Seit der Verleihung der Schweizer Solarpreise im vergangenen Herbst wissen wir auch hierzulande: Das Plusenergiehaus ist möglich. Jetzt kommt aus Deutschland die Kunde vom erweiterten Konzept - es versorgt nämlich auch gleich zwei Fahrzeuge mit dem nötigen Treibstoff. Die photovoltaische Stromerzeugung spielt dabei eine zentrale Rolle.
Das Haus der Zukunft ist ein heimliches Kraftwerk: es erzeugt mehr Energie als es verbraucht. Der Überschuss sichert die Elektromobilität der Bewohner oder wird ins Netz eingespeist. Als „Plusenergiehaus mit E-Mobilität“ soll diese Idee nun realisiert werden. Das von Dresdner Wissenschaftlern entworfene vollständig recycelbare Haus bietet eine Wohnfläche von 142 m² und produziert mehr Energie als ein 4-Personen-Haushalt sowie der Betrieb von zwei Elektroautos und einem Elektroroller (mit einer jährlichen Fahrleistung von 29.000 km) benötigen. Mit dem Pilotprojekt erreichte das Forscherteam der Technischen Universität Dresden im Februar 2011 den zweiten Preis beim Planungswettbewerb der Forschungsinitiative Zukunft Bau.
Das Plusenergiehaus entspricht äußerlich weitgehend einem konventionellen Einfamilienhaus mit rechteckigem Grundriss und Satteldach. Es werden keine fossilen Energieträger eingesetzt. Die äußere Form des Gebäudes mit der großen geneigten und nach Süden gerichteten Dachfläche ist das Ergebnis einer energetischen Optimierung. Das Energiekonzept nutzt Solarstrahlung zur Gewinnung von Elektroenergie mittels Photovoltaik, Außenluft als Wärmequelle für die Wärmepumpe und Erdwärme zur Vorwärmung bzw. Vorkühlung der Außenluft.
Mit erneuerbaren Energien wird ein Energieertrag von 112% gemessen am Gesamtenergiebedarf erreicht. Das Haus ist damit nicht nur energieautark, es kann sogar zusätzlichen Strom ins Netz einspeisen. Photovoltaiksysteme strukturieren Fassade und Dach, dabei ist eine vergrößerte und optimal nach Süden ausgerichtete Dachfläche Ergebnis der Kombination von traditioneller Wohnform und ressourcenschonender Energiegewinnung. Der für den Gebäude- und Fahrzeugbetrieb erforderliche Energiebedarf wird über die PV-Anlage gedeckt.
Zentraler Punkt bei der Entwicklung des Hauses war es, eine weitgehende Integration der neuen Technologien zu erreichen. Hierzu äußert sich Dipl.-Ing. Reinhard Mayer, verantwortlicher Architekt des Projektes: „Wesentlich für unseren Entwurf war es, die Aspekte der Energieautarkie und der E-Mobilität als Bestandteile einer zeitgemäßen Wohnarchitektur gestaltbildend in das architektonische Gesamtkonzept einzubinden.“ Die komplexe Gebäudetechnik wird über Touch-Screens gesteuert, die eine intuitive Benutzerführung erlauben.
Jetzt arbeitet das Forscherteam daran, das Konzept marktfähig zu machen. Denn in der eng gesetzten Wettbewerbszeit stand die technische Machbarkeit im Vordergrund. Nun geht es um die wirtschaftliche Optimierung. Das modular aufgebaute Plusenergiehaus kann flexibel an veränderte Anforderungen angepasst werden. Mit dem Ziel einer möglichen Serienfertigung laufen Gespräche mit Herstellern von Fertigteilhäusern und Anbietern von PV-Modulen. Der bisher für das Pilotprojekt kalkulierte Preis von 960.000 Euro lässt sich bei Serienfertigung durch Preissenkungen sowie Kostendegression bei Komponenten deutlich niedriger ansetzen.
Zuvor bedarf es der Umsetzung eines Prototyps. „Die Frage nach komfortablem, aber ressourcenschonendem und energiesparendem Wohnen ist aktueller denn je. Wir befinden uns in einem Prozess globalen Umdenkens, in dem Deutschland schon jetzt eine Vorreiterrolle übernimmt. Durch massentaugliche Projekte wie das Plusenergiehaus, könnten wissenschaftliche Planungsutopien Wirklichkeit werden“, meint Projektleiter Prof. Clemens Felsmann vom Institut für Energietechnik an der TU Dresden.
Die Forschungsinitiative Zukunft Bau des Bundesbauministerium beurteilte das Plusenergiehaus u.a. wie folgt: „Die Konfiguration des Volumens entwickelt sich folgerichtig aus der Besonnung und der damit verbundenen Maximierung der nach Süden orientierten Flächen. Die Anordnung der PV-Module wird architektonisch integriert und zur Gestaltung des Plusenergiehauses eingesetzt, die mit den schwarzen rahmenlosen Dünnschichtmodulen und den bündig eingebauten Fenstern eine prägnante Eigenständigkeit erreicht. Die Dachformen und Wandverkleidungen können sich je nach Ort und Lage ändern; in dieser Hinsicht erscheint der Beitrag besonders wertvoll. Die Gebäudeform ist für Solarenergieaufnahme optimiert und bleibt kompakt.
Das Konzept beruht auf einem gut dimensionierten Energieertrag der PV-Anlagen in Kombination mit einem 30 kWh-Pufferspeicher. Dies ermöglicht einen Eigennutzungsanteil der Stromerzeugung von 53%. Die Einbindung des Nutzers durch Touch-Screens, adaptive Regelungsmöglichkeiten etc. eröffnet eine gute Koppelung der Haustechnik mit der Elektromobilität. Die energetische Sinnhaftigkeit einer mechanischen Lüftungsanlage für ein Einfamilienhaus wird kritisch gesehen.“
Quelle: BINE Informationsdienst
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