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Als übergreifende Maßnahme plädieren die drei Organisationen dafür, einen Klima-Haushalt aufzustellen, der jährlich zusätzlich mehr als 30 Milliarden Euro für Klimaschutzinvestitionen bereitstellt. „Das kommende Jahrzehnt bis 2030 muss eine Dekade des Investierens werden: in klimaneutrale Energieversorgung, Industrieanlagen, Verkehr, Gebäudesanierung und eine Wasserstoff-Infrastruktur. Dafür sind neben privaten auch umfassende öffentliche Mittel erforderlich, die über neue Investitionsfonds bereitgestellt werden können“, sagt Patrick Graichen. Zentral sei zudem, die klimafreundliche Alternative wirtschaftlich attraktiver als die fossile Variante zu machen. „Die Wärmepumpe muss günstiger werden als die Ölheizung und das Elektroauto günstiger als der Verbrenner“, sagt Stiftungsdirektor Rainer Baake. Die schnellstmögliche Abschaffung der EEG-Umlage sei daher entscheidend, damit die Stromkosten nachhaltig sinken. Im Gegenzug soll der CO₂-Preis bereits ab 2023 auf 60 Euro ansteigen und dann auf 80 bis 100 Euro im Jahr 2025 steigen.
Mit einem gesetzlich festgelegten Ende der Nutzung von fossilen Energieträgern in allen Bereichen der Volkswirtschaft am 1. Januar 2045 bleiben 22 Jahre Zeit für Abschreibungen und Anpassungen. Um Fehlinvestitionen zu vermeiden, muss laut dem vorgeschlagenen Sofortprogramm daher das Ziel der Klimaneutralität 2045 in allen privaten und öffentlichen Finanzierungs- und Investitionsentscheidungen berücksichtigt werden. Hierfür sollen die Nachhaltigkeitsberichtspflichten für Unternehmen und Finanzmarktakteure entsprechend ausgeweitet werden.
Verdreifachung von Strom aus Erneuerbaren Energien: Erneuerbarer Strom aus Windkraft- und Solaranlagen ist zentraler Baustein für ein Energiesystem ohne Kohle, Öl und Gas – von der Prozesswärme in der Industrie über die Nutzung von Wärmepumpen in Gebäuden bis hin zu Mobilität mit Elektroautos und im öffentlichen Nah- und Fernverkehr sowie für grünen Wasserstoff. „Die Menge an Strom aus Erneuerbaren Energien lässt sich nur verdreifachen, wenn Genehmigungsverfahren beschleunigt, die Akzeptanz für den Ausbau von Windkraft- und Solaranlagen verbessert und die nötige Infrastruktur für den Stromtransport gebaut wird“, sagt Rainer Baake. Zudem muss der Ausstieg aus der Kohleverstromung bereits bis zum Jahr 2030 erfolgen. Neben dem EU-Emissionshandel solle ein nationaler CO₂-Mindestpreis diese Entwicklung absichern. Er soll 2025 bei 50 Euro starten und bis 2030 auf mindestens 65 Euro steigen. „Man muss den Leuten jetzt reinen Wein einschenken: Der Kohleausstieg kommt acht Jahre früher als bisher geplant. Braunkohletagebaue und Strukturwandel brauchen Planungssicherheit, die Politik ist hier in der Pflicht“, sagt Patrick Graichen.
Fiskalische Instrumente für die Verkehrswende: „Im Verkehr kommt es darauf an, von Anfang an die richtige Mischung aus Preissignalen und Ordnungsrecht zu finden“, betont Christian Hochfeld, Direktor von Agora Verkehrswende. „Anreize und Fördermittel für Elektromobilität und öffentlichen Verkehr allein werden nicht reichen. Auch der CO₂-Preis ist, wenn es um Kraftstoffe geht, kein Allheilmittel, sondern muss klug mit anderen Instrumenten auf nationaler und europäischer Ebene kombiniert werden.“ Damit der Umstieg auf Elektromobilität kontinuierlich vorangeht, setzt das Sofortprogramm außerdem auf einen Masterplan für den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Im öffentlichen Verkehr solle ein eigenes Investitionsförderprogramm die Elektrifizierung beschleunigen. Um gleichzeitig die Mobilität in den Städten mehr vom privaten Pkw auf öffentlichen Verkehr, Rad und Fuß zu verlagern, etwa durch Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts und effektives Parkraummanagement, muss der Handlungsspielraum der Kommunen vergrößert werden.
