Freitag, 27. November 2015

Deutschlands Speicherförderung geht weiter

Solar- und Speicherwirtschaft begrüßen die Entscheidung von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, die Förderung solarer Batteriespeicher über das Jahresende hinaus zu verlängern. Eine parteiübergreifende Parlamentarier-Initiative im Deutschen Bundestag hatte maßgeblich zu dieser Entscheidung beigetragen. Auch Gutachter der Regierung hatten sich zuvor für eine Verlängerung der über die KfW gewährten Förderung ausgesprochen. 

Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft e.V. erklärt dazu: „Wir sind erleichtert, denn der weitere Erfolg der Energiewende ist auf den Ausbau von Speichern angewiesen. Sie sind ein Herzstück der Energiewende. Ein Auslaufen der Speicherförderung nach nur zweieinhalb Jahren wäre zu früh und energie- sowie industriepolitisch ein großer Fehler gewesen. Attraktive und verlässliche Rahmenbedingungen sind auch für die Markteinführung von Speichertechnologien unverzichtbar. Jetzt hat Deutschland eine Chance, seine Systemführerschaft in diesem riesigen globalen Zukunftsmarkt weiter auszubauen. Gut, dass sich die Vernunft durchgesetzt hat.“ 

Nachdem in den letzten Wochen ein Auslaufen der Förderung bereits zum Jahresende drohte, hatte der BSW-Solar als Zusammenschluss führender Speicher- und Solaranbieter die Abgeordneten des Bundestags dazu aufgerufen, sich für eine einmalige Verlängerung des Speicherförderprogramms um weitere drei Jahre einzusetzen. Nach Aussagen von Sigmar Gabriel im Rahmen der gestrigen Haushaltsdebatte des Deutschen Bundestages soll das Förderprogramm nun verlängert werden. Die genaue Ausgestaltung steht allerdings zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest. Der BSW-Solar appelliert an das Wirtschaftsministerium, dabei eine gute Balance zwischen der erforderlichen Anreizwirkung und den notwendigen technischen Anforderungen für die Systemdienlichkeit von Speichern zu finden. 

Angestoßen durch das vom Bundestag koalitionsübergreifend initiierte Marktanreizprogramm für Solarstromspeicher wurden in jüngster Vergangenheit in Deutschland ein neuer Industriezweig aufgebaut und technische Maßstäbe gesetzt. Die staatliche Förderung löste das Siebenfache an privaten Investitionen aus und ist eine wichtige Stütze des Solarmarkts. Im Zusammenhang mit inzwischen rund 14.000 geförderten Speichersystemen sanken die Preise für Hausspeicher um 25 Prozent. 

Hintergrund
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel zur Fortsetzung der Speicher-Förderung am 27.11.2015 im Deutschen Bundestag: http://dbtg.tv/fvid/6214774 (Videomitschnitt, Speicherförderung ab Minute 12:15) Informationen zu solaren Heimspeichern und zur Speicher-Förderung bietet der mit Unterstützung der Bundesregierung erstellte Online-Ratgeber www.die-sonne-speichern.de
 

Solarstromforschung für Insellösungen




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Donnerstag, 26. November 2015

Vom Labor an die Fassade

Fraunhofer ISE demonstriert neue  Zell- und Modultechnologien an der Außenfassade eines Laborgebäudes.

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE hat die Außenfassade eines seiner Laborgebäude mit 70 Photovoltaik-Modulen ausgerüstet. Die Module stammen aus eigener Entwicklung und Pilotproduktion und demonstrieren das Zusammenspiel unterschiedlicher Technologien. Unter dem Namen TPedge hat das Fraunhofer ISE gemeinsam mit Industriepartnern ein kristallines PV-Modul entwickelt, das die Folienlaminierung durch ein zeit- und kostengünstigeres Verfahren ersetzt und in diesem Projekt mit innovativen rückseitenkontaktierten Solarzellen kombiniert wurde. Bereits bei der Einweihung des energieeffizienten Laborgebäudes 2013 war eine erste Kleinserie zur Veranschaulichung und Erprobung an der Fassade installiert. Jetzt wurde die Solarfassade fertig gestellt und die insgesamt 70 Module in Betrieb genommen. 

Die kristallinen PV-Module basieren auf innovativer Solarzellentechnologie mit rückseitiger Kontaktierung nach dem am Fraunhofer ISE entwickelten und patentierten sogenannten »High Performance Metal Wrap Through« (HIP-MWT)-Konzept. Die Solarzellen wurden im Photovoltaik Technologie Evaluations Center (PV-TEC) des Fraunhofer ISE in einem industrienahen Prozess entwickelt und in Kleinserie produziert. »Durch den Einsatz ausschließlich vollautomatisierter Produktionsanlagen, z. B. einer innovativen Laseranlage für die Erzeugung der Löcher (Vias) in den Silicium-Wafern, konnten wir industrielle Taktzeiten demonstrieren«, so Dr. Florian Clement, Gruppenleiter MWT-Solarzellen und Drucktechnologie. Die HIP-MWT-Solarzellen mit Rückseitenpassivierung erzielen einen Wirkungsgrad von bis zu 20,5 Prozent. 

Die Solarzellen wurden mit einem patentierten Zellverbinder aus strukturierter Kupferfolie verschaltet, der die elektrischen Stringverluste auf ca. ein Prozent reduzieren kann und die mechanische Belastung der Zellen minimiert. »Die elektrische Verbindung der Solarzellen erfolgte im Module-TEC des Fraunhofer ISE auf einem speziellen Rückkontakt-Stringer, der gemeinsam mit der Firma Somont entwickelt wurde«, so Dr. Harry Wirth, Bereichsleiter Photovoltaische Module, Systeme und Zuverlässigkeit am Fraunhofer ISE. Innovativ ist auch die Verkapselung der verschalteten Solarzellen zwischen zwei Gläsern. Die Solarzellen sind nicht wie üblich zwischen Folien laminiert, sondern in einem Glas-Glas-Modul punktuell fixiert. Die Ränder der TPedge-Module werden mit einem thermoplastischen Material abgedichtet, ein zusätzlicher Aluminiumrahmen ist nicht notwendig. Dieser neue Modulaufbau ist ebenfalls eine Entwicklung des Fraunhofer ISE, die zusammen mit dem Partner Bystronic glass unter dem Namen TPedge entwickelt und auch durch ein Patent geschützt wurde.

Die frühzeitige Zusammenarbeit mit den Architekten des Demonstrationsgebäudes ermöglichte eine gelungene architektonische Integration der PV-Module und der benachbarten Faserzementpaneele über eine gemeinsame Fassaden-Unterkonstruktion. Seit Oktober liefert die PV-Fassade Strom an Verbraucher im Gebäude. Ein Team des Fraunhofer ISE erfasst kontinuierlich elektrische und meteorologische Größen, um den Betrieb auszuwerten. Das Monitoring soll den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern am Fraunhofer ISE auch dazu dienen, die Ertragsanalysemethoden für gebäudeintegrierte Fassadenanlagen mit Teilverschattung weiter zu entwickeln.

Quelle: Fraunhofer ISE

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Mittwoch, 25. November 2015

DER Leitfaden zum Eigenverbrauch von Solarstrom

Der Verband unabhängiger Energieerzeuger (VESE) hat im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE) das Handbuch “Eigenverbrauchsoptimierung” verfasst: Vorgestellt werden Steuerungskonzepte und -geräte, welche es erlauben, je nach Verfügbarkeit von Solarstrom diesen direkt zu verbrauchen und Geräte zu aktivieren. Kostenloser Bezug und Download unter www.vese.ch/eop. 

Bei Anlagen, welche nicht via die Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) finanziert werden, ist es wirtschaftlich sinnvoll, den erzeugten Strom gleich wieder selbst zu verbrauchen, der sogenannte „Eigenverbrauch“. Dieser kann optimiert werden: Verfügt das Haus zum Beispiel über eine Wärmepumpe, so wird diese direkt mit dem Solarstrom-Überschuss statt während der Nacht betrieben. Auch Waschmaschinen können je nach Verfügbarkeit von Solarstrom eingeschaltet werden (Grafik vergrössern mit Klick auf diese!).   

