Dienstag, 1. März 2011

Juwi kanzelt Konzerne ab

Es gibt verschiedene deutsche Energieunternehmen, die sich vollständig den Erneuerbaren Energien verschrieben haben und damit gute Geschäfte machen. Kaum eines tritt aber politisch so offensiv in Erscheinung wie der Anlagenbauer Juwi. Dessen bemerkenswerte Erklärung anlässlich der Jahrespressekonferenz sei im Folgenden auszugsweise dokumentiert.

Die Energieversorgung in Deutschland steht am Wendepunkt. „Die Großkonzerne zocken die Verbraucher ab. Das System Markt beherrschender Oligopole, die schmutzige Energie in zentralen Großkraftwerken erzeugen und damit die Taschen ihrer Aktionäre füllen, hat ausgedient“, sagt juwi-Vorstand Matthias Willenbacher. Das Energiekonzept der Zukunft dagegen ist erneuerbar, aber auch und vor allem dezentral und unabhängig: „Dezentrale Energien machen die Verbraucher unabhängig von den Vorgaben der Großkonzerne und nicht berechenbaren Weltmärkten. Die Menschen können mit erneuerbaren Energien sauberen und preiswerten Strom selbst erzeugen – in der Region oder zu Hause. Das ist das Ziel, das ist die Chance – für die Menschen, für die Wirtschaft. juwi geht dabei mit großen Schritten voran“, ergänzt juwi-Vorstand Fred Jung.

Juwi wurde bereits sowohl für sein Firmengebäude in Wörrstadt wie auch als fortschrittlicher Arbeitgeber ausgezeichnet.




Der rund 1.100 Beschäftigte zählende Komplettanbieter für erneuerbare Energien (EE)
will nach 350 Stellen 2010 in diesem Jahr weltweit rund 500 neue Arbeitsplätze schaffen, davon rund 400 in Deutschland. Der Umsatz soll von ca. 800 Millionen auf über 1,1 Milliarden Euro zulegen, das Endkunden-Geschäft kräftig ausgebaut werden. Im Jubiläumsjahr – juwi wurde vor 15 Jahren von Jung und Willenbacher gegründet - sind bundesweit neue Niederlassungen und Regionalbüros geplant, der über 700 Mitarbeiter fassende Firmensitz in Wörrstadt wird 2011 zum nunmehr dritten Mal erweitert. Im Ausland werden neue Märkte erschlossen.

Es ist nicht länger ein Kampf der Energieträger, denn der ist entschieden: Auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen hält in der Stromversorgung 100 % erneuerbare Energien bis 2030 für machbar. Es ist ein Kampf der Systeme: Marktbeherrschung gegen Wettbewerb, zentral gegen dezentral. „Die Großkonzerne fahren eine harte Kampagne gegen den dezentralen Ausbau der EE und dabei vor allem gegen die Photovoltaik. Sie werfen ihnen vor, sie machten den Strom teuer. Das stimmt nicht“, sagt juwi-Vorstand Jochen Magerfleisch. „Es sind die Konzerne, die die Strompreise steigen lassen. Sie wettern gegen die EEG-Umlage und haben doch selbst eine horrende ‚Gewinnumlage’ etabliert, mit denen sie das Geld den Verbrauchern aus der Tasche ziehen“, ergänzt Willenbacher.

Erneuerbare Energien machen den Strom nicht teurer, sondern wirken Preis dämpfend.
Verantwortlich dafür ist der Merit-Order-Effekt: Wind- und Solarstromanlagen drängen zunehmend teure konventionelle Spitzenlast-Kraftwerke aus dem Netz und können so die Preise an der Strombörse deutlich senken. Dieser Effekt ist zu spüren, wenn der Wind kräftig weht und soviel Windstrom ins Netz gelangt, dass die Preise an der Strombörse gen null tendieren. Auch die Photovoltaik drängt teure Spitzenlast-Großkraftwerke aus dem Netz. Am 6. September 2010 etwa betrug um die Mittagszeit die Leistung aller Photovoltaik-Anlagen rund 10 Gigawatt; das entspricht in etwa der Leistung von fünf Atomkraftwerken (http://www.sma.de/de/news-infos/pv-leistung-indeutschland. html).