Klimaneutrale Investitionen in der Industrie unterstützen: Um die erforderlichen Emissionsminderung in der Industrie bis 2030 zu erreichen, müssen vor 2030 etwa die Hälfte der Anlagen in der Stahl-, Chemie- und Zementindustrie durch klimaneutrale Technologien ersetzt werden. Klimaneutrale Technologien in der Grundstoffindustrie, in der etwa 70 Prozent der industriellen Treibhausgasemissionen anfallen, sollen über Klimaschutzverträge, sogenannte Carbon Contracts for Difference (CCfD), gefördert werden, mit denen die Differenzkosten zwischen der klimaneutralen Technologie und den am Markt erzielbaren Erlösen ausgeglichen werden. Die drei Thinktanks plädieren für eine Wasserstoffstrategie 2.0, die den Fokus auf einen raschen Aufbau von Erzeugungskapazitäten sowie der Finanzierung und dem Aufbau eines Wasserstoff-Startnetzes legt.
Keine neuen Öl- und Gasheizungen mehr ab 2024: Der Gebäudesektor wird 2021 erneut seine Ziele verfehlen – entsprechend hoch ist hier der Bedarf an wirksamen Klimaschutz-Maßnahmen. „Der kommende Investitionszyklus ist entscheidend für die Wärmewende, denn Investitionen in Dämmung und Heizungen sind langlebig,“ sagt Patrick Graichen. „Um den Gebäudesektor schnell und sozialverträglich klimaneutral aufzustellen, ist es nötig, in den ersten 100 Tagen der neuen Legislaturperiode die gesamte Instrumentenpalette anzupassen – von einer Erhöhung und Neuausrichtung der Fördermittel über eine Anhebung der energetischen Standards bis hin zu einem sozial ausgewogenen Ausgleich der Kosten zwischen Mieter:innen und Vermieter:innen.“ Die drei Organisationen schlagen vor, ab 2024 keinen Einbau fossiler Heizungsanlagen mehr zu erlauben und für Neubauten und Dachsanierungen eine Solarpflicht einzuführen. Den klimaneutralen Neubau und die klimaneutrale Gebäudesanierung wollen die Klimaexperten jährlich mit zwölf Milliarden Euro fördern.
Weniger Tiere, mehr Tierwohl und gute Ernährung: Die Senkung der Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft muss vor allem in drei Handlungsfeldern erfolgen: die Reduktion des Fleischkonsums und anderer tierischer Produkte, damit einhergehend die Reduktion der Tierhaltung in Deutschland und die Verringerung der Nutzung mineralischer Düngemittel. Zukünftig solle gelten: weniger Tiere, mehr Tierwohl, stabile Einkommen, gute Ernährung.
Da landwirtschaftlich genutzte Moore für einen Großteil der Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft verantwortlich sind, fordern die drei Thinktanks die Entwicklung einer Moorschutzstrategie. Deren Ziel müsse die weitgehende Wiedervernässung bis 2045 sein, damit Moore von CO₂-Treibern zu CO₂-Senken werden.
Quelle und Download unter www.agora-energiewende.de, www.stiftung-klima.de und www.agora-verkehrswende.de
Über Agora Energiewende und Agora Verkehrswende
Agora Energiewende und Agora Verkehrswende erarbeiten wissenschaftlich
fundierte und politisch umsetzbare Wege, damit die Energiewende sowohl
im Strom- als auch im Verkehrssektor gelingt. Die Organisationen agieren
unabhängig von wirtschaftlichen und parteipolitischen Interessen und
sind ausschließlich dem Klimaschutz verpflichtet.
Über Stiftung Klimaneutralität
Die Stiftung Klimaneutralität hat im Juli 2020 in Berlin ihre Arbeit
aufgenommen. Ihr Ziel ist es, Wege zur Klimaneutralität aufzuzeigen. Sie
entwickelt in enger Kooperation mit anderen Denkfabriken
sektorübergreifende Strategien für ein klimagerechtes Deutschland. Auf
der Basis von guter Forschung will die Stiftung informieren und beraten
– jenseits von Einzelinteressen.
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