Fachleute aus dem In- und auch aus dem Ausland anzogen.
So war es etwa die Magie der Zahlen, die aufhorchen liess. Zwar wird der
inländische Zubau an Solarkapazität mit 320 MW nicht ganz die Rekordmarke des
vorangegangenen Jahres erreichen (2013: 350 MW). Aber die Schweiz ist mit
diesem Zubau nunmehr unter die Gigawatt-Nationen aufgestiegen. So viele Länder
mit Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von mehr als 1000 MW gibt es weltweit gar nicht. Dass die Hürde überschritten wurde, ist insofern bemerkenswert, weil ein grosses Atomkraftwerk wie etwa Gösgen auch rund 1000 MW leistet –
diese allerdings mit nur wenigen Unterbrüchen während des ganzen Jahres. Die
Leistung der Solaranlagen ist demgegnüber vom Sonnenschein abhängig und damit
übers Jahr hinweg deutlich geringer (rund ein Achtel).
Wenn wir schon bei den Zahlen sind: Der Solarzubau pro Jahr
und Person dürfte in der Schweiz fast weltmeisterliches Niveau erreichen
(rund 40 Watt pro Person) und derzeit nur von Japan (rund 60 Watt und total neun Gigawatt) übertroffen werden – während
gemäss diesem Kriterium Deutschland etwa zurück gefallen ist. Die aktivsten
Zubaunationen wie China und USA (10 resp. 6 GW im Jahr 2014) liegen wegen der x-fach grösseren Bevölkerung
weit hinter der Schweiz.
Doch Zahlen sind nicht alles. So sorgte etwa das uneingeschränkte
Bekenntnis von Walter Steinmann, Noch-Direktor des Bundesamts für Energie, zur
Sonnenenergie für Aufsehen. Die Erkenntnis, dass Solarstrom schon bald – und
nicht wie früher von Bundes-Bern angenommen, erst ab den Jahren 2035 oder gar
2050 – einen wesentlichen Beitrag zur schweizerischen Elektrizitätsversorgung
ausmachen könnte, ist definitiv in der Schweizer Politik angekommen. Ob sie
sich auch durchsetzen wird im politischen Kampf um die Energiestrategie 2050, zeigt
bald die Debatte in der kleinen Parlamentskammer. Swissolar-Präsident Roger Nordmann (siehe Bild),
seines Zeichens auch Waadtländer SP-Nationalrat, meinte in diesem Zusammenhang
bedauernd, er sitze ja leider nicht im Ständerat.
Der Blick über die Grenze förderte insofern Erstaunliches
zutage, als Harald Schützeichel von der
Stiftung Solarenergie darauf hinwies, dass einer der grössten Solarmärkte
bei all den KleinverbraucherInnen in Asien und Afrika liegt, die noch über
keinen Stromanschluss verfügen. Das Potential bezifferte er auf unglaubliche
136 Milliarden Franken (oder US-$, was heutzutage keinen Unterschied mehr
macht). Als besonders vorteilhaft erachtet der Deutsche mit Firmensitz in Zürich auch, dass Solarlicht quasi als Nebenprodukt anderer Bedürfnisse
viele Menschen der Länder im Süden erreicht. Dank neuer Bezahlmodelle
auch zu erschwinglichen Bedingungen – etwa mittels monatlicher Ratenzahlungen per
Handy, die nicht höher auszufallen brauchten als der Aufwand für die in
vielerlei Hisicht schädlichen Petrollampen. Suntransfer, der kommerzielle Zweig von
Schützeichels Organisation, ist bislang in Äthiopien, Kenia, den Philippinen und
neu in Kambodscha tätig. Und ist damit auch nicht der einzige auf diesem Gebiet
– für Schlagzeilen sorgt etwa «Little Sun», die Solarlampe des
skandinavischen Allround-Künstlers Olafur Eliasson, die auch die Fondation
Beyeler für 29 Franken vertreibt (Solidaritätsbeitrag inklusive) und die derzeit in weiten Teilen Afrikas Verbreitung findet.
Das war sonst noch an den diesjährigen PV-Tagen: Die
Hoffnung zu erfahren, wer künftig für die Garantien der Pleite gegangenen
Bieler Wechselrichterproduzentin Sputnik mit ihrer Solarmax-Gerätelinie gerade
steht, wurde nicht erfüllt, entsprechende Informationen für den April in Aussicht gestellt. Nicht fehlen durften die Solar-Impulse-2-Piloten (im Bild André Borschberg), die sich mittels Video-Botschaft an die TagungsteilnehmerInnen wandten. Und zur Wirtschaftlichkeit der Photovoltaik siehe den vorstehenden Artikel unter Solarmedia vom 16.3.15.
© Solarmedia / Text und Bild: Guntram Rehsche
^^^ Nach oben
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen