Sonntag, 20. März 2011

Atomskepsis und Alternativen

Schweizer Energieexponenten überbieten sich plötzlich in atomarer Skepsis. Selbst die Exponenten der Stromwirtschaft gehören dazu – angesichts der Tatsache, dass sie noch bis vor zehn Tagen wirklich keine einzige realistische Alternative sahen. Von solchen ist allerdings in den Sonntagsblättern weiterhin wenig zu vernehmen, obwohl es sie gibt.

«Ich glaube, dass der Schock so gross ist, dass niemand in nächster Zeit daran denkt, die Planung für Ersatzkernkraftwerke wieder aufzunehmen», sagte Heinz Karrer in einem Interview mit dem «SonntagsBlick». Das ist nur eine von vielen prägnanten Aussagen in den Sonntagszeitungen dieses Wochenendes. Sie stellen viele Meinungen und Absichten, die bis vor kurzem als unerschütterlich galten, auf den Kopf. Der Axpo-Chef weiter: Die für 2013 vorgesehene Abstimmung über AKW werde es «garantiert» nicht geben. «Das ist vom Tisch.»

Weiteres Beispiel gefällig: Der Aargauer «Sonntag» stammt ja aus dem typischen Schweizer Atomkanton. Seine Berichterstattung fiel schon am vergangenen Wochenende erstaunlich atomkritisch aus (siehe Solarmedia vom 13. März 2011) – er macht an diesem Sonntag darauf aufmerksam, dass mit der BDP nun eine erste bürgerliche Partei aus dem bisherigen Pro-Atom-Konsens der Bürgerlichen auszuscheren scheint – und damit auch die erste bürgerliche Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Ebenso vermeldet der Sonntag als einziges Blatt, dass Karrer offenbar das Gesuch für den Bau neuer AKW’s zurückziehen wollte – die Alpiq als anderer grosser Schweizer Atomkonzern sich dem widersetzte. Es blieb bei der Sistierung der Gesuche durch Bundesrätin Leuthard.

Nun zu den Alternativen.
Natürlich steht für den Blog Solarmedia die Nutzung der Solarenergie im Vordergrund – unterdessen Hunderte von Artikeln (um genau zu sein bald deren 1000) haben in den vergangenen beiden Jahren immer wieder von diesen Alternativen berichtet. In der Sonntagspresse steht anderes im Vordergrund – die vermehrte Nutzung der Wasserkraft und der allfällige Bau neuer Gaskraftwerke.

Aus der Sonntagslektüre stechen zwei Erkenntnisse hervor: Die Botschaft, dass insbesondere die solare Energieerzeugung – und zwar sowohl von Wärme wie von Strom – eine hervorstechende und auch für die Schweiz geeignete Alternative ist, wird immer noch zu wenig reflektiert und weiter entwickelt. Und der Erkenntnis, dass im Grossanlagenbereich Gaskraftwerke vonnöten sind, fehlt die Folgerung, dass solche Gaskraftwerke sukzessive und zunehmend auf «Biogas» verschiedenster Herkunft umgestellt werden können. Gerade hat GreenpeaceEnergy in Deutschland ein Projekt gestartet, das Windstrom durch Umwandlung in Methangas nicht nur speicherbar machen würde, sondern auch die bisherige Infrastruktur nutzbringend anwenden würde.

Als einzig umfassendes Konzept kommt jenes des Westschweizer Nationalrats Roger Nordmann zur Sprache (erneut im «Sonntag»), das die verschiedenen Potenziale der Erneuerbaren differenziert abschätzt – 1,2 Prozent der Oberfläche der Schweiz mit modernsten Photovoltaikmodulen belegt, würden nach seinen Berechnungen den gesamten Stromverbrauch erzeugen! Die anderen Erneuerbaren bräuchte es, um den unregelmässigen Anfall der Solarenergie auszugleichen – eine Vollversorgung aber mit Erneuerbaren wäre absolut möglich. Diese wirkliche Alternative zu diskutieren, hat die Zeit nun eingesetzt.

© Solarmedia

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