Doch wie funktioniert das genau? Der Verband unabhängiger Energieerzeuger hat hierzu im Auftrag des Bundesamtes für Energie (BFE) einen Leitfaden entwickelt, der einen Überblick über mögliche Steuerungskonzepte und Optimierungspotentiale gibt: Das „Handbuch Eigenverbrauchsoptimierung“. Gratisbezug und PDF-Download: www.vese.ch/eop.  

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Dienstag, 24. November 2015

Tandem-Solarzelle der Empa mit höherer Effizienz

Zwei Solarzellen übereinander bringen Vorteile: Ein grösserer Anteil des Sonnenlichts kann in Strom umgewandelt werden, weil die Energie in zwei Stufen «geerntet» wird. Empa-Forscher haben ein Verfahren entwickelt, das solche Tandem-Solarzellen in preisgünstiger Roll-to-Roll-Produktion möglich macht. Das Produktionsverfahren geht bei nur 50 Grad Celsius vonstatten.

Was bei Doppelklingenrasierern gut ist, gilt auch für Solarzellen: zwei Arbeitsschritte sind gründlicher.  Wenn man zwei Solarzellen übereinander legt, von denen eine halb transparent ist, dann lässt sich ein grösserer Anteil der Lichtenergie in Strom umwandeln. Bislang wurde die aufwändige Technik vorwiegend in der Raumfahrt eingesetzt. Für die Massenproduktion waren sogenannte Tandem-Zellen zu teuer. Ein Empa-Team um Stephan Bücheler und Ayodhya N. Tiwari vom Labor für Dünnschicht und Photovoltaik hat es nun geschafft, eine preisgünstige Tandem-Solarzelle herzustellen, die sich auf flexible Kunststofffolien auftragen lässt. Ein wichtiger Meilenstein zur Massenproduktion hoch effizienter Solarzellen ist damit erreicht.

Der Clou an dem neuen Verfahren: Die Forscher erzeugen die zusätzliche Solarzellenschicht in einem Niedrigtemperaturverfahren bei nur 50 Grad Celsius. Das verspricht für künftige Herstellungsprozesse einen Energie und Kosten sparenden Produktionsschritt. Auf Anhieb erreichte die Tandem-Solarzelle einen Wirkungsgrad von 20.5 Prozent bei der Umwandlung von Licht in Strom. Sie liegt damit auf Augenhöhe mit den besten bisher produzierten flexiblen Solarzellen der Welt. Dabei ist ihr Potential noch längst nicht ausgeschöpft, wie die Empa-Forscher betonen.

Molekulare Fussbälle als Unterlage für den Zauberkristall: Der Schlüssel zu dem Doppel-Erfolg war die Entwicklung einer halbtransparenten Solarzelle aus Methyl-ammonium-Bleiiodid, das sich in Form winziger Perowskit-Kristalle abscheidet. Als Unterlage für den Perowskit dient eine Substanz mit dem Kürzel PCBM (Phenyl-C61-Buttersäure-Methylester). Jedes Molekül PCBM enthält 61 Kohlenstoff-Atome, die in Form eines Fussballs miteinander verknüpft sind. Auf diese Fussballschicht wird sozusagen «lauwarm» der Perowskit aufgedampft. Dieser Zauberkristall schluckt UV-Strahlen und den blauen Anteil des sichtbaren Lichts und verwandelt diese in Strom. Rotes Licht und Infrarot-Strahlung lässt der Kristall jedoch passieren. So können die Forscher unter der halbtransparenten Perowskit-Zelle eine weitere Solarzelle anordnen, die das restliche Licht in Elektrizität umwandelt.

Als untere Schicht der Tandem-Solarzelle dient den Empa-Forschern eine CIGS-Zelle (Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid) – eine Technik, an der das Team bereits seit Jahren forscht. Auf Basis der CIGS-Zellen läuft bereits eine Kleinserien-Produktion für flexible Solarzellen (s. Empa-Medienmitteilung vom 11. Juni 2015).

Der Vorteil von Tandem-Solarzellen liegt in der besseren Ausnutzung des Sonnenlichts. Eine Solarzelle kann nur Strahlung umwandeln, deren Energie grösser ist als die Bandlücke des verwendeten Halbleitermaterials. Ist die Strahlung schwächer, entsteht kein Strom. Ist die Strahlung energiereicher, dann wird die überschüssige Strahlungsenergie in Wärme verwandelt und geht verloren. Eine zweistufige Solarzelle wie die Perowskit-CIGS-Zelle der Empa kann Substanzen mit verschiedenen Bandlücken kombinieren und so einen grösseren Anteil der eingestrahlten Sonnenenergie in Elektrizität umwandeln.

Während sehr gute einstufige Solarzellen maximal 25 Prozent der Sonnenenergie in Strom umwandeln, könnten Tandem-Solarzellen auch die 30-Prozent-Marke knacken, sagt Ayodhya Tiwari, Leiter des Labors für Dünnschicht und Photovoltaik. Doch bis dahin sei noch viel Forschungsarbeit nötig. «Was wir jetzt erreicht haben, ist erst der Anfang. Bis dieses ambitiöse Ziel erreicht ist, müssen noch etliche Hürden genommen werden. Wir brauchen dazu viel interdisziplinäre Erfahrung und eine grosse Zahl an Kombinations-Experimenten, bis eine halbtransparente Hochleistungszelle zusammen mit der passenden Basiszelle gefunden ist.»

Stephan Bücheler, der in Tiwaris Team die Laborforschung koordiniert, weist darauf hin, dass das Wettrennen um Effizienzen in der Solarzellenforschung beileibe nicht nur ein akademisches Schaulaufen ist. «Bei der Herstellung von Solarstrom wird nur die Hälfte der Kosten durch die Solarmodule selbst verursacht. Die andere Hälfte der Kosten kommt von der Infrastruktur: Wechselrichter, Verkabelung, Tragekonstruktionen für die Zellen, Ingenieurskosten und Installation. All diese Nebenkosten sinken, wenn die Solarzellen effizienter werden und folglich kleiner gebaut werden können. Effiziente Solarzellen sind damit der Schlüssel zu preisgünstigem Ökostrom.»

Quelle: Empa

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Montag, 23. November 2015

Schwyzer Schulen als erste «Energieschulen» ausgezeichnet

Drei Schulen aus dem Kanton Schwyz haben anfangs November im Beisein von Bundesrätin Doris Leuthard und dem Schwyzer Regierungsrat Othmar Reichmuth die Auszeichnung «Energieschule» erhalten. Damit würdigt Energiestadt ihr langfristiges Engagement für einen nachhaltigen Ressourcenumgang. Die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrkräfte haben als Pilotschulen den Prozess zur Energie-Auszeichnung für Schulen initiiert, kritisch mitgeprägt und im Schulalltag verankert.
 
Barbara Schwickert, die Präsidentin des Trägervereins Energiestadt, überreichte der Kantonsschule Kollegium Schwyz und den beiden Mittelpunktschulen Rothenthurm und Steinen die neue Auszeichnung «Energieschule». Im Unterschied zu vielen anderen Schulen behandeln die drei Ausgezeichneten den nachhaltigen Ressourcenumgang nicht punktuell, sondern umfassend und langfristig. Sie haben das Thema in der Schulkultur und im regulären Unterricht verankert und setzen ein Programm mit Energie-Aktionen um. Damit nehmen die drei Schwyzer Schulen eine Vorreiterrolle ein. 

Jugendliche leben intelligenten Umgang mit Ressourcen vor: Bundesrätin Doris Leuthard, Vorsteherin des Departementes für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), würdigte das grosse Engagement aller Projektbeteiligten. Sie seien für die Gesellschaft wichtige Vorbilder. «Die Schülerinnen und Schüler haben sich nicht nur zusammen mit den Lehrkräften intensiv mit dem nachhaltigen Ressourcenumgang auseinandergesetzt, sondern sie haben auch Verantwortung übernommen. Sie sensibilisieren die nachfolgende Generation für die Herausforderungen eines intelligenten Umgangs mit knappen Ressourcen.» Die Bundesrätin lobte die Jugendlichen für ihren nachhaltigen Lebensstil: «Ich bin stolz: Ihr habt Phantasie – Ihr zeigt Arbeitseifer. Ihr seid der Beweis, dass der Bundesrat mit der Energiestrategie 2050 richtig liegt.» 

