Würde China den Smog vehement bekämpfen, könnte das Land die Produktion
von Solarstrom massiv erhöhen. Das zeigen Modellrechnungen von
ETH-Forscherinnen und -Forschern.
In
Peking ist die Luft oft sehr schlecht. Die Stadt versinkt unter einem
braunen Deckel aus Abgasen aus der Industrie, von Autos und
Kohlenfeuerungen, die besonders viel schädlichen Feinstaub, Russ,
Schwefeldioxid und Stickoxide in die Luft pusten. Die dreckige Luft schadet der Gesundheit der Menschen massiv. Gemäss
der WHO sterben pro Jahr allein in China rund 1,6 Millionen Menschen
verfrüht an den Folgen der Luftverschmutzung, weltweit sind es über
sieben Millionen. Die Opfer erleiden Hirnschläge, Herzinfarkte oder
Lungenkrankheiten.
China hat deswegen und um den CO2-Ausstoss einzudämmen,
damit begonnen, aggressive Massnahmen gegen die Luftverschmutzung
einzuführen. So hat der Staat unter anderem massiv in die Produktion von
emissionsfreiem Solarstrom investiert und plant, Photovoltaikanlagen in
Zukunft noch stärker auszubauen. Nur: Im Moment ist die
Luftverschmutzung in China immer noch gross, und der Smog schadet nicht
nur der Gesundheit, sondern verringert auch die Sonneneinstrahlung, die
den Boden erreicht. Dies wiederum schmälert die Stromproduktion der
installierten Photovoltaikanlagen erheblich.
Stromwirtschaft profitiert von sauberer Luft: Von einer sauberen Luft würde deshalb die Solarenergieindustrie stark profitieren, wie die Klimaforscherin Mercè Labordena und ihre Kollegen von der Gruppe für Klimaschutz und -anpassung der ETH Zürich in einer Studie aufzeigen, die soeben in der Fachzeitschrift Plos One erschien.
Die Forschenden rechneten aus, dass China im Jahr 2040 mit den heutigen und bis dahin neu gebauten Photovoltaikanlagen 85 bis 158 Terawattstunden pro Jahr zusätzlichen Strom bereitstellen kann. Dies unter der Voraussetzung, dass es gelingt, die Emissionen aus allen Sektoren – Energie, Verkehr, Industrie, Haushaltungen – ganz zu eliminieren. Die Mehrproduktion wäre somit um mindestens einen Drittel grösser als der heutige Strombedarf der Schweiz und brächte der chinesischen Stromwirtschaft bis zu 10,1 Milliarden US-Dollar aus der Solarstromerzeugung mehr ein.
Dem Modell zufolge würde sich die Sonneneinstrahlung aufgrund
strenger Luftreinhaltemassnahmen im landesweiten Durchschnitt um 11
Prozent verstärken. Dadurch würden die Solarzellen einen Zehntel mehr
Elektrizität erzeugen. Allerdings ist das Steigerungspotenzial nicht in allen Landesteilen
gleich hoch. So würde die Einstrahlung in Peking nur um 8 Prozent
steigen, in den zentralchinesischen Provinzen wie Chongqing jedoch um 26
Prozent.
Gute Botschaft für Investoren: Weiter berechneten Labordena und ihre Kollegen die Kosten für die Einführung von Best-Practice-Emissionsnormen in allen Wirtschaftssektoren. Die Forschenden stellten fest, dass die Einnahmen aus der gesteigerten Photovoltaikerzeugung 13 bis 17 Prozent der Kosten für strenge Luftreinhaltemassnahmen, mit denen das Null-Emissionen-Ziel erreicht werden soll, decken könnten. «Unsere Zahlen könnten gute Nachrichten für Investoren sein», so die Forscherin weiter. Wäre die die Luft sauber, würden sich ihre Investitionen rascher bezahlt machen. Dadurch könnten mehr Mittel frei werden für den weiteren Ausbau der Photovoltaik, sagt sie. Von strengen Luftreinhaltemassnahmen würden in naher Zukunft Investoren an der Ostküste am meisten profitieren. Dort wächst derzeit auch die Zahl von Photovoltaikanlagen am schnellsten.
Gelingt es den Behörden, die Luftverschmutzung in den Ballungszentren an der Ostküste wirksam einzudämmen, würde sich deshalb nicht nur die Gesundheit der Bevölkerung bessern, folgert Labordena. Die Luftreinhaltung beschleunigt auch den Übergang hin zu erneuerbaren Energien und den Kampf gegen die globale Klimaerwärmung.
Labordena M, Neubauer D, Folini D, Patt A, Lilliestam J. Blue skies over China: The effect of pollution-control on solar power generation and revenues. Plos One, November 21, 2018, doi: 10.1371/journal.pone.0207028.
Quelle: ETH-Z
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