Die erneuerbaren Energien (EE) reduzierten CO2-Emissionen des EU-Stromsektors im Jahr 2018 um fünf Prozent und verdrängten Kohle als Energielieferanten. Der Anteil
der Wind- und Solarenergie sowie der Biomasse und Wasserkraft ist auf 32,3
Prozent gestiegen. Agora Energiewende und Sandbag präsentieren
jährliche Bewertung des EU-Stromsystems für 2018.
Der
Anteil von Strom aus Erneuerbaren Energien in der Europäischen Union
ist 2018 erneut gestiegen und erreichte 32,3 Prozent. Das entspricht
einer Steigerung von mehr als zwei Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr.
Neue Wind-, Solar- und Biomassekraftwerke verdrängten die Steinkohle
aus dem Stommix - vor allem in Deutschland, Großbritannien und
Frankreich. Gleichzeitig erreichte die Wasserkraftnutzung wieder ihr
normales Niveau und reduzierte dadurch die Verstromung von Gas.
Infolgedessen sank die gesamte Kohleverstromung in der EU im Jahr 2018
um sechs Prozent und lag damit 30 Prozent unter der Erzeugung von 2012 -
der Unterschied zwischen der Nutzung von Steinkohle und der von
Braunkohle ist dabei allerdings groß.
Dies
sind einige der wichtigsten Ergebnisse des Jahresberichts 2018 zum
Stromsystem der Europäischen Union, die die Thinktanks Agora
Energiewende (Deutschland) und Sandbag (Großbritannien) nun vorgelegt
haben. Die
Steinkohleverstromung sank 2018 um neun Prozent und liegt nun 40
Prozent unter dem Niveau von 2012. Dieser Rückgang wird sich fortsetzen,
da drei Viertel der Steinkohleverstromung in der EU in Ländern
erfolgen, in denen inzwischen Pläne für den Ausstieg aus Kohle vorgelegt
wurden, so etwa in Spanien und Deutschland. Auf Polen entfällt der
größte Teil des verbleibenden Viertels.
Die
Braunkohleverstromung sank 2018 nur um drei Prozent. Deutschland stand
dabei fast für die Hälfte der EU-Braunkohleverstromung, dieser Teil soll
spätestens 2038 auslaufen. Die andere Hälfte entfällt auf sechs Länder,
in denen die Diskussionen über den Ausstieg aus der Braunkohle noch
nicht stattfinden: Polen, Tschechien, Bulgarien, Griechenland, Rumänien
und Slowenien. Das geringe Wachstum der Erneuerbaren Energien in diesen
Ländern ist ein wesentlicher Grund für die unveränderte
Braunkohlenutzung dort.
„Europa
beweist, dass der Ersatz der Kohleverstromung durch Erneuerbare
Energien der schnellste Weg ist, um den Treibhausgasausstoß zu senken.
In nur sechs Jahren, zwischen 2012 und 2018, sind die jährlichen CO2-Emissionen
der europäischen Kohlekraftwerke um 250 Millionen Tonnen gesunken, ohne
dass die Emissionen von Erdgaskraftwerken gestiegen sind. Allerdings
ist die Entwicklung je nach Kohleart unterschiedlich: Der größte Teil
der Verminderung entfällt auf Steinkohle, Braunkohle spielt kaum eine
Rolle. Wir sehen zudem, dass der Ausstieg aus der Steinkohle in Europa
sich beschleunigt, während der Ausstieg aus der Braunkohle erst am
Anfang steht“, sagt Dave Jones, Autor der Studie und Analyst bei
Sandbag.