Die Sensibilisierung von Jugendlichen für das Thema Energie hat im Kanton Schwyz einen festen Platz. 2010 lancierte das Elektrizitätswerk des Bezirks Schwyz (EBS) das jährliche «EBS-Forum Jugend und Energie» mit Workshops. Daraus entstand die Idee eines längerfristigen Programms für Schulen. Das Vorhaben wurde ermöglicht durch einen Schulterschluss des Bezirks und Kantons Schwyz, des EBS und von Energiestadt. Diese Protagonisten stellten 2013 eine Begleitgruppe mit Energie- und Bildungsfachleuten zusammen. Gemeinsam mit den drei Pilotschulen entwickelte die Gruppe die Auszeichnung wie auch die Unterlagen. Damit stellten die Verantwortlichen die praxisnahe Ausgestaltung sicher. Schliesslich integrierten sie die Auszeichnung in die Strukturen des Qualitätslabels Energiestadt. 

Im Verlauf des Projekts nahmen die Pilotschulen die Themen Energieeffizienz, erneuerbare Energien und nachhaltiger Ressourcenumgang im Unterricht auf und liessen sie zum Teil der Schulkultur werden. Dieser Prozess wurde durch die Gründung eines Energiegremiums, die Erstellung eines Jahresprogramms mit Energie-Aktionen sowie die Verankerung der nachhaltigen Ressourcennutzung im Schulleitbild gestärkt. Elemente, die heute zu den Pflichtkriterien der Auszeichnung gehören. Nach rund drei Jahren ist es nun gelungen, die Entwicklungsarbeit abzuschliessen und die ersten drei Schulen auszuzeichnen. Ab sofort steht es sämtlichen Sekundar- und Mittelschulen einer Energiestadt offen, ebenfalls die Auszeichnung «Energieschule» anzustreben. 

Energiestadt-Label für eine nachhaltige kommunale Energiepolitik
Das Qualitätslabel Energiestadt zeichnet Gemeinden aus, die den Weg des nachhaltigen Ressourcenumgangs konsequent verfolgen. So haben seit 1991 rund 400 Städte und Gemeinden das Energiestadt-Label erhalten. Heute leben 4,5 Millionen Schweizerinnen und Schweizer in einer Energiestadt, mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Energiestädte nutzen Energie effizient. Sie fördern erneuerbare Energien wie Wasserkraft und Solarwärme und gestalten den Verkehr umweltverträglich. Zudem sensibilisieren sie die Bewohner und die Wirtschaft für eine effiziente Energienutzung. Energiestadt ist Teil des Bundesprogramms EnergieSchweiz. Inhaber des Labels ist der Trägerverein Energiestadt, dem über 600 Gemeinden und Regionen angehören.

Medienkontakt
Stefan Wyer
Kommunikation Energieschweiz für Gemeinden
Molkenstrasse 21 CH-8004 Zürich Tel 079 292 22 66 | media(at)energiestadt(dot)ch
Weitere Informationen: www.energiestadt.info und www.energiestadt.ch (Detailinformationen)

Freitag, 20. November 2015

E-Mobilität erhöht PV-Eigenverbrauch

Im Projekt Sun2Car@GAP wurden von der deutschen Forschungsstelle für Energiewirtschaft Untersuchungen zur Realisierung eines Systems bestehend aus Haushalt, Elektrofahrzeug, Photovoltaikanlage und Hausspeichersystem durchgeführt. Begleitet wurde die Studie durch einen Feldversuch, welcher in Kooperation mit der Audi AG in der Modellkommune für Elektromobilität („eGAP“) in Garmisch-Partenkirchen durchgeführt wurde. Der ausführliche Endbericht wurde jetzt veröffentlicht und steht zum Download zur Verfügung.
 
Die Studie zeigt, dass die künftigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland eine Verbreitung von Photovoltaikanlagen mit hohem Eigenverbrauch aller Voraussicht nach begünstigen werden. Durch den Einsatz von Elektrofahrzeugen kann der Eigenverbrauch weiter gesteigert werden. Im Feldversuch Sun2Car@GAP wurde der Eigenverbrauch durch ungesteuerte Direktladung durchschnittlich um 5 % gesteigert.

Ein Simulationsmodell, welches im Rahmen des Projekts an der FfE entwickelt wurde, ermöglicht die Dimensionierung von geeigneten Hausspeichersystemen für die Probanden sowohl aus wirtschaftlichen, als auch ökologischen Gesichtspunkten. Auf diese Weise können Haushalte durch die Verwendung eines ökologisch optimalen Hausspeichersystems von 9 kWh im Jahr 2017 ihre jährlichen CO2-Emissionen um 430 kg reduzieren.
Simulationen zu intelligenten Ladesteuerungen zeigen, dass diese den Eigenverbrauch ebenfalls sichtlich erhöhen.

System aus Hausspeichersystem, Haushalt, Elektrofahrzeug und Photovoltaikanlage 
Abbildung: Haushalts- und Erzeugungslastgang - Schematische Abbildung der Funktion von Hausspeichersystemen im System aus Haushalt, Photovoltaikanlage und Elektrofahrzeug
> Vergrössern mit Klick auf Grafik

Simulationen mit einem hohen Anteil an Elektrofahrzeugen zeigten, dass erst wenn über 50 % der Haushalte ein Elektrofahrzeug besitzen, Spannungsbandverletzungen in einzelnen Netzgebieten in Garmisch-Partenkirchen zu erwarten sind. In diesen Fällen können gezielte Ladesteuerungen das Stromnetz besser entlasten als ungesteuerte Hausspeichersysteme einzelner Nutzer.
Das Projekt wurde bereits Ende 2014 abgeschlossen und zeigt weiteren Forschungs- und Entwicklungsbedarf zum Beispiel zum Einsatz von Second-Life-Batterien in der Praxis auf. Die detaillierten Ergebnisse der Studie sowie der Projektablauf wurden in einem ausführlichen Endbericht dokumentiert. Dieser Bericht steht auf dieser Seite zum Download zur Verfügung. Aufgrund des Veröffentlichungsdatums 2014 möchten wir darauf hinweisen, dass inzwischen insbesondere in Bezug auf Batteriespeicherpreise, aktuellere Daten zur Verfügung stehen.

Vorträge und Veröffentlichungen

Weitere Informationen

Sun2Car@GAP - Eigenverbrauch mit Photovoltaikenergie mit Elektrofahrzeugen
Weitere Informationen und alle Neuigkeiten über die Modellkommune für Elektromobilität finden Sie

Mittwoch, 18. November 2015

Weiteres Beispiel für Vordringen der Photovoltaik

Die Marke Sonnenhaus aus Deutschland steht künftig für „Intelligente Eigenversorgung mit Wärme, Strom und Mobilität aus der Sonne“ – Photovoltaik gewinnt an Bedeutung im Sonnenhaus-Energiekonzept.

Elf Jahre nach der Gründung des Kompetenznetzwerks für weitgehend solar beheizte Häuser haben die Mitglieder des Sonnenhaus-Instituts e.V. eine Neuausrichtung beschlossen. Stand bisher die große Solarwärmeanlage im Mittelpunkt des Bau- und Heizkonzeptes, so werden künftig vermehrt andere regenerative Technologien wie Photovoltaikanlagen integriert. Ziel wird es aber auch weiterhin bleiben, mindestens 50 Prozent des Heizenergiebedarfs in dem neuen oder zum Sonnenhaus sanierten Gebäude solar zu decken, nun jedoch mit Solarthermie und / oder Photovoltaik. 

„Die Kombination von Solarthermie und Photovoltaik ist der Schlüssel zu einer größtmöglichen Unabhängigkeit vom Energieversorger, und die wollen wir Bauherren und Sanierern bieten.“ So erklärt Georg Dasch, 1. Vorsitzender des Sonnenhaus-Instituts, die Neuausrichtung. Solarstromanlagen, auch in Kombination mit Wärmepumpen und Batteriespeichersystemen, werden deshalb künftig eine größere Bedeutung im Sonnenhaus-Konzept haben. 


