Freitag, 5. Juni 2020

Ein offener Brief des...

...Klimastreiks bezüglich CO2- Gesetz

Der Klimastreik Schweiz hat am Freitag einen offenen Brief bezüglich des CO2 Gesetzes an das Schweizer Parlament geschickt. Der Klimastreik ist besorgt über das aktuelle CO2- Gesetz, welches nächste Woche im Parlament debattiert wird und bringt dies mit dem offenen Brief zum Ausdruck.


Sehr geehrte Bundespräsidentin,
Sehr geehrte Mitglieder der Umweltkommission
Sehr geehrte Damen und Herren, Sehr geehrte Parlamentsmitglieder,

Mit dem Unterzeichnen des Pariser Abkommens hat sich die Schweiz dazu verpflichtet, die globale Erwärmung auf unter 2°C, und wenn möglich unter 1.5°C, zu begrenzen. Nur das Erreichen von Netto Null bis spätestens 2030 macht dies möglich. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir von jetzt an jährlich in einer beispiellosen Geschwindigkeit im Laufe des nächsten Jahrzehnt unsere Emissionen reduzieren. Während sich dieses Zeitfenster schliesst, zeigen die Institutionen unseres Landes, trotz weit verbreiteter Mobilisierungen der Öffentlichkeit und historischen Wahlergebnissen von Umweltparteien in den Wahlen von 2019, keine wirkliche Bereitschaft die Klimaproblematik anzupacken.
Wir möchten zum gegenwärtigen CO2-Gesetz unsere grosse  Besorgnis äussern. Dem Gesetz fehlen einerseits ausreichende Massnahmen, um die globale Erwärmung auf 1.5°C einzudämmen, andererseits widerspricht es dem Prinzip der Klimagerechtigkeit. Wir drängen darauf, die Minderheitsanträge für ein ambitionierteres und sozialeres Gesetz anzunehmen. Weitere Massnahmen, welche die Schweiz auf den 1.5°C Kurs bringen, müssen erarbeitet werden.

Um eine globale Erwärmung von über 1,5°C zu verhindern, darf die Schweiz nur einen begrenzten Anteil an Treibhausgasen ausstossen. Diese Emissionsgrenze findet in dem aktuellen Gesetz keinerlei Erwähnung. Mit der aktuellen Emissionsrate wird das Schweizer Emissionsbudget jedoch schon im Jahr 2022 aufgebraucht sein.

Darüber hinaus unterscheidet sich der ökologische Fussabdruck der Schweiz erheblich, abhängig davon, ob nur innerhalb der Schweiz verursachte Emissionen (Territorialprinzip)  oder auch  Emissionen von Importgütern und umweltschädlichen Investitionen der Schweiz berücksichtigt werden. Wenn lediglich das Territorialprinzip angewandt wird, wird ein Grossteil der tatsächlich verursachten Emissionen nicht erfasst.

Der aktuelle Gesetzesvorschlag vernachlässigt den gesamten Finanzplatz, obwohl dieser für mehr als das Zehnfache der Inlandsemissionen der Schweiz verantwortlich ist (Quelle: Banktrack).  Allein dieser Umstand zeigt, dass dieses Gesetz völlig inkompatibel mit dem Ausmass des Problems ist, welches es behandelt. Wir verlangen, dass die Rolle des Finanzsektors in diesem Gesetz berücksichtigt wird.
Klimaschutz ist immer auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Die Folgen der Klimakrise treffen finanziell Benachteiligte am härtesten, obwohl gerade diese verhältnismässig am wenigsten zur Klimakrise beitragen. Diese sollten durch zusätzliche Massnahmen der Klimapolitik nicht noch weiter belastet werden. Der jetzige CO2-Gesetzesvorschlag kommt dieser Forderung nach Gerechtigkeit leider nicht nach.

Dementsprechend verlangen wir eine effektive Umsetzung des Verursacherprinzips, welches bis jetzt im Gesetz nicht angemessen implementiert wird. Das eklatanteste Beispiel hierfür ist Artikel 34(2) des Vorschlags: Unternehmen, welche sich selbst zu einem eigenen Emissionsziel verpflichten und deshalb von der Emissionssteuer ausgenommen sind, müssen von Fall zu Fall nur bis zu 30% der nicht bezahlten Emissionssteuern zurückzahlen, wenn sie ihr eigenes Ziel nicht einhalten. Anders formuliert: Dies ermutigt Firmen, sich bewusst falsche Ziele zu setzen, anstatt die Emissionssteuer zu bezahlen.
Des Weiteren ist der Emissionshandel, der bereits seit Anfang 2020 mit dem europäischen System gekoppelt wurde, nicht angemessen in der Lage, umweltverschmutzende Industrien zur Reduktion von Emissionen zu bringen. Die Obergrenze (Emissionsrechte) ist höher als die totalen Emissionen der im EU ETS eingebundenen Industrien und der Preis von Kohlenstoff ist zu tief, um wahre Anreize zur Reduktion zu schaffen.

Wir möchten betonen, dass das Verabschieden eines unzureichenden Gesetzes gravierende Folgen haben kann. Einmal in Kraft kann es als Vorwand benutzt werden, keine weiteren klimapolitischen Massnahmen umzusetzen.

Zusammenfassend fordern wir weitere klimapolitische Massnahmen, damit die Schweiz bis im Jahr 2030 klimaneutral werden kann. In unserem Krisenaktionsplan schlagen wir einige Massnahmen vor. Die COVID-19 Pandemie hat gezeigt, dass die Schweiz mit Massnahmen, die auf Empfehlungen der Wissenschaft basieren, angemessen auf Krisen reagieren kann. Die Klimakrise ist eine existenzielle Bedrohung für die Menschheit und muss daher mindestens gleich ernsthaft angegangen werden wie die COVID-19 Pandemie.

Wir rufen Sie dazu auf, auf die Wissenschaft zu hören! Nehmen Sie ihre Verantwortung für die jetzige und zukünftige Generationen ernst und hören Sie auf die Anliegen der tausenden von Menschen, die seit über einem Jahr für Netto Null bis 2030 und Klimagerechtigkeit demonstrieren. Wir wollen, dass die Schweiz ihre Verantwortung gegenüber gegenwärtigen und zukünftigen Generationen im Kampf gegen den Klimawandel wahrnimmt. Diese Chance gilt es jetzt zu nutzen.
 
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Der Klimastreik Schweiz

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