Freitag, 29. Oktober 2021

Winterstromlücke: Holz als Mittel dagegen

Der Abbruch der Verhandlungen über das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU sorgt für Unruhe im Bereich der Stromversorgung. Denn ohne Rahmenabkommen ist ein Stromabkommen mit der EU in weite Ferne gerückt. Dadurch vergrössert sich das Risiko einer Stromlücke im Winter. Die ganzjährig sichere Versorgung unseres Landes mit Strom wird zur Herausforderung. Können einheimische Energien die Lücke schliessen?

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Gemäss der Schweizerischen Energiestatistik lag der Endverbrauch an Elektrizität 2020 bei rund 55'700 Gigawattstunden (GWh). Eine allzeit sichere und stabile Stromversorgung ist für das Funktionieren unserer Gesellschaft unabdingbar. Unterbrechungen der Stromversorgung (Blackouts) über längere Zeit sind höchst riskant und deshalb unter allen Umständen zu vermeiden. Die Schweiz muss ihr Augenmerk angesichts zunehmender Importrisiken mit hoher Priorität auf eine ganzjährig sichere Versorgung lenken. Dabei ist zu beachten, dass wir im Winter deutlich mehr Strom verbrauchen, als alle Anlagen in der Schweiz produzieren können. Es herrscht eine sogenannte «Stromlücke», die wir schliessen müssen und die uns zwingt, in der kalten Jahreshälfte jeweils etwa 9'000 GWh Strom zu importieren.

Winterstromlücke: Dringender Handlungsbedarf

Nach der politisch gewollten und technisch sinnvollen Stilllegung aller Atomkraftwerke bis etwa 2040 wird die Winterstromlücke – je nach Szenario – auf etwa 20'000 GWh zunehmen, was ungefähr der Hälfte des Verbrauchs im Winter entspricht. Die massive Anzahl neu installierter Wärmepumpen und die zunehmende Durchdringung der Mobilität mit Elektrofahrzeugen verschärfen die Situation im Winter künftig noch zusätzlich. Hinzu kommt, dass unsere europäischen Nachbarn ebenfalls aus der Kernenergie aussteigen und gleichzeitig auch die Kohlen- und Ölkraftwerke herunterfahren werden. Die einzige Lösung ist der massive Zubau der erneuerbaren Stromproduktion im Inland.

Können einheimische Energien die Stromlücke schliessen?

Unbestritten ist, dass es alle einheimischen Energien braucht: Die Wasserkraft bleibt wichtig, dazu kommen immer höhere Anteile an Holz-, Sonnen-, Windenergie, feuchte Biomasse sowie Geothermie. David Stickelberger, Geschäftsführer von Swissolar, Schweizerischer Fachverband für Sonnenenergie, sagt dazu: «Erfreulicherweise verzeichneten wir im Jahr 2020 einen rekordmässigen Zubau an Photovoltaikanlagen im Umfang von annähernd 500 MW Leistung. Statt mit einer Verlängerung der Betriebsdauer der Atomkraftwerke zu liebäugeln, ist es gescheiter, den Bau von Photovoltaikanlagen um den Faktor drei zu beschleunigen. Damit wären wir immer noch nicht Weltspitze, könnten aber das einfach nutzbare Potential der Sonnenenergie bis etwa 2040 realisieren und so im Winter etwa 10'000 GWh Strom produzieren. Das entspricht der halben Winterstromlücke. Der Ausbau könnte danach immer noch weitergehen, denn die Photovoltaikzellen werden immer effizienter und günstiger, und grosse Flächenpotenziale wie Fassaden (senkrecht installierte Anlagen mit hohem Winterstromanteil), Platzbeschattungen oder Autobahnüberdeckungen liegen nach wie vor brach.»

Olivier Waldvogel vom Verband suisse éole, dem Dachverband der Windenergie, sieht die Windkraft als wichtigen Pfeiler einer sicheren Stromversorgung im Winter: «Zwei Drittel der Energieproduktion aus Wind schöpfen wir im Winterhalbjahr. Das ist eine Riesenchance. Wir sehen die Möglichkeit, hierzulande rund 20 Prozent des gesamten Winterstroms mit Windkraftanlagen produzieren zu können. Damit schliessen wir rund einen Drittel der Winterstromlücke.»

Fazit: Alleine die Solar- und die Windenergie können bis in zwanzig Jahren mehr als 80 Prozent der drohenden Stromlücke im Winter abdecken. Einen weiteren Beitrag wird die Biomasse leisten. Dies in Form feuchter Biomasse in Biogas- und Vergärungsanlagen und natürlich in Form von Holz. Der Geschäftsführer von Holzenergie Schweiz, Andreas Keel, sieht das Potenzial der Holzenergie auf zwei Ebenen: «Holz ist auf zwei Schienen wichtig zur Schliessung der Winterstromlücke. Einerseits können wir mit einem Teil des brachliegenden Potenzials direkt Strom und Wärme erzeugen. Dank der weiterhin möglichen finanziellen Beiträge an die Betriebskosten von Holzverstromungsanlagen erwarte ich bis 2040 durchaus eine Verdreifachung der heutigen Stromproduktion aus Holz (ohne Kehrichtverbrennungsanlagen) auf 1200 GWh pro Jahr. Die direkte Stromproduktion aus Holz könnte somit sechs Prozent der Stromlücke schliessen. Der Rest des brachliegenden Energieholzpotenzials liefert genug Wärme für 150’000 Wohneinheiten. Wir können auf eine entsprechende Anzahl Wärmepumpen verzichten und sparen – bei einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 6000 kWh Strom pro Wärmepumpe und Wohneinheit – 900 GWh Winterstrom. Dies ist ein wichtiger Beitrag an die Reduktion der Verbrauchspitzen von Strom im Winter und entspricht rund fünf Prozent der prognostizierten Winterstromlücke. Mit direkter Stromproduktion sowie dem Einsatz als Gebäudeheizung anstelle von Wärmepumpen kann die heute noch brachliegende Energie aus dem Wald also 11 Prozent der Winterstromlücke schliessen.»

Einheimische, erneuerbare Energien schliessen drohende Winterstromlücke

Holz-, Sonnen-, Windenergie und Biomasse bewältigen zusammen mit der Wasserkraft die Herausforderung. Die weitere Steigerung der Effizienz der Anlagen sowie zusätzliche erneuerbare Energien wie die Geothermie sorgen dafür, dass die wachsende Winterstromlücke mit einheimischen Energien vollständig gemeistert werden kann.

Sollte es dennoch einmal Engpässe geben, liessen sich als Rückfallebene gewisse Stromproduktionskapazitäten in Gaskraftwerken vorhalten. In sogenannten Dunkelflauten – das sind längere Zeiträume ohne Wind und Sonne – könnten solche Anlagen während einer begrenzten Zeit laufen, ohne die Klimabilanz massiv zu belasten. Sie könnten zudem dereinst mit Wasserstoff aus Sonnenenergie betrieben werden, der in zwanzig bis dreissig Jahren aus sonnenreichen Regionen hoffentlich zur Verfügung steht. Dann wären auch sie klimaneutral. Kohlen- und Atomkraftwerke sind in einem solchen Szenario überflüssig.

Quelle: Holzenergie Schweiz

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1 Kommentar:

  1. Naja, wäre ja ein Wunder, wenn sich die Holzenergetiker nicht auch noch einen Teil vom Subventionskuchen zuschanzen wollten.

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