Technologieoffenheit beweist das Sonnenhaus-Institut allerdings schon länger. Zahlreiche der mittlerweile 1.800 Sonnenhäuser haben bereits ein Energiedach aus Solarkollektoren und Solarstrommodulen. Ebenso gibt es schon erste Sonnenhäuser mit großer Photovoltaikanlage und Wärmepumpe. Wegen des hohen Wirkungsgrads von Solarkollektoren und des niedrigen Primärenergiebedarfs wird die Kombination aus großer Solarwärmeanlage und Holzheizung aber auch weiterhin zentral bleiben. Die Neuausrichtung wurde bereits im vergangenen Jahr eingeleitet. Seit Juni 2014 unterscheidet das Sonnenhaus-Institut folgende Kategorien: „Sonnenhaus Standard“, „Sonnenhaus Plus“, „Sonnenhaus Autark“, „Sonnenhaus f“ (mit fossiler Nachheizung) sowie „Sonnenhaus im Bestand“. Bei letzterer Kategorie handelt es sich um sanierte Gebäude, die den ersten vier Kategorien zugeordnet werden können. 


Das „Sonnenhaus Standard“ ist die klassische Variante mit großer Solarwärmeheizung und regenerativer Zuheizung. Die neuen, erweiterten Kriterien beziehen neben der Wärme auch den Haushaltsstrom mit ein: Beim „Sonnenhaus Plus“ kann eine zusätzlich installierte Photovoltaikanlage bei entsprechender Dimensionierung für eine positive Primärenergie-


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Foto: KHB-SHI-Pfauser

Jahresbilanz sorgen. Ein „Sonnenhaus Autark“ muss nicht nur für die Wärme, sondern auch für die Stromversorgung einen Autarkiegrad von mindestens 50 Prozent aufweisen. Dabei wird der Autarkiegrad als Verhältnis von eigenverbrauchtem Solarstrom zum gesamten Stromverbrauch (Technik-Hilfsstrom plus Haushaltsstrom) definiert. Beim „Sonnenhaus f“ wird mit einer Öl- oder Gasbrennwertheizung nachgeheizt. Letzteres gilt als Sonderfall. Neu errichtete Sonnenhäuser der Kategorien Standard, Plus und Autark dürfen den Primärenergiefaktor von 15 kWh/m2a nicht überschreiten. Beim Sonnenhaus f ist der Grenzwert 30 kWh/m2a einzuhalten. 

„Der extrem niedrige Primärenergieverbrauch ist unser Alleinstellungsmerkmal bei allen Energiesparhäusern“, sagt Dasch. „Angesichts der notwendigen CO2-Reduktion werden wir da auch nicht nachlassen.“ Neben der Energiekosteneinsparung und dem Beitrag zum Klimaschutz, den sie leisten, profitieren Sonnenhaus-Bewohner von dem hohen Wohnkomfort und dem unbeschwerten Umgang mit Energie, der durch die kostenfreie und Klima schonende Solarenergie möglich ist.


Weitere Informationen:
Sonnenhaus-Klassifizierung seit Juni 2014:
http://www.sonnenhaus-institut.de/wp-content/uploads/1-Sonnenhauskriterien-2014.pdf
Beispielrechnungen für Sonnenhaus-Förderung im Marktanreizprogramm:
http://www.sonnenhaus-institut.de/wp-content/uploads/solarfoerderung_beispiele.pdf 
Solarwärme für zukunftsgerechtes Wohnen:
Hintergrundartikel über das Sonnenhaus-Konzept sowie Informationen über die Innovationsförderung im Marktanreizprogramm, die seit April 2014 erstmals für Sonnenhäuser gewährt wird:
www.sonnenhaus-institut.de/solararchitektur/heizen-mit-pellets-und-sanieren/guenstigste-heizung-marktentwicklung/solarwaerme-fuer-zukunftsgerechtes-wohnen.html 

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Dienstag, 17. November 2015

Auch Kuba steigt in PV-Business ein

Wie die offizielle Kommunikationsstelle der kubanischen Regierung Granma bekannt gab, begann Anfang November 2015 der Bau der bis dato größten Photovoltaik-Anlage Kubas. Diese soll mit Investitionskosten von schätzungsweise 10 Millionen US-Dollar in der Provinz Cienfuegos errichtet werden.  

Mit Fertigstellung der 3,6-MW-Anlage wären allein in Cienfuegos 8,2 MW Photovoltaik-Kapazität installiert. Darüber hinaus möchte die kubanische Regierung zwei weitere PV-Parks mit einer vergleichbaren Kapazität in der Region in Zentralkuba errichten, wobei der Umsetzungszeitraum noch nicht bekannt ist.Der Ausbau der Photovoltaik bildet einen Teil von Kubas Plänen zur Nutzung regenerativer Stromquellen. Bereits im Juni 2014 verabschiedete die Regierung eine Strategie für den Erneuerbare-Energien-Ausbau und einen damit einhergehenden „Aktionsplan“ (Política para el Desarrollo Perspectivo de las Fuentes Renovables y el Uso Eficiente de la Energía). In dem Strategiepapier wurde das Ziel von 24% erneuerbare Energien an der Stromerzeugung bis 2030 formuliert, im Vergleich zu 4,3% im Jahr 2013. Um das Ziel zu erreichen, sollen bis 2030 u. a. rund 700 MW zusätzliche PV-Kapazität installiert werden. Derzeit sind laut Medienberichten ca. 20 MW installiert. 

Der EE-Ausbau wird von der kubanischen Regierung gesteuert und beauftragt. Das Energieministerium sowie der staatliche Energieversorger Unión Eléctrica (UNE) entscheiden darüber, welche Anlagen errichtet werden und fordern interessierte Technologie- und Dienstleistungsunternehmen zur Angebotsabgabe auf. Projektentwickler, die eine Zusage erhalten, schließen Stromabnahmeverträge mit der UNE ab.

Weitere Informationen zum Markt für erneuerbare Energien finden sich im Länderprofil Kuba, das im August 2015 veröffentlicht wurde. Unternehmen, die sich speziell für die Potenziale der Photovoltaik in den Bereichen Industrie und Tourismus in Kuba interessieren, können zur Kontakt- und Geschäftsanbahnung vom 26. bis 30. September 2016 an der AHK-Geschäftsreise zum Thema „Energieeffizienz und erneuerbare Energien in der Industrie auf Kuba“ teilnehmen, die in Havanna, Kuba, stattfinden wird. Die Informationsveranstaltung zu der Geschäftsreise findet im Vorfeld am 21.06.2016 in Berlin statt.

Samstag, 14. November 2015

Lenkungssteuern erst am Sankt-Nimmerleins-Tag

Swissolar-Präsident Roger Nordmann hat am Firmenjubiläum von TNC in Zürich gegen die im Rahmen der zweiten Etappe der Energiewende vorgesehenen Lenkungssteuern Stellung bezogen. 

Es gibt sie, die Firmen, die schon seit 30 Jahren im Solargeschäft sind – wie die TNC (Thomas Nordmann Consulting), die in dieser Woche ihr seltenes Jubiläum mit 120 Geladenen feierte. Beheimatet ist die TNC in Feldmeilen am Zürichsee, gefeiert wurde in Zürich selbst, unter anderem mit einer Schar illustrer älterer – und jüngerer – Solarkämpen, von denen die meisten im Laufe der Jahre auch beim Fachverband Swissolar aktiv waren. Geprägt war die Veranstaltung von durchaus vorhandenem Optimismus – wenn auch die für die zweite Etappe der Energiewende Schweiz vorgesehenen Lenkungssteuern durchfielen. 

Optimismus gilt nicht zuletzt für den Firmengründer Thomas Nordmann, der gemäss dem Motto einer «Energie Zukunfts-Werkstatt» drei Generationengespräche ansetzte, in denen erfahrene Solarpioniere auf jüngere Aktivisten trafen. So etwa, als Hans Luzius Schmid, langjährig in Bern zuständig für die bundesrätliche Energiepolitik, für Gelassenheit plädierte – im Sinne von «es komme dann schon gut». Mit dieser Haltung lag er etwas quer zum umtriebigen und noch jungen Waadtländer SP-Nationalrat Roger Nordmann, seines Zeichens aber auch schon ein paar Jahre Präsident von Swissolar und Verfasser des Buchs «Atom- und Erdölfrei in die Zukunft». 

