Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich haben zum ersten Mal ein komplettes und kompaktes Design einer Anlage für die künstliche Photosynthese entwickelt. Dies bringt diese Technologie einen entscheidenden Schritt näher zur Anwendung. Das Konzept ist flexibel, sowohl bei den verwendeten Materialien als auch bei der Größe des Systems. Ihre Ergebnisse haben die Forscher jetzt in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht (DOI: 10.1038/NCOMMS12681).
Sonne und Wind sollen in Zukunft den Löwenanteil unserer Energie liefern. Die unstete Natur dieser erneuerbaren Energiequellen richtet den Fokus der aktuellen Forschung immer mehr auf effiziente Speichertechnologien. Wie die Energiequellen selbst sollen sie umweltfreundlich und bezahlbar sein. Dieser Trend ist besonders offensichtlich in der Forschung zur direkten photoelektrochemischen Wasserspaltung: künstliche Photosynthese, die Kombination von Solarzelle und Elektrolyseur. Mit ihr lässt sich die Energie der Sonne direkt in das universale Speichermedium Wasserstoff umwandeln. Zum ersten Mal in den 1970ern erforscht, gewinnt sie in den letzten Jahren größeres Interesse. Bisher liegt der Fokus der Forschung auf der Materialwissenschaft: Neue Absorbermaterialien und Katalysatoren sollen den Wirkungsgrad erhöhen.
Die Jülicher Solarzellenforscher Jan-Philipp Becker und Bugra Turan konzentrierten sich jedoch auf einen Aspekt, der bisher weitgehend vernachlässigt wurde: ein realistisches Design eines solchen Systems, das die Technologie aus den Laboren der Wissenschaftler herausholt und eine praktische Anwendung möglich macht. "Die photoelektrochemische Wasserspaltung wurde bis jetzt immer nur im Labormaßstab getestet", erklärt Burga Turan. "Die Komponenten und Materialien wurden verbessert, aber keiner hat wirklich versucht, näher an eine Anwendung zu kommen."
Das Design der beiden Experten des Jülicher Instituts für Energie- und Klimaforschung unterscheidet sich deutlich von den üblichen Laborexperimenten. Statt fingernagelgroßer einzelner Komponenten, die untereinander mit Drähten verbunden sind, entwickelten sie ein kompaktes, in sich geschlossenes System – komplett aus kostengünstigen, leicht verfügbaren Materialien. Mit einer Fläche von 64 Quadratzentimetern wirkt ihr Bauelement noch immer relativ klein. Der Trick ist jedoch das flexible Design: Durch die ständige Wiederholung der Basiseinheit lassen sich künftig auch quadratmetergroße Systeme herstellen. Die Basiseinheit wiederum besteht aus mehreren Solarzellen, die durch eine spezielle Lasertechnik miteinander verschaltet sind. "Durch diese Serienverschaltung erreicht jede Einheit die für die Wasserstoffgewinnung nötige Spannung von 1,8 Volt", so Jan-Philipp Becker. "Im Gegensatz zu den bislang in Laborexperimenten üblichen Konzepten zur Aufskalierung erlaubt diese Methode eine höhere Effizienz."
Im Moment liegt die Sonne-zu-Wasserstoff-Effizienz des Prototyps bei 3,9 Prozent. "Das klingt nicht nach viel", gibt Bugra Turan zu. "Doch das ist natürlich nur ein erster Entwurf einer vollständigen Anlage. Da ist noch mehr drin." Und – geben die Wissenschaftler zu bedenken – natürliche Photosynthese erreicht nur Wirkungsgrade um ein Prozent. Auf bis ungefähr zehn Prozent könnte man mit dem Jülicher Design in relativ kurzer Zeit und unter Verwendung bekannter Solarzellenmaterialien kommen, so Jan-Philipp Becker. Aber es gibt auch andere Ansätze. Zum Beispiel Perowskit, ein neuartiges Hybridmaterial, mit dem man jetzt schon Wirkungsgrade bis zu 14 Prozent erreichen könnte.
"Das ist einer der großen Pluspunkte des neuen Designs. Es erlaubt die unabhängige Optimierung der beiden Hauptkomponenten: des photovoltaischen Teils, der Strom aus Sonnenergie gewinnt, und des elektrochemischen Teils, der diesen Strom zur Wasserspaltung einsetzt." Das patentierte Konzept der Jülicher Forscher ist flexibel: Es ist für jede Dünnschicht-Photovoltaik-Technologie anwendbar und für verschiedene Elektrolysearten. "Wir arbeiten zum ersten Mal in Richtung Markteinführung", erklärt Becker. "Wir haben die Grundlagen dafür geschaffen, wie das überhaupt aussehen könnte."
Quelle: Forschungszentrum Jülich
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