Insgesamt sind die Großmarktpreise für Strom aus verschiedenen Gründen stark gesunken, so dass dadurch der für 2011 berechnete Anstieg der EEG-Umlage von rund 2 auf 3,5 Cent pro Kilowattstunde weitgehend kompensiert wird. Dennoch sind die Strompreise erhöht worden – mit Verweis auf eine höhere EEG-Umlage. „Für die Preissteigerungen ist die ‚Gewinnumlage’ der Großkonzerne verantwortlich und nicht die EEG-Umlage. Sie missbrauchen die EE als Alibi für die eigene Preistreiberei“, so Willenbacher. Nach einer Studie der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes haben von 2002 bis 2009 die Großkonzerne ihre Gewinne vervierfacht. Der Strompreis für Verbraucher ist im gleichen Zeitraum um rund 50 Prozent gestiegen. 2010 haben die Großkonzerne insgesamt Gewinne von deutlich über 20 Milliarden Euro eingefahren, Tendenz weiter steigend. Das entspricht einer ‚Gewinnumlage’ von über 4 Cent pro Kilowattstunde. Die EEG-Umlage summierte sich 2010 auf 8,2 Milliarden Euro und steigt 2011 auf 13 Milliarden Euro. Das heißt, die Konzerne könnten, auch mit Blick auf die gesunkenen Beschaffungspreise, die gesamte EEG-Umlage tragen und würden trotzdem noch gut verdienen.

„Die Frage ist doch, was wir wollen: Wollen wir weiter die Oligarchie der Großkonzerne, oder wollen wir die Unabhängigkeit und Dezentralisierung der Energieversorgung mit EE – und damit eine saubere, sichere, sozial gerechte und preiswerte Stromversorgung, die den Wettbewerb und - durch regionale Wertschöpfung - die Wirtschaft in den Regionen ankurbelt“, erklärt Jung. juwi setzt diese Demokratisierung um, mit Konzepten, wie sich Regionen, Kommunen, Unternehmen und Privatpersonen umfassend und bedarfsgerecht zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien versorgen können.

juwi will das Geschäft mit Endkunden kräftig ausbauen – mit kleinen Photovoltaik-Anlagen, dem juwi-Powerblock, dem juwi-Powerblock - ein auf erneuerbaren Energien basierendes Blockheizkraftwerk, das für Ein- und Mehrfamilienhäuser sowohl Wärme als auch Strom erzeugt – sowie mit Holzpellets. „Wir spüren eine deutlich steigende Nachfrage nach individuellen Lösungen. Die Menschen wollen sich unabhängig machen und selbst saubere und erschwingliche Energie erzeugen. So reicht beispielsweise eine Kombination aus juwi Powerblock, einer PV-Anlage auf dem Dach und einem Batterieblock aus, um komplett Strom und Wärme für Haus und Familie zu produzieren“, sagt Jung.

Anfang 2010 startete die juwi-Gruppe gemeinsam mit den Elektrizitätswerken Schönau (EWS) ein bundesweites Leuchtturmprojekt zur Direktvermarktungen von regional erzeugtem Windstrom: Seither decken die Verbandesgemeinde (VG) Wörrstadt sowie mehrere Ortsgemeinden der VG einen guten Teil ihres kommunalen Bedarfs mit Strom, der aus Windrädern am Standort Wörrstadt stammt. Das regionale Direktvermarktungskonzept will juwi sowohl auf andere Regionen als auch auf Privathaushalte ausgedehnt werden. „Das Projekt Bürgerstrom steht auf der Agenda. Wir wollen es der Bevölkerung ermöglichen, sauberen Windstrom zu kaufen, der in ihrer Region erzeugt wird“, so Willenbacher.

