Dienstag, 5. Juli 2011

Zürich macht Rückzieher

Nachdem der Bundesrat im Mai 2011 den langfristigen Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen hat, stehen die zuvor in Einklang stehenden Energiestrategien des Bundes- und des Regierungsrats des Kantons Zürich im Widerspruch. Letzterer zieht deshalb den im letzten Dezember vorgestellten Energieplanungsbericht 2010 zurück.

Der Regierungsrat hat dem Kantonsrat letzten Dezember den Energieplanungsbericht 2010 zur Genehmigung unterbreitet, der in erster Linie eine klimapolitische Stossrichtung verfolgte. Der Regierungsrat hatte sich für ein Szenario entschieden, mit dem der CO2-Ausstoss bis 2050 auf 2,2 t pro Person und Jahr gesenkt werden soll. Dieses Ziel wurde vom Kantonsrat im Energiegesetz festgeschrieben. Unter der Annahme, dass der Strombedarf nicht sinken wird, erachtete der Regierungsrat den Bau von zwei Ersatzkernkraftwerken zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit im Energieplanungsbericht 2010 als erforderlich.

SVP-Regierungsrat Markus Kägi galt bislang als überzeugter Anhänger der Atomkraft - und hatte die kantonalzürcher Energiepolitik entsprechend ausgerichtet - jetzt erfolgt ein Rückzieher mit noch unabsehbaren Konsequenzen.






Der Unfall im japanischen Kernkraftwerk Fukushima als Folge des Erdbebens mit anschliessendem Tsunami am 11. März 2011 hat in der Schweiz die Diskussion über die Zukunft der Kernenergie zur Elektrizitätserzeugung beeinflusst. Der Bundesrat hat am 25. Mai 2011 beschlossen, von einem der bisherigen Hauptpfeiler seiner Energiestrategie abzuweichen, indem der Bau von Ersatzkernkraftwerken nicht mehr gefordert, sondern ausgeschlossen wird. Die sich abzeichnende Selbstversorgungslücke will er mit anderen, noch nicht näher definierten Massnahmen schliessen. Der Nationalrat ist den Vorschlägen des Bundesrates am 8. Juni 2011 in wesentlichen Teilen gefolgt. Der Ständerat wird sich voraussichtlich in der Herbstsession 2011 damit befassen. Damit gerieten die zuvor in Einklang stehenden Energiestrategien des Bundes- und des Regierungsrats in Widerspruch zueinander. Es stehen nun zahlreiche Fragen im Raum. So besteht Ungewissheit über die Auswirkungen der neuen Energiepolitik des Bundesrats auf Bevölkerung, Wirtschaft und Staatshaushalt. Zudem ist offen, wie nach einer allfälligen Abschaltung der Kernkraftwerke Beznau und Mühleberg ab 2020 die daraus resultierende Stromlücke gefüllt werden soll.

Daher muss auch die energiepolitische Haltung des Kantons Zürich geprüft und neu formuliert werden. Der Regierungsrat zieht deshalb den Energieplanungsbericht 2010 zurück. Der Regierungsrat wird die zahlreichen Ungewissheiten bis Ende 2012 umfassend abklären. Anschliessend wird er die aktualisierte Haltung im Energieplanungsbericht 2012 festhalten. In der Zwischenzeit wird der Kanton Zürich die Entwicklung auf Bundesebene mitgestalten und sich in die Vernehmlassung der Massnahmenplanung beim Bund aktiv einbringen.

Die neue Energiepolitik des Bundesrats und die Erreichung der Klimaschutzziele des Regierungsrates verlangen nach weiteren Massnahmen zu Gunsten der Erhöhung der Energieeffizienz und erneuerbarer Energien. Der Kanton Zürich hat bislang rund sechs Franken pro Einwohner und Jahr für das Energieförderprogramm aufgewendet. Der entsprechende Rahmenkredit beläuft sich für die Jahre 2009 - 2013 auf 32 Millionen Franken. Gemäss Sanierungsprogramm San10 soll dieser Betrag halbiert werden. Der Kanton sieht nun davon ab und strebt an, den Rahmenkredit möglichst vollständig auszuschöpfen, was einen entsprechenden Nachtragkredit erforderlich macht. Somit würde das gegenwärtige Förderprogramm aufrecht erhalten. Zusätzlich werden in den Jahren 2013 und 2014 je 10 Millionen Franken für Pilotprojekte eingestellt. Damit werden innovative Lösungen im Bereich der effizienten Stromanwendungen (kostengünstiger Ersatz bestehender Elektroheizungen, Leistungssteigerung der Wärmepumpen, Gebäudeautomation und effiziente Beleuchtung) gefördert.

Die Überarbeitung der Eigentümerstrategie
bezüglich EKZ und Axpo erfordert klare und verlässliche Rahmenbedingungen auf Bundesebene. Sie wird zurückgestellt. Die Umsetzung des eidgenössischen Stromversorgungsgesetzes und des kantonalen Energiegesetzes (Netzgebietszuteilung sowie Leistungsaufträge) zur Erhöhung der Versorgungssicherheit wird hingegen weitergeführt.

Weiterführende Informationen:
Link zur Medienmitteilung vom 2. Dezember 2010 und zum Bericht (PDF)
http://www.zh.ch/internet/de/aktuell/news/medienmitteilungen/2010/303.html

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