Roger Nordmann, nur namens- und allenfalls geistes-, aber nicht blutsverwandt mit dem gefeierten Firmenjubilar, nahm eindeutig Stellung zur aktuellen energiepolitischen Diskussion im Eidgenössischen Parlament. Die vom Nationalrat in seiner alten Besetzung und dann auch vom Ständerat verabschiedete Energiestrategie 2050 bezeichnete er mit Abstrichen als gute Lösung. Eine Absage erteilte er hingegen den von Bundesrätin Evelyne Widmer-Schlumpf für die 2. Etappe vorgesehenen Lenkungssteuern: Zu kompliziert, zu kopflastig, eine Ausgeburt der Ökonomenkaste und vor allem politisch ohne jegliche Chance sei die Vorlage. 

Da vertraut der Swissolar-Präsident eher der politischen Vernunft, die im Laufe der Zeit angepasste Lösungen finden werde – selbst für eine der grösseren Kröten, die im Rahmen der ersten Etappe der Energiewende zu schlucken ist, nämlich das Auslaufen der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV). Doch wenn es anfangs der 2020er Jahre so weit ist, werde die Politik schon Lösungen finden, um den eingeschlagenen Weg sinnvoll weiter zu verfolgen. Nordmann setzt dabei nicht zuletzt auch auf Exponenten der Freisinnig-Liberalen, die der Energiewende nicht durchwegs ablehnend gegenüber stünden und die ihr wohl auch in der im Frühjahr anstehenden Schlussabstimmung zur ersten Etappe zum Durchbruch verhelfen könnten. Weniger erhofft er sich demgegenüber von landwirtschaftlichen Kreisen, die zwar mit ihren grossen PV-Anlagen auf den bäuerlichen Gewerbebauten zu den grössten Profiteuren der aktuellen Regelung zählen, dies aber einfach noch nicht realisiert hätten. 

Das TNC-Firmenjubiläum zeigte im übrigen, dass die technologische Entwicklung längst nicht ihr Reifestadium erreicht hat. Ganz im Gegenteil: Jetzt stehen all die Steuerungskonzepte vor der Markteinführung, die es erlauben, verschiedene Elemente der Energiewende auf dezentraler Ebene zusammenzufügen. Dazu steuert auch TNC eine interessante Lösung bei, die unter der Bezeichnung TNCall vier Bereiche verbindet – Energieeffizienz-Massnahmen, die direkte Steuerung der PV-Anlage, die Verbindung zum Stromnetz, zur Wärmepumpe und zur Elektromobilität (E-Auto-Ladung). Und ja – Sie haben richtig gelesen in dieser Variante spielt die thermische Wärmeerzeugung durch Sonnenkollektoren kaum mehr eine Rolle – die Photovolatik hat ihr preismässig offenbar einfach den Rang abgelaufen. Was an der Jubiläums-Tagung der TNC naturgemäss nicht ohne Widerspruch blieb.

Endlich mehr Realismus bei Energieprogrnosen

Der diese Woche veröffentlichte "World Energy Outlook" der Internationalen Energieagentur (IEA) reiht sich ein in eine lange Tradition: Potenziale von erneuerbaren Energien werden klein geredet, konventionelle Energiequellen überschätzt, kritisiert Hans-Josef Fell, Ex-Bundestagsabgeordneter und Präsident der Energy Watch Group. Mit Blick auf die entscheidende UN-Klimakonferenz müsse die IEA endlich einen realistischen Wegweiser liefern.

Die letzten Entwicklungen rund um den Ölpreis verdeutlichten, dass das Energiesystem an einem Wendepunkt steht. Der tiefe Ölpreis hat die bereits bestehende Schieflage der Ölfirmen noch verstärkt. Ohne die Null-Zinspolitik und massive Subventionen wären die meisten Firmen nicht mehr überlebensfähig. Es ist absolut offen, ob die Transformation des Systems  verträglich oder mit Verwerfungen vor sich gehen wird. Entweder wird ein hoher Ölpreis die Wirtschaft zerreißen, oder ein niedriger die Ölfirmen.

Gerade deshalb wären brauchbare Wegweiser unerlässlich – und was macht die IEA? Sie fabuliert im aktuellen "World Energy Outlook" (WEO) von einem weltweiten Ölverbrauch bis zum Jahr 2040 von 103,5 Mb/Tag. Dies ist in Anbetracht der überschuldeten Ölfirmen und den eigenen Warnungen der IEA vor den stark zurückgefahrenen Investitionen im Erdölsektor völlig unrealistisch. Bereits im Jahr 2014 lagen die Nettoinvestitionen in neue Stromerzeugungskapazitäten erstmals bei den Erneuerbaren höher als bei fossilen Kraftwerken.

Die irreführenden Prognosen beschränken sich aber keinesfalls nur auf den Erdölsektor. Der Elektrizitätsanteil der Kohle soll nur von 41 Prozent auf 30 Prozent abnehmen. Mit anderen Worten: Die bestehenden Kohlekraftwerke laufen weiter und wenige neue kommen dazu. Insbesondere in Anbetracht der aktuellen Kohlekrise und dem Exodus der Kohleinvestoren sind diese Annahmen mehr als fragwürdig. Auch die beginnenden Anstrengungen Chinas die Luftreinhaltung mit einer Verringerung der Kohlekraft zu erreichen, scheint die IEA nicht ernst zu nehmen. Weiter soll der Anteil der Kernkraft an der Stromversorgung bis ins Jahr 2040 konstant bleiben was einen jährlichen Nettozuwachs voraussetzt. Diese Annahmen sind schlichtweg nicht haltbar, wenn bedacht wird, dass die Uranvorkommen nicht ausreichen, Plutoniumreaktoren nicht sicher sind.

Im hohen Masse unverantwortlich sind die Projektionen zu den erneuerbaren Energien. Die IEA geht bei Wind- und Photovoltaikanlagen von jährlich tieferen Wachstumsraten aus, als sie in den letzten Jahren stattgefunden haben. Die IEA spricht sogar von rückläufigen Wachstumszahlen, obwohl bereits heute exponentielles Wachstums erreicht wurde. Der WEO-Bericht zählt weltweit zu den bedeutendsten Energiemarktanalysen und findet international große Beachtung. Der Einfluss auf politische wie ökonomische Entscheidungen, die Regierungen weltweit fällen, ist entsprechend groß. Es erstaunt daher nicht, dass die fehlerhaften Projektionen der Vergangenheit des World Energy Outlook zu hohen Investitionen in konventionelle Energien führen. Dadurch wird die weltweite globale Energiewende behindert und der Kampf gegen den Klimawandel untergraben. Gleichzeitig nehmen Industrieländer hohe Luftverschmutzungen in Städten und Umweltkatastrophen wie zuletzt im Golf von Mexiko und in Fukushima in Kauf, denn der WEO sendet immer noch das Signal, der Ausbau der erneuerbaren Energien könne die Weltversorgung nicht übernehmen.
 
Die Projektionen für die erneuerbaren Energien in Studien wie Bloomberg New Energy Finance (BNEF) oder SolarPower Europe (SPE) sind viel höher als die von der IEA. Die WEO Prognosen für erneuerbare Energien sind so niedrig wie von ExxonMobil oder Shell. Die fossilen Energieproduzenten versuchen seit Jahren die globale Energiewende zu verhindern, ein notorisches Beispiel ist ExxonMobil. Exxon war bereits im Jahr 1978 über den Klimawandel informiert; aber anstatt die Welt darüber zu informieren, wurde die Wissenschaft konsequent ignoriert und die Klimapolitik seither behindert. Die IEA treibt mit ihren Projektionen zur Nuklearenergie auch viele Nationen in Finanzdesaster, weil die Baukosten viel teurer werden und keine nennenswerten Stromproduktionen stattfinden, wie etwa bei den Atomkraftwerken Olkiluoto, Flamanville oder Hinkley Point.
 