Die Nachfrage nach regionalen Kombikraftwerken aus Wind-, Solar- und Bioenergie steigt zusehends. Allein die juwi Wind GmbH plant in diesem Jahr Anlagen mit einer Gesamtleistung von mehr als 300 Megawatt zu realisieren, der weitaus größte Teil davon in Deutschland. Weitere wichtige Märkte sind Polen sowie Costa Rica, wo das Unternahmen nahe der Hauptstadt San José bereits das zweite große Windprojekt umgesetzt: 17 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 15,3 Megawatt. Im Solarbereich sollen in diesem Jahr weltweit Photovoltaik-Anlagen mit einer Gesamtleistung von rund 330 Megawatt installiert werden, davon gut 200 Megawatt in Deutschland. Insgesamt wird juwi Solar in diesem Jahr Photovoltaik-Anlagen in 16 Ländern auf fünf Kontinenten errichten. Eines der herausragenden Projekte ist die Erweiterung des Solarparks Lieberose bei Cottbus um eine Leistung von rund 18 Megawatt. Mit dann insgesamt 71 Megawatt wäre Lieberose der zweitgrößte Solarpark Deutschlands und das viertgrößte Photovoltaik-Projekt der Welt. Neben der Wind- und Solarenergie wird in diesem Jahr auch die Bioenergie stark wachsen – mit bis zu vier Holzpelletier- und Brikettieranlagen (Jahreskapazität insgesamt rund 180.000 Tonnen), einem Holzheizkraftwerk und mit bis zu drei Biogasanlagen.

So hat juwi im Auftrag der PV julist GmbH & Co. KG am Standort Philippsburg des Reifenherstellers Goodyear Dunlop die größte Photovoltaik-Dachanlage Deutschlands errichtet (Leistung 7,4 Megawatt). Gefragt sind aber auch solare Carports, mit denen Unternehmen ihre Parkplätze überdachen und gleichzeitig sauberen Sonnenstrom produzieren können. Ein weiteres Leuchtturmprojekt ist die Solarstrom-Anlage auf der Coface-Arena, dem Stadion des Fußball-Bundesligisten Mainz 05.

Die Photovoltaik spielt bei der Energiewende eine entscheidende Rolle.
Die Degression der Solar- Vergütung macht Solarstrom vom eigenen Dach bereits 2012 wettbewerbsfähig gegenüber konventionellem Haushaltsstrom aus der Steckdose. 2013 wird Solarstrom von der Freifläche sogar günstiger sein als Windstrom, der in Offshore-Windparks auf dem Meer produziert wird. „Die Photovoltaik erzeugt die Energie genau dort, wo sie auch gebraucht wird. Das spart viele Milliarden Euro an Kosten für den Netzausbau und schont so die Verbraucher zusätzlich“, erklärt Jung.

Regionale Kombikraftwerke bringen nicht nur sauberen und preisstabilen Strom, sondern auch regionale Wertschöpfung, von denen die Menschen vor Ort profitieren. Das Institut für ökologische Wirtschaftforschung (IÖW) hat für 2011 bundesweit eine regionale Wertschöpfung (kommunale Steuereinnahmen, Einkommens- und Beschäftigungseffekte) von 8,9 Milliarden Euro ermittelt. Die Agentur für Erneuerbare Energien hat die Indikatoren der Untersuchung auf den Rhein-Hunsrück- Kreis angewendet und kommt in dieser Region für das Jahr 2009 auf eine regionale Wertschöpfung durch erneuerbare Energien von 9,4 Millionen Euro.

Um das große Ziel 100 Prozent zu erreichen, bietet juwi auch Investments in erneuerbare Energien an. So können sich Privatanleger an der Realisierung von Wind- oder Solarenergie-Anlagen bereits mit relativ geringen Beiträgen beteiligen, etwa über Genusscheine. Mit der GLS-Bank hat juwi ein erstes Genussschein-Projekt erfolgreich platziert; eine Neuauflage ist in diesem Jahr geplant. Darüber hinaus werden künftig mit lokalen Banken Sparbriefe sowie genossenschaftliche Beteiligungen angeboten. Investoren werden auch für die Realisierung von Holzpellets- Produktionsanlagen sowie für Werke gesucht, in denen das sehr humusreiche Bodensubstrat Palaterra hergestellt wird.

Quelle und Vollversion unter: Juwi

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