Sonntag, 2. Januar 2022

Anlass zu Zuversicht

Warum soll für die Schweiz nicht gelten, was sich Deutschland respektive die neue Ampel-Regierung auf die Fahne geschrieben hat: Das neue Jahr soll entscheidend für die Energiewende werden. Nun sind die Voraussetzungen hierzulande zugegebenermassen nicht so optimal, aber es gibt dennoch Anlass für Zuversicht.

 

Die erbittertsten Skeptiker*innen und direkten Gegner*innen der Energiewende haben zwar zu Ende des ablaufenden Jahres nochmals so richtig zugelegt. Vor allem sind die Befürworter*innen von Atomstrategien jedweder Art in die Offensive gegangen – und auch die Ablehnung des CO2-Gesetzes im Sommer war nicht wirklich hilfreich für all jene, die sich die Energie- und insbesondere die Sonnenwende auf die Fahne geschrieben haben. Doch davon erst später. 

 

Was nämlich auch geschehen ist im 2021: Wie schon im Vorjahr wurde wohl ein Rekord im Zubau von Kapazitäten zur Erzeugung von Solarstrom erzielt. Ob gar die doch respektable Grenze von 0,5 Gigawatt (oder deren 500 Megawatt) erreicht wird (2020 waren es knapp weniger), steht noch nicht fest, ist aber möglich. Und im nun anbrechenden 2022 stehen die Zeichen durchaus auf weiteres Wachstum – denn unabhängig von jeglicher Einstellung zur Energiewende und der Energiestrategie 2050 sind sich doch die meisten einig: Ein Ausbau der Erneuerbaren Energien ist auf jeden Fall nötig! Das gestehen sogar nicht ganz so fundamentalistische Befürworter*innen neuer AKW zu, wie etwa der nunmehr aus dem ETH-Betrieb ausgeschiedene Professor für Nuklearenergie, Horst-Michael Prasser.

 

Der Blick über die Landesgrenze macht gleichzeitig klar: In Energiefragen geht wenig bis nichts ohne gute Rahmenbedingungen oder sogar die direkte Förderung durch den Staat. Österreich etwa hat die direkt verfügbaren Mittel für die Solarenergie deutlich erhöht, wenn sie auch im Vergleich zur Schweiz noch bescheiden anmuten. Frankreich lässt durch seinen die Wiederwahl anstrebenden Präsidenten Emanuel Macron zwar ausrichten, man wolle jetzt wieder die Atomenergie fördern (mit der vergleichsweise bescheidenen Summe von einer Milliarde Euro). Doch still und leise vollzieht sich im westlichen Nachbarland auch eine Revolution bei den Erneuerbaren – zumal das Land hervorragende Voraussetzungen sowohl für die Nutzung von Sonnen- wie von Windkraft hat (gute Windverhältnisse und südliche, wenig besiedelte Lagen).

 

Schliesslich nicht zu reden von Deutschland, das sich mit der neuen Ampelregierung nichts weniger als den vehementen Kampf gegen den Klimawandel und für eine baldige Versorgung mit 80% Erneuerbaren auf die Fahnen geschrieben hat. Man mag zu Beginn der Regierungstätigkeit in Deutschland enttäuscht gewesen sein vom geringen Einfluss der Grünen Partei. Aber letztlich haben sich die Grünen doch die für Nachhaltigkeit entscheidenden Ressorts gekrallt. Dazu gehört neben dem Klima auch die Wirtschaft (gemeinsam) im Allgemeinen und nicht zu vergessen die Landwirtschaft. Es mag innerhalb der Schweiz also nach der (nur knapp) verlorenen Abstimmung im Juni Katzenjammer vorgeherrscht haben, aber die politische Entwicklung wird sich nicht abkoppeln können von dem, was im europäischen Umfeld gerade die Oberhand zu gewinnen scheint. Dazu gehört zwar die  soeben teils preferierte Neueinteilung der Nuklearenergie als nachhaltig - doch gegessen ist auch diese Chose noch nicht.

 

In der Schweiz geht es also weiter – einerseits mit politischen Vorgaben, die im Bereich der Energiegesetzgebung ihrer Umsetzung harren, die aber Schub versprechen. Und sodann ganz praktisch mit dem erklärten Willen der Energiewirtschaft. Deren zwei Exponenten – die CEO von Axpo und Alpiq – haben sich ebenfalls klar die angestrebte Energiewende auf die Fahne geschrieben. Das sorgt denn auch in den fossil-nuklear-beherrschten Kreisen für allerhand Verwirrung. Aber es bleibt ein Fakt – die auch schon als Dinos der alten Energiewirtschaft verhöhnten Grossunternehmen sind plötzlich an Bord sowohl ablehnender Stimmen zu neuen AKW wie auch bei den Erneuerbaren-Befürworter*innen. Ausdruck findet das auch in den entsprechenden Stellungnahmen des Branchenverbandes VSE.

 

Mit Genugtuung mag man auch vermerken, dass die nunmehr zuständige Bundesrätin Simonetta Sommaruga zu einer zwar nicht heftigen, aber soliden Befürworterin der Energiewende mutiert ist, die weder die Konfrontation in Wirtschaft und Politik noch mit zivilgesellschaftlichen Energieverbänden scheut und eine erkennbare Linie verfolgt. Deren Konturen man sich zwar gelegentlich schärfer wünschte, die aber für nicht weniger steht als eine Energiepolitik, die dem Abstimmungsergebnis zur Energiestrategie von 2017 entspricht. Und die, wie der jüngst wieder publizierte, jährliche  Monitoringbericht des Bundesamts für Energie auch auf Kurs ist.

 

Erinnert sei daran, dass die Solarenergie aktuell wieder spektakuläre technische Fortschritte macht (Wirkungsgrad, Rohstoffe). Und sie ist preislich auf ein unglaublich günstiges Niveau getaucht. Das verdankt die Welt einerseits einer frühen und resoluten Förderung in Deutschland und einer darauf folgenden gigantischen Modul-Produktionsschlacht in China. Die dabei teilweise aufgetretenen Menschenrechtsverletzungen in Zusammenhang mit der Zwangsbeschäftigung von Uiguren im westlichen China seien nicht verschwiegen. Aber die Produktion erfolgte längst nicht nur in diesen gänzlich unterdrückten Gebieten: Wuxi und Ningbo im Osten wie andere Industriegebiete verfügten und verfügen noch über erhebliche Produktionskapazitäten – wie etwa auch die bei Ningbo ansässige Niederlassung der schweizerischen Megasol, die mit ihren speziellen Modulen immer wieder für Furore sorgt (Glaskonstruktionen, Spezialgrössen, Farbigkeit).


Also zum Schluss kurz und bündig zurück zur eingangs aufgeworfenen heftigen Gegenwehr der Atombefürworter*innen. Es scheint sich um ein letztes Gefecht zu handeln in einer schon verlorenen Sache. Denn gerade wo schnelles Handeln angesagt ist – also der Realisierung neuer Kapazitäten der Energiegewinnung – fällt das Urteil für die Kernkraft vernichtend aus: Zu teuer, zu langsam, weiterhin viel zu gefährlich in mancherlei Hinsicht – und politisch nicht realisierbar in der CH-Demokratie. Also Gemach: 2022 verspricht wirklich auch hierzulande ein wichtiges Jahr der Energiewende hin zu den erneuerbaren und ungefährlichen Varianten, vor allem der Sonne, zu werden!


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