Gerade mit Blick auf die kommende UN-Klimakonferenz in Paris sind die Annahmen der IEA befremdlich und zementieren den Status quo. Der Kampf gegen den Klimawandel benötigt eine massive Verlagerung von Investitionen hin zu erneuerbaren Energien. Deshalb sind Entscheidungsgrundlagen notwendig, welche die realen Potentiale und Chancen der erneuerbaren Energien für die Wirtschaft aufzeigen und vor einer Carbon Bubble schützen. Die IEA höchstpersönlich fordert im Rahmen der UN-Klimakonferenz in Paris ein Abkommen nach dem die globalen Treibhausgas-Emissionen im Jahr 2020 ihren Höhepunkt erreichen sollen. Gleichzeitig veröffentlicht die IEA mit dem WEO aber Entscheidungsgrundlagen, welche die Erreichung solcher Ziele behindern.
 
Ja, die IEA warnt zwar zunehmend vor den Auswirkungen des Klimawandels und vor ökonomischen Fehlentwicklungen. Dies zum Beispiel in einem Bericht über die hohen fossilen Subventionen mit etwa 115 US-Dollar pro Tonnen CO2 Emission. Im Kern ist die IEA mit ihren Prognosen über die angeblichen schwachen Wachstumsmöglichkeiten der erneuerbaren Energien aber der hauptsächliche Verhinderer eines wirklich erfolgreichen Klimaschutzes mit Nullemissionen als Ziel. Die IEA Projektionen geraten zunehmend unter Druck, wie etwa durch den letzten Carbon Tracker Report und auch die Medien greifen die irreführenden Prognosen verstärkt auf. In Finnland wurde die Regierung dafür kritisiert, dass sie ihre Energiepolitik nach der IEA ausrichtet. 

Dass die Zukunft anders aussehen kann, zeigen positive Beispiele wie die globale Divestment Kampagne oder Städte und Länder wie beispielsweise Schweden, die 100 Prozent erneuerbar gehen wollen. Der Siegeszug der erneuerbaren Energien ist unaufhaltsam. Für das Weltklima ist es aber absolut zentral, wie schnell die Transformation des Energiesystems voranschreitet und dass der Prozess nicht von einflussreichen Meinungsmachern verschleppt wird. Die IEA macht sich mit ihren Publikationen selbst zu einem zentralen Verursacher der im WEO beklagten Emissionssteigerungen und dem zunehmenden Klimawandel. Die aktuelle Strategie der IEA scheint zu sein, völlig inakzeptable Zahlen als fortschrittlich zu kommunizieren. Die IEA kann nicht mehr als glaubwürdiger Energieanalyst ernst genommen werden.

Die Energy Watch Group ruft die IEA dazu auf, das exponentielle Wachstum der erneuerbaren Energien anzuerkennen und endlich realistische Energieszenarien zu entwickeln. Die Berechnungsmodelle der IEA müssen transparenter werden und unabhängigen Peer-Reviews unterzogen werden. Damit die IEA nicht weiter ein Teil des Problems sondern ein Teil der Lösung sein kann, sind Reformen dringend notwendig. Dazu muss sich die IEA sowohl von ihrer Entstehungsgeschichte, die zurückgeht auf die Ölkrise 1973, als auch von der Einvernahme durch die Interessen der konventionellen Energiewirtschaft lösen. Die IEA tragenden OECD Länder, allen voran die USA, müssen der IEA endlich freie Hand für fehlerfreie Analysen geben.

Quelle:  Hans-Josef Fell - Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Autor des EEG 2000

Donnerstag, 12. November 2015

So senkt der Bund die PV-Vergütung

Der Bundesrat senkt die Photovoltaik-Vergütungssätze für die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) in zwei Schritten per 1. April und per 1. Oktober 2016 um sieben bis 14 Prozent. Diese und weitere Änderungen hat der Bundesrat in einer Revision der Energieverordnung festgelegt, die per 1. Januar 2016 in Kraft tritt. 

Im Verlaufe des Jahres 2015 wurden die KEV-Vergütungssätze für Photovoltaik-Anlagen sowie die Ansätze der Einmalvergütung (EIV) für kleine Photovoltaik-Anlagen erneut überprüft. Es wurde festgestellt, dass die Preise und damit die Gestehungskosten auf dem Photovoltaik-Markt erneut gefallen sind.  Deshalb werden die KEV-Vergütungssätze für Photovoltaik-Anlagen in zwei Schritten per 1. April und 1. Oktober 2016 abgesenkt. Per 1. Oktober 2016 liegen sie damit - je nach Anlagengrösse - zwischen 7 und 14 Prozent unter den Vergütungssätzen des Jahres 2015. Massgebend ist jeweils das Datum der Inbetriebnahme einer Anlage. Die neuen Vergütungssätze sollen mindestens bis März 2017 Bestand haben. Die Einmalvergütungen für kleine Photovoltaik-Anlagen bis 30 kW bleiben bis März 2017 unverändert. Die Vergütungssätze der anderen Technologien bleiben vorerst unverändert, werden aber derzeit überprüft und zu einem späteren Zeitpunkt angepasst.

Aufgrund der nach wie vor langen KEV-Warteliste und der damit verbundenen jahrelangen Wartezeit wird Projektanten von Photovoltaik-Anlagen bis zu einer Leistung von 30 kW empfohlen, anstelle der KEV die Einmalvergütung zu wählen. Diese wird in der Regel wenige Monate nach Inbetriebnahme der Anlage und der Einreichung der vollständigen Unterlagen bei der Swissgrid AG ausbezahlt. Weitere Änderungen, die vom Bundesrat im Rahmen dieser Revision beschlossen wurden, betreffen allgemeine Vollzugsfragen, Präzisierungen zur KEV sowie Anpassungen der Stromversorgungsverordnung. 

Zur vorliegenden Revision wurde vom 7. Mai bis 8. Juli 2015 eine Anhörung durchgeführt. Die Mehrheit der insgesamt 77 eingegangenen Stellungnahmen stimmt den Anpassungen grundsätzlich zu, und die neuen KEV-Vergütungssätze werden grösstenteils explizit begrüsst. Wirtschaftsnahe Organisationen bezeichnen sie aber als weiterhin zu hoch. Die betroffene Branche hingegen warnt vor zu hohem Preisdruck. Die unveränderte Höhe der Einmalvergütungen stiess fast ausnahmslos auf Zustimmung. Die Ergebnisse der Anhörung wurden im Oktober 2015 in einem Bericht publiziert.


Adresse für Rückfragen
Marianne Zünd, Leiterin Kommunikation BFE
058 462 56 75, 079 763 86 11
marianne.zuend@bfe.admin.ch

Herausgeber
Der Bundesrat
https://www.admin.ch/gov/de/start.html

Generalsekretariat UVEK
https://www.uvek.admin.ch/uvek/de/home.html

Bundesamt für Energie
http://www.bfe.admin.ch


Dokumente

Mittwoch, 11. November 2015

Erneut gehen Europäische Solarpreise in die Schweiz

Am 23. November 2015 werden in Prag die Europäischen Solarpreise für herausragendes Engagement im Bereich Erneuerbare Energien vergeben. Trotz 52 Konkurrenzprojekten aus verschiedenen EU-Ländern zählen gleich drei Schweizer zu den Gewinnern. Als Besonderheit wird auch der weltweit erste Solarbagger mit Elektroantrieb von Markus Affentranger mit dem Europäischen Solarpreis 2015 ausgezeichnet. Das sind die CH-Preisträger:


Europäischer Solarpreis für 238%-PEB Cavigelli Ingenieure, 7130 Ilanz/Glion (GR)
Optisch modern und technisch einwandfrei präsentiert sich der «Monolith» in Ilanz, der ersten Stadt am Rhein. Die im Flachdach optimal nach Ost-West ausgerichtete und sorgfältig integrierte PV-Anlage erzeugt knapp 30’000 kWh/a. Die Lärchenlamellen ermöglichen im Winterhalbjahr die passive Solarnutzung und schützen im Sommer vor Überhitzung. Dank guter Wärmedämmung, einer Erdsonden-Wärmepumpe, Kom- fortlüftungsanlage, A++-Haushaltsgeräten, 91% LED-Lampen und einer ansprechenden Solararchitektur benötigt der Verwaltungsneubau mit 24 Mitarbeiter/innen insgesamt bloss 12’600 kWh/a. Damit weist der PlusEnergie-Verwaltungsbau der Cavigelli Ingenieure AG eine Eigenenergieversorgung von 238% auf.



