Mittwoch, 2. Dezember 2015

Lieber mehr Eile bei der Energiewende!

Parallel zum Auftakt der Wintersession des neugewählten Parlaments hat die Schweizerische Energiestiftung zur Diskussion des Themas «Eile mit Weile – Wie geht es der Energiewende im Bundeshaus» geladen.

Fazit der überaus gut besuchten Veranstaltung am Montag in Bern: Mehr Eile wäre bei der Energiewende geboten und vor allem auch möglich. Je ein Nationalrat (Bastien Girod von den Grünen - rechts im Bild), ein Ständerat (Werner Luginbühl von der BDP - links) und ein Wissenschafter (ETH-Professor Anton Gunzinger - Mitte) präsentierten ihre Sicht auf die Energiewende.  Eine erste von der Schweizerischen Energiestiftung (SES) präsentierte These lautete: «Die Enerigewende findet statt, so oder so, mit oder ohne die Schweiz»! Dieser Aussage mochten alle Teilnehmer zustimmen, wobei Bastien Girod auf den entscheidenen Teil hinwies – für die Schweiz spielt es schon eine Rolle, ob sie dabei sei oder eben nicht. Einig war man sich, dass diese Energiewende viele Chancen bietet für die heimische Wirtschaft. Womit es eigentlich unverständlich ist, dass sich so viele Kreise noch wehrten gegen den bundesrätlichen Vorschlag, der hierzulande als «Energiestrategie 2050» derzeit im Parlament aufgegleist wird. 

Womit gleich auch die zweite zur Diskussion gestellte These angeschnitten war. In ihrer derzeit gültigen Variante, nach Diskussion sowohl in National- wie im Ständerat, zementiert der Vorschlag aus Sicht der SES nur den Status Quo. Dieser bringt einige Verbesserungen gegenüber heute – etwa mit der Erhöhung der Mittel für die Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV)  oder bei der Förderung der Gebäudesanierung. In der aktuellen Ausformulierung der Energiestrategie sind nach Zutun des Ständerats aber auch Verschlechterungen enthalten: Mit dem als Sunset bezeichneten Auslaufen der KEV in bereits fünf Jahren, einem Abzweigen ihrer Mittel auch für die Grosswasserkraft – und vor allem mit zeitlich unbestimmtem Atomausstieg. 

Dieser beherrschte die weitere Diskussion. Wobei ETH-Professor Gunzinger sein Unverständnis zum Ausdruck brachte, dass trotz immenser, weiterhin ungelöster Abfallprobleme und allgemein steigender Kosten die Atomtechnologie überhaupt noch auf dem Radar einiger Energiepolitiker zu finden ist. Er wie auch der Berner Standesvertreter Luginbühl wiesen auf das – im übrigen einzige – konkret geplante AKW-Projekt in Europa hin. Dieses erfordere eine Subventionierung, die weit über den Ausgaben für alle Erneuerbaren Energien liegt (im britischen Hinkley Point wird die erzeugte Kilowattstunde mit garantierten 11 Eurocent vergütet, was mehr als doppelt so hoch ist als der derzeit gültige Marktpreis für Strom in Europa). 

Wenn also die Atomtechnologie aus mehreren Gründen ausser Traktanden fällt, muss eben die Kapazität an neuen Energien deutlich erhöht werden. Und hier zeigten sich dann doch deutlichere Unterschiede in der einzuschlagenden Richtung. Nationalrat Girod setzte sich vehement für eine anhaltende Förderungspolitik über die KEV ein. Wo diese abgebaut werde, setze unmittelbar ein Stopp des Zubaus etwa an Photovoltaikanlagen ein. Das ist  derzeit in Deutschland deutlich zu beobachten, wo sich der Zubau auf einen Viertel der früher jährlich neu geschaffenen Kapazitäten vermindert hat. 

Und doch hat Gunzinger diese KEV in seinem viel beachteten Buch «Kraftwerk Schweiz» - erschienen im Frühjahr 2015 - in Bausch und Bogen verbannt. In einem Einmalzuschuss für neue PV-Anlagen sieht er zwar eine sinnvolle Födervariante. Die auf 20 Jahre festgeschriebene kostendeckende Vergütung des produzierten Stroms hingegen ist ihm ein Gräuel. Obwohl sich gezeigt hat, dass gerade die KEV das weltweit erfolgreichste Förderinstrument für Erneuerbare Energien darstellt. 

So war man sich an der SES-Veranstaltung zwar einig, dass bei der Energie kein «Zurück» zu früheren Verhältnissen geben wird. Ebenso unbestritten blieb – mit zeitlich unterschiedlichen Vorstellungen – dass die Atomtechnologie auf dem Scheiterhaufen der Geschichte landen wird – und ihre Restanzen etwa in einer Bad Bank aufzufangen sind, ähnlich den Kreditmüll in der Finanzkrise. Aber gerade in den Details der künftigen Förderung der Solartechnologie liegen die Positionen selbst in Energiewende-freundlichen Kreisen doch weit auseinander. Wobei es doch die Sonnenenergie ist, die sowohl den Ersatz der Atomkraft wie auch den Aufbau neuer Energieerzeugungskapazitäten in der Schweiz überhaupt erst möglich macht. 

Text und Bild: Guntram Rehsche, solarmedia.blogspot.ch

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