Die Energiestrategie 2050 hat eine erste Wegmarke erreicht: Die Schweiz erfüllt die im Energiegesetz für das Jahr 2020 verankerten Richtwerte für die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien sowie die Richtwerte zur Strom- und Energieeffizienz. Das zeigt der am Mittwoch publizierte vierte Monitoringbericht des Bundesamts für Energie (BFE). Auf dem Weg zu einer klimaneutralen Energieversorgung bis 2050 braucht es aber weitere Anstrengungen.
Die Energiestrategie 2050 sieht den schrittweisen Umbau des Energiesystems vor. Im heutigen Energiegesetz sind dazu Richtwerte für die Jahre 2020 und 2035 enthalten. Diese betreffen den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Wasserkraft sowie die Senkung des Energie- und Stromverbrauchs. Das Monitoring beobachtet deren Entwicklung sowie weitere Aspekte. Der vierte jährliche Monitoringbericht zeigt die Situation per Ende 2020.
Stromproduktion aus erneuerbaren Energien (ohne Wasserkraft): 2020 lag die erneuerbare Stromproduktion bei 4'712 Gigawattstunden (GWh) oder 7,2% der gesamten Netto-Elektrizitätsproduktion. Damit ist der im geltenden Energiegesetz verankerte Richtwert 2020 (4'400 GWh) erreicht. Der Ausbau erfolgt nicht bei allen erneuerbaren Stromproduktionstechnologien im gleichen Tempo. Seit 2010 hat die Photovoltaik (PV) absolut gesehen am stärksten zugelegt. Die Schweiz lag im letzten Jahr mit dem Zubau pro Kopf im europäischen Vergleich auf dem fünften Rang. Der Zubau erfolgte deutlich stärker als zum Beispiel in Italien, Frankreich und Österreich. Die Ende 2020 installierte Leistung erzeugt rund 5% des Schweizer Stromverbrauchs. Das entspricht in etwa der Jahresproduktion des inzwischen abgeschalteten Kernkraftwerks Mühleberg. Photovoltaik leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit.
Um den geltenden Richtwert 2035 für die gesamte erneuerbare Stromproduktion zu erreichen (11‘400 GWh), braucht es einen Nettozuwachs von durchschnittlich rund 450 GWh pro Jahr. Der Bundesrat hat im Juni 2021 die Botschaft zum «Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien» ans Parlament überwiesen. Dieses verlängert die Förderung für erneuerbare Energien, gestaltet diese wettbewerblich aus und sieht teils höhere Beträge für neue Anlagen vor. Zur langfristigen Stärkung der Versorgungssicherheit im Winter schlägt der Bundesrat zudem vor, Speicherkraftwerke zu finanzieren und eine Energiereserve vorzusehen. Ausserdem sollen für 2035 und 2050 verbindliche Zielwerte festgelegt werden. Diese orientieren sich an den Energieperspektiven 2050+ und am Netto-Null-Klimaziel bis 2050. Der Zielwert 2035 für den Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion (ohne Wasserkraft) läge demnach mit 17'000 GWh deutlich höher als der bisherige Richtwert (11'400 GWh). Um ihn zu erreichen, bräuchte es einen Nettozuwachs von durchschnittlich rund 820 GWh pro Jahr.
Stromproduktion aus Wasserkraft: 2020 lag die mittlere Netto-Produktionserwartung bei 36‘275 GWh. Der Richtwert 2035 beträgt 37‘400 GWh (kein Richtwert 2020 im Gesetz). Von 2011 bis 2035 wird ein Nettozuwachs von rund 2'000 GWh angestrebt. Davon waren 2020 rund 45% erreicht. Um den Richtwert 2035 zu erreichen, braucht es in den kommenden Jahren einen Nettozuwachs von durchschnittlich 70 GWh pro Jahr. Im «Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien» bleibt der Zielwert 2035 für die Wasserkraft unverändert bei 37'400 GWh. Für 2050 liegt er bei mindestens 38'600 GWh.
Endenergieverbrauch pro Kopf: Er hat seit 2000 abgenommen. 2020 lag er 23,7% unter dem Basisjahr 2000, witterungsbereinigt beträgt der Rückgang 20,8%. Damit wurde der Richtwert 2020 (-16%) erreicht. Dies war bereits in den letzten drei Jahren vor der Covid-19-Pandemie der Fall. Der Richtwert 2020 wäre daher mit grosser Wahrscheinlichkeit auch ohne den pandemiebedingten Verbrauchsrückgang erreicht worden. Um den Richtwert 2035 (-43%) zu erreichen, muss der witterungsbereinigte Endenergieverbrauch pro Kopf künftig um durchschnittlich 2,2% pro Jahr sinken. Im «Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien» bleibt der Zielwert 2035 für den Endenergieverbrauch pro Kopf unverändert bei -43%. Für 2050 liegt er bei -53%.
Stromverbrauch pro Kopf: Dieser nahm bis 2006 zu, seither ist der Trend rückläufig. 2020 lag er 11,3% unter dem Wert von 2000, witterungsbereinigt betrug der Rückgang 10,4%. Auch hier ist der Richtwert 2020 (-3%) bereits erreicht. Dies wäre mit grosser Wahrscheinlichkeit auch ohne den pandemiebedingten Verbrauchsrückgang der Fall gewesen: Seit 2015 liegt der Stromverbrauch pro Kopf unter dem Richtwert für 2020. Um den Richtwert 2035 (-13%) zu erreichen, muss sich die Stromeffizienz weiter deutlich verbessern, damit mittelfristig der Anstieg des Stromverbrauchs, hauptsächlich bedingt durch die steigende Anzahl Elektroautos und Wärmepumpen, kompensiert werden kann. Im «Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien» bleibt der Zielwert 2035 für den Stromverbrauch pro Kopf unverändert bei -13%. Für 2050 liegt er bei -5%. Dieser Wert trägt der Tatsache Rechnung, dass die Stromnachfrage durch die für das Netto-Null-Klimaziel 2050 notwendige Dekarbonisierung bis 2050 ansteigen wird.
45 Indikatoren in 7 Themenfeldern: Der ausführliche Monitoring-Bericht enthält insgesamt rund 45 Indikatoren und deskriptive Teile in sieben Themenfeldern: Energieverbrauch und -produktion, Netzentwicklung, Versorgungssicherheit, Ausgaben und Preise, energiebedingte CO2-Emissionen, Forschung und Technologie sowie Internationales. Die wichtigsten Indikatoren gibt es auch in einer Kurzfassung. Beide Berichte sind im Internet verfügbar (www.energiemonitoring.ch).
Rechtliche Grundlage für das Monitoring: Art. 55ff Energiegesetz, Art. 69ff Energieverordnung sowie Art. 74a Kernenergiegesetz.
Herausgeber: Bundesamt für Energie
http://www.bfe.admin.ch
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