Europäischer Solarpreis für 131%-PEB-MFH Hardegger, 8102 Oberengstringen/ZH

Das Vierfamilienhaus Hardegger aus den 1950er Jahren konsumierte vor der Sanierung 66’800 kWh/a. Dank guter Wärmedämmung, energieeffizienten Haushaltsgeräten und LED-Lampen sank der Gesamtenergiebe- darf um 72% auf 18’800 kWh/a. Die 31.3 kW starke PV-Anlage erzeugt 24’500 kWh/a, 41% davon nordsei- tig, und garantiert eine Eigenenergieversorgung von 131%. Die PlusEnergie-Bausanierung im Minergie-P- Eco-Standard in Oberengstringens Kernzone fügt sich optimal in das historische Ortsbild ein und wertet es auf. Hardeggers PEB-Sanierung erfüllt mit den reduzierten Energieverlusten und der vorbildlichen Stromer- zeugung die wichtigsten Voraussetzungen für die Energiewende überhaupt. Mit dem Solarstromüberschuss von 5’750 kWh/a könnte ein Elektromobil die Welt einmal umrunden. 




Europäischer Solarpreis für Solarbagger Affentranger, 6147 Altbüron/LU

Der innovative Bauunternehmer Markus Affentranger initiierte den weltweit ersten 16-Tonnen-Solarbagger mit Elektroantrieb. Dazu arbeitete er zusammen mit der Hochschule NTB in Buchs und dem Baumaschinen- hersteller Huppenkothen. Der SUNCAR-Elektrobagger ist geräuscharm, emittiert keine Schadstoffe und ver- fügt mit 75 bis 167 kW über eine erheblich höhere Leistung als vergleichbare Dieselbagger mit knapp 70 kW. Der umgebaute Takeuchi-Bagger benötigt statt 150’000 kWh/a nur 30’000 kWh/a oder einen Fünftel eines Dieselbaggers. Dies ist knapp 1% der 3.2 GWh/a der hauseigenen Solarstromproduktion von Markus Affentranger und Markus Bösiger. Die Batteriekapazität beträgt 190 kWh und ermöglicht einen 9-Stunden- Tageseinsatz. Im Vergleich zu einem Dieselbagger emittiert der Solarbagger jährlich 40 t CO2 weniger und spart 21’000 Fr. Treibstoffkosten pro Jahr. 

Quelle: Solaragentur

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Dienstag, 10. November 2015

Zubau an PV-Anlagen hält unvermindert an

Bald werden die weltweit installierten Solarkapazitäten die 300-Gigawatt-Grenze erreichen (Ende 2014: 177 GW). Das gilt insbesondere, wenn die für 2015 und 2016 prognostizierten Zubauzahlen erreicht werden.

Das amerikanische Marktforschungsunternehmen IHS Inc. prognostiziert für das erste Halbjahr 2016 einen starken Anstieg bei der Herstellung und den Verkäufen von Photovoltaikprodukten. Ursächlich dafür seien unter anderem bereits proklamierte Installationsziele sowie Steuervergünstigungen in den beiden weltweit größten Solarmärkten China und USA. Nach IHS-Ansicht steigen die Installationen 2015 um 33 Prozent auf 58,7 Gigawatt. Im kommenden Jahr liege die Steigerung bei zwölf Prozent, die Nachfrage werde 65,5 Gigawatt erreichen. 

Die Preise würden nicht sinken. Im zweiten Halbjahr 2016 stießen die meisten »Tier-1«-Modulhersteller sowie Waferproduzenten dann an ihre Grenzen hinsichtlich der Verfügbarkeit ihrer Produkte. Die Preise für Wafer könnten für einen Zeitraum von einigen Monaten steigen. Weil aber in China sowie in den USA viele Großanlagen in der ersten Jahreshälfte 2016 installiert seien, sinke der durchschnittliche Verkaufspreis bei Photovoltaikprodukten im zweiten Halbjahr, vermutet IHS. Im darauffolgenden Jahr werde sich die weltweite Photovoltaiknachfrage abschwächen, was die Verkaufspreise und Margen beeinflusse. 

Quellen: PHOTON / www.ihs.com

press.ihs.com/press-release/technology/record-photovoltaic-module-production-and-shipments-forecast-through-first-

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Samstag, 7. November 2015

Klimaschutz geht ohne Atomenergie

Photovoltaik und Windkraft können Atomstrom ersetzen – Energieexperten des DIW Berlin: Renaissance der Atomkraft ist weder sinnvoll noch nötig –  Finanzierung des Rückbaus der Atomkraftwerke und der Endlagersuche sollte über öffentlich-rechtlichen Fonds gesichert werden.

Die europäischen Klimaschutzziele sind nicht gefährdet, wenn bestehende Atomkraftwerke nach und nach abgeschaltet und keine neuen mehr gebaut werden. Das ergeben Fallstudien sowie Szenarioanalysen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), denen zufolge die Emissionsminderungsziele in Europa bei einem deutlichen Ausbau erneuerbarer Energien auch gänzlich ohne Atomkraft erreicht werden können. „Europa braucht die Atomkraft nicht“, sagt Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt am DIW Berlin.  

„Deutlich gestiegene Investitionskosten für neue Atomkraftwerke, zunehmende Betriebskosten und ungelöste Fragen des Rückbaus und der Endlagerung machen die Technologie auch wirtschaftlich derart unattraktiv, dass es eine Renaissance der Atomkraft nicht gibt und auch nicht mehr geben wird.“ Vor allem die immer günstigere Stromproduktion aus Windkraft und Photovoltaik könne die Rückgänge bei der Atomkraft kompensieren. Kemfert - siehe Bild - wird kommenden Freitag, 13. November, auch am AEE-Kongress in Basel auftreten. Die Energieexperten des DIW Berlin sprechen sich dafür aus, die Finanzierung des Rückbaus der Atomkraftwerke und der Entsorgung der radioaktiven Abfälle in Deutschland über einen öffentlich-rechtlichen Fonds zu sichern. Dieser Atomfonds könnte die Rechtsform eines Sondervermögens des Bundes oder einer öffentlich-rechtlichen Stiftung haben. Die Einzahlung der Konzerne könnte in Anlehnung an die Aufbauphase des Bankenrestrukturierungsfonds über acht bis zehn Jahre gestreckt werden.

Die Atomkraft ist in der westlichen Welt ein Auslaufmodell: In vielen Ländern ist der Ausbau beinahe zum Erliegen gekommen, schon heute gehen mehr Kapazitäten vom Netz, als neue hinzukommen. Der Anteil der Atomkraft an der weltweiten Stromproduktion ist in den vergangenen 20 Jahren von 17 auf elf Prozent gesunken. Die meisten der weltweit betriebenen rund 400 Atomkraftwerke sind alt und müssen immer komplexere und teurere Sicherheitsanforderungen erfüllen. Neue Kraftwerke werden nur noch in wenigen Ländern gebaut, darunter China, Russland und Großbritannien (Hinkley Point). Die Projekte verzögern sich oftmals und sind letztlich teurer als geplant. „Noch nie ist auf der Welt auch nur ein einziges Atomkraftwerk ohne umfangreiche staatlichen Beihilfen gebaut worden“, erklärt DIW-Forschungsdirektor Christian von Hirschhausen. Verschärfte Rahmenbedingungen belasten zunehmend die Bilanzen der Atomkonzerne, die vor teilweise existentiellen Herausforderungen stehen.

Angesichts des auch deshalb bereits stattfindenden Wandels hin zu erneuerbaren Energien hat das DIW Berlin mit einem Strommarktmodell verschiedene Entwicklungspfade der Stromwirtschaft in Europa berechnet. Das Ergebnis: Im Szenario „Keine neue Atomkraft“ könnten im Jahr 2050 alle Atomkraftwerke durch einen massiven Ausbau der Windkraft und Photovoltaik sowie der Speicherkapazitäten ersetzt werden – bei gleichzeitig stattfindender Dekarbonisierung. Würde zusätzlich die Energieeffizienz deutlich steigen, wäre der Speicherausbau sogar weitgehend verzichtbar. In diesem Szenario („Keine neue Atomkraft & Energieeffizienz“) wären die Gesamtkosten, die unter anderem aus den Investitionskosten in neue Stromerzeugungskapazitäten und Netze sowie den Betriebs- und Erzeugungskosten bestehen, mit Abstand die niedrigsten. Doch auch im Szenario „Keine neue Atomkraft“ sind die volkswirtschaftlichen Kosten niedriger als für den Fall einer Laufzeitverlängerung alter Atomkraftwerke in Europa.

