Äthiopien hat eine
mangelhafte
Elektrizitätsversorgung: Gerade ein Fünftel der Bevölkerung hat Zugang
zum Stromnetz. Die meisten Bewohner leben auf dem Land; dort verfügen
gar nur 2% der Haushalte über einen elektrischen Anschluss. Wenn es in
den Dörfern am frühen Abend dunkel wird, sind Kerosinlampen meist die
einzigen Lichtspender – doch ihr Licht ist schwach und reicht kaum zum
Lernen oder Arbeiten. Zudem sind die Kosten für das Kerosin hoch und die
Lampen produzieren gesundheitsschädlichen Russ und belasten das Klima.
Mit einer Solar-Home-Installation sollen den Bewohnern täglich mindestens vier Stunden Licht zur Verfügung stehen. Zudem soll ein Radio betrieben oder ein Handy aufgeladen werden können. Ein möglichst wartungsfreier Betrieb und eine lange Einsatzdauer sind weitere Anforderungen. Hierzu wurde in der Schweiz das System „SunTransfer 10“ entwickelt: ein Solarmodul mit 10 Wp Leistung und einer robusten 18 Ah Gel-Batterie; geschützt in einer abgeschlossenen Box. Mit dem Modul können bis zu vier LED mit 1,2 W Leistung betrieben werden und ein Mobiltelefon geladen oder ein Radio angeschlossen werden. Die Systeme werden aber nicht nur in Privathaushalten installiert. In Krankenhäusern sorgen sie für die Kühlung von Medikamenten und für Licht bei nächtlichen Notfällen. Sie beleuchten Schulzimmer und ermöglichen den Einsatz von Computern in höheren Fachschulen. Zudem betreiben sie Wasserpumpen und -desinfektionsanlagen.
Das Projekt wurde zwar von Europa aus initiiert, Schützeichel (SUN-CONNECT) hält das durch Hilfsorganisationen geprägte Bild von Afrika aber für gefährlich: „Afrika besteht nicht nur aus hungrigen Kindern mit grossen Augen. Die Leute sind motiviert, selbstbewusst und haben viel Kraft. Sie können und sie wollen sich selber helfen.“ Diesem Prinzip folgt auch REPIC: „Mit der Anschubfinanzierung will REPIC dort ansetzen, wo die Schweiz eine geeignete Antwort auf ein konkretes Bedürfnis unterstützen kann. Diese Lösung ist jeweils in einer umfassenden Form – hier inklusive Geschäftsmodell und Wissenstransfer – zugänglich zu machen, so dass eine selbständige Fortsetzung der Tätigkeit möglich wird“, erklärt Nowak. Die meisten Äthiopier sind zwar arm, aber nicht mittellos. Die Systeme sollen deshalb keine Spenden sein, sondern von den Kunden selber finanziert werden. Dazu können diese im Solar Center einen Mikrokredit aufnehmen. „Die Abzahlungsraten sind so ausgelegt, dass sie dem entsprechen, was die Personen sonst für Kerosin ausgeben“, erklärt Schützeichel. Nach spätestens zwei Jahren sind die Systeme so abbezahlt. Das Geld wird vom Solar Center wiederum verwendet, um neue Anlagen anzuschaffen. Technik und Finanzierung stammen somit aus einer Hand. Dadurch ist einerseits die Motivation der Techniker hoch, Fehler schnell zu reparieren; andererseits sind die Kreditnehmer bemüht, ihr Geld pünktlich zu zahlen – sonst wird der Strom über einen integrierten Laderegler abgestellt.
Ein weiteres wichtiges Anliegen von REPIC ist, Arbeitsplätze in der betroffenen Region zu schaffen sowie einen nachhaltigen Technologietransfer sicherzustellen. Auch dieses Ziel teilt REPIC mit der Stiftung Solarenergie. „Uns war von Anfang an wichtig, dass wir lokales Handwerk initiieren – also nicht nur fertige Systeme liefern, sondern die Leute vor Ort ausbilden“, sagt Schützeichel. Die Stiftung gründete 2007 die „International Solar Energy School“, in der Techniker in einem sechsmonatigen Kurs zu „Rural Solar Energy Technicians“ ausgebildet werden. Die Schule ist die erste professionelle Solarausbildungsstätte in Afrika. Die Absolventen können Projekte zur solaren ländlichen Elektrifizierung selbständig planen, umsetzen und die Anlagen betreiben.
„Es ist wirklich phantastisch, wie leicht das Leben der Menschen hier durch Solarenergie verändert werden kann“, sagt Mena Hailemichael, Leiterin eines lokalen Solarcenters und eine der ersten Absolventinnen der Solartechnik-Schule. „Egal, wo wir sind – wenn wir unsere Arbeit machen und sehen, wie die Menschen darauf reagieren, macht mich das wirklich zufrieden. Es ist toll, das Glück der Leute zu sehen.“ „Die grösste Herausforderung bei einem Solarsystem im ländlichen Afrika ist nicht die Installation, sondern den dauerhaften Betrieb sicherzustellen“, schildert Schützeichel seine Erfahrung. Das Projekt setzt deshalb auf ein nachhaltiges Betriebskonzept – in allen Aspekten: technisch, finanziell und nicht zuletzt soziokulturell. „Wir wollen die Verantwortung Schritt für Schritt in die Hände der Nutzer legen“, so Schützeichel.
Über eine Million Menschen profitieren bis heute von den rund 22‘000 installierten Solaranlagen. Doch neue Gesetze in Äthiopien erschweren die Arbeit: So ist es ausländisch finanzierten Hilfsorganisationen heute verboten, etwas zu verkaufen. Die Stiftung Solarenergie dürfte die lokale Bevölkerung zu maximal 25% an den Kosten beteiligen, der Rest müsste aus Spenden stammen. „Das widerspricht unseren Grundsatz ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘ – so würden wir die Leute nur zum Betteln erziehen“, erklärt Schützeichel. Die Solar Center in Äthiopien wurden deshalb eingefroren. Bestehende Systeme werden zwar noch gewartet, aber keine neuen mehr aufgebaut.
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