Im
Jahr 2018 entfielen auf die Solarenergie vier Prozent des
EU-Strommixes, wenngleich ihr Anteil in einigen Ländern auch höher lag:
in Italien (knapp neun Prozent), Griechenland (knapp acht Prozent) und
Deutschland (rund sieben Prozent). Allerdings beschleunigte sich der
Zubau 2018 um 60 Prozent an und erreichte fast 10 Gigawatt; bis 2022
könnte er sich auf 30 Gigawatt im Jahr verdreifachen. Grund dafür sind
die 2018 abermals gesunkenen Preise für Solarmodule; sie waren um 29
Prozent günstiger als im Vorjahr. In den nördlichen Ländern Europas
erreichte die Solarstromerzeugung aufgrund des sehr heißen und trockenen
Sommers 2018 einen Höchststand. Dieser trug dazu bei, Erzeugungslücken
zu schließen, die durch den Ausfall von Wasser-, Steinkohle-, Wind- und
Kernkraftwerke während des heißen Sommers entstanden waren. Zu
beobachten ist allerdings auch, dass der Anteil des Solarstroms am
Strommix in sechs EU-Ländern (Irland, Finnland, Polen, Schweden,
Kroatien und Ungarn) weiterhin bei weniger als einem Prozent lag. Trotz
des Wachstums der Photovoltaik um 10 Gigawatt hat die EU nur einen
Anteil von weniger als zehn Prozent am solaren Weltmarkt, der im
vergangenen Jahr 109 Gigawatt umfasste.
„Die
EU hat es bisher weitgehend versäumt, von den sehr günstigen
Solarmodulpreisen zu profitieren, durch die Solarstrom aus neuen
Solaranlagen heute oft günstiger ist als Strom aus konventionellen
Kraftwerken", sagt Matthias Buck, Leiter Europäische Energiepolitik bei
Agora Energiewende. „Positiv ist jedoch, dass drei Länder - Spanien,
Frankreich und Italien - nun Solarleistungen von 45 Gigawatt und mehr
anstreben. Das macht das Potenzial sehr deutlich kann als beispielhaft
angesehen werden.“
Die
Analyse von Sandbag und Agora Energiewende zeigt auch, dass das
Wachstum der Erneuerbaren Energien in den kommenden Jahren deutlich
gesteigert werden muss. Das Ziel der EU, bis 2030 den Energiebedarf zu
32 Prozent mit Erneuerbaren Energien zu decken, verlangt, dass der
Anteil der Erneuerbaren Energien im Stromsektor sogar auf 57 Prozent
steigt, während zugleich der Stromverbrauch insgesamt wächst. Denn Strom
wird als Energie für den Verkehrs- und Gebäudesektor immer wichtiger
werden, da er sich aus Wind und Sonne emissionsfrei gewinnen lässt,
während Öl und Gas als Energieträger aufgrund ihrer Klimaschädlichkeit
an Bedeutung verlieren werden. Diese Verschiebung wird durch
Veränderungen bei den Betriebskosten der unterschiedlichen Kraftwerke
begünstigt: Im Jahr 2018 lagen die Vollkosten neuer Windkraft- und
Solaranlagen erstmals gleichauf mit den kurzfristigen Betriebskosten von
Kohle- und Gaskraftwerken. Das war eine Folge von Preisanstiegen: Kohle
wurde im Jahr 2018 um 15 Prozent teurer, Gas um 30 Prozent und der CO₂
Preis stieg um 170 Prozent. Infolgedessen stiegen die Großhandelspreise
für Strom auf 45 bis 60 Euro pro Megawattstunde in Europa. Auf diesem
Niveau wurden auch die Zuschläge bei den letzten Ausschreibungen für
neue Wind- und Solarkraftwerke in Deutschland erteilt. „Das bedeutet,
dass die Kosten für Strom aus Erneuerbaren Energien in vielen Ländern
nun vergleichbar mit den Großhandelspreisen sind oder sogar darunter
liegen ", sagt Buck.
Die Studie „The European Power Sector in 2018“ steht unter www.agora-energiewende.org und www.sandbag.org.uk zum Download bereit. Sie umfasst 44 Seiten und enthält zahlreiche Grafiken und Tabellen.
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