Wenn Atomkraftwerke stillgelegt werden, kommen hohe Kosten für den Rückbau auf die Energiekonzerne zu. Zudem müssen sie die Finanzierung der Entsorgung und Endlagerung der radioaktiven Abfälle sicherstellen. Obwohl ein vom Bundeswirtschaftsministerium veranlasster Stresstest im August dieses Jahres ergab, dass E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW für die Entsorgungsverpflichtungen einstehen können, bleiben die Energieexperten des DIW Berlin skeptisch: Die Konzerne verlieren an der Börse an Wert, zudem könnten sich schwankende Strompreise und weitere technische Herausforderungen in den Bilanzen niederschlagen. „Mit der Einrichtung eines öffentlich-rechtlichen Fonds sollte die Finanzierung dauerhaft gesichert werden“, sagt DIW-Forschungsdirektorin Dorothea Schäfer. Um die in Deutschland erwarteten Kosten bis zum Jahr 2099 decken zu können, wären zweistellige Milliardenbeträge nötig: Nimmt man einen – angesichts der aktuellen Niedrigzinsphase realistischen – Zinssatz von 1,5 Prozent an, müssten bis zum Jahr 2024 insgesamt 82 Milliarden Euro zusammenkommen. Bei einem Zinssatz in Höhe von 4,58 Prozent, den die Konzerne bisher für ihre Rückstellungen verwendet haben, läge das Zielvolumen immer noch bei 35 Milliarden Euro.

 „Alternativen wie eine privat-rechtliche Stiftungslösung sind im Falle der Atomwirtschaft nicht geeignet“, sagt Rechtsanwältin und Co-Autorin Cornelia Ziehm und verweist in diesem Zusammenhang auf die finanzkräftige RAG-Stiftung, die die Ewigkeitskosten des Steinkohlebergbaus tragen soll. Selbst bei ihr bestünden erhebliche Risiken für die öffentliche Hand, auf den Kosten sitzen zu bleiben – und die zu erwartenden Kosten im Atombereich seien noch wesentlich höher. Bei der derzeitigen Praxis der internen Rückstellungen der Atomkonzerne bestehe die Gefahr, dass sich diese ihrer finanziellen Verantwortung durch Umstrukturierungen zumindest teilweise entziehen.


DIW Wochenbericht 45/2015 | PDF, 1 MB
DIW Wochenbericht 45/2015 als E-Book | EPUB, 2.48 MB
Interview mit Claudia Kemfert (Print | PDF, 102.93 KB und Audio) | MP3, 4.37 MB

Quelle: DIW

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Freitag, 6. November 2015

PV nun in die Fassade integrieren

Um die gebäudeintegrierte Photovoltaik voran zu bringen, sind vor allem Argumente über die Vorteile der Solarfassade notwendig. Dies ist der Eigenverbrauch, der in Zukunft der Markttreiber für die BIPV sein wird. Aber es gibt noch weitere Hürden auf dem Weg zum funktionierenden Geschäftsmodell. Ein Bericht des Web-Portals Photovoltaik von der Conference on Advanced Building Skins in Bern. Vom Portal stammt die gleichnamige Zeitschrift, deren neueste Nummer  10/15 sich intensiv mit Eigenverbrauch befasst.

Am zweiten Tag standen auf der Conference on Advanced Building Skins in Bern unter anderem die Geschäftsmodelle für die Gebäudeintegration der Photovoltaik auf dem Programm. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie kann man den Architekten und den Fassadenbauer davon überzeugen, Photovoltaik in die Fassade zu integrieren. Während oftmals der Preis das zentrale Argument ist, die Photovoltaik nicht in die Fassade zu bauen, zeigt Christian Renken von CR Energie Sarl im Schweizerischen Collombey, dass das Preisargument nicht immer gerechtfertigt ist.

Die Anlage der CSEM in Neuenburg ist mit genügend Abstand zur eigentlichen Fassade installiert, so dass die Module ausreichend hinterlüftet sind (Bild: CSEM).

 


Immerhin muss der Bauherr für eine Holzfassade 220 Schweizer Franken pro Quadratmeter bezahlen. Will er eine hochwertige Glasfassade, kostet diese schon 310 Schweizer Franken pro Quadratmeter. Eine Natursteinfassade schlägt mit satten 360 Schweizer Franken pro Quadratmeter zu Buche. Im Vergleich dazu ist eine Fassade mit standardisierten Dünnschichtmodulen schon für 80 Franken pro Quadratmeter zu haben. Eine Fassade mit kristallinen Modulen kostet 200 Franken pro Quadratmeter. Erst wenn man eine hochwertige Fassade mit kundenspezifischen Modulen haben will, können die Preise bis auf 500 Franken pro Quadratmeter steigen.
 
Auch im Vergleich mit der an das Gebäude gebaute Photovoltaik schneidet die gebäudeintegrierte Variante nicht so schlecht ab und die Anwendungen werden billiger. Zeger Vroon von der Zuyd Universität of Applied Sciences verweist dazu auf die Roadmap der Internationalen Energieagentur. Diese sieht die Preise für die BIPV und die normale Photovoltaik bis 2020 im besten Fall gleich auf liegen. Im schlechtesten Fall werden die Preise für die BIPV-Anwendungen dann zwar immer noch um den Faktor 1,6 über denen von Aufdachanlagen liegen. Im Vergleich zu heute ist das ein enormer Rückgang.

Die eigentliche Herausforderung ist also weniger der Preis. Vielmehr muss die Photovoltaikbranche auf die Komplexität im Fassadenbau eingehen.  „Das ist nicht so einfach“, erklärt Zeger Vroon. „Denn es sind viele Partner involviert und es gibt viele Produkte auf dem Markt, mit denen diese Partner zurechtkommen müssen.“ Dabei ist es wichtig, dass die Photovoltaik gleich am Anfang des Projektes mit eingebunden wird. „Wir müssen dann an den Architekten herantreten, wenn das Projekt am Anfang steht“, betont Christian Renken von CR Energie Sarl. „Denn später ist das Projekt auf dem Papier fertig, dann sind kaum noch Änderungen möglich.“
 

Hat es die Photovoltaik in die Gebäudehülle geschafft, bekommt Gebäudeeigentümer aber eine perfekte Eigenverbrauchsanlage. Und das ist es, was den Markt treiben wird. „Wir müssen die Energie dort konsumieren, wo sie produziert wird und dort produzieren, wo sie konsumiert wird“, bringt es Valérick Cassagne von der Sparte der erneuerbaren Energien beim französischen Energieversorger Total auf den Punkt. „Mit einer Fassadenanlage bekommt der Gebäudeeigentümer eine konstante und stabile Stromproduktion aus der Solaranlage“, erklärt Christian Renken von CR Energie Sarl. „Damit sind auch ohne Speichersysteme 80 Prozent Eigenverbrauch problemlos möglich. Damit brauchen wir keine riesigen Batterien mehr im Gebäude, in den wir den enormen Stromüberschuss am Mittag speichern.“ Da schließt sich der Bogen wieder zum Preis. Denn selbst wenn im Jahr 2020 die BIPV immer noch leicht teurer sein sollte als die an das Gebäude gebaute Photovoltaik, mit geringeren Investitionen in Speichersysteme macht sie diesen Preisunterschied allemal wett.

Wichtig ist es vor allem die Installation zu vereinfachen. Denn neben den Produkten ist auch die Arbeit an der Fassade nicht ganz einfach und schreckt viele Fassadenbauer ab. Eine einfache Installation in Verbindung mit dem Eigenverbrauchsmodell, brauchbaren und vor allem verfügbaren Produkten und einer engen Zusammenarbeit mit den Architekten und Fassadenbauern ist der Weg in den Markt für die BIPV. So zumindest ist das Credo in der Branche, die mit Zuversicht in die Zukunft blickt.

Quelle: Photovolatik

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