Parallel zum Auftakt der Wintersession des neugewählten Parlaments
hat die Schweizerische Energiestiftung zur Diskussion des Themas «Eile
mit Weile – Wie geht es der Energiewende im Bundeshaus» geladen.
Fazit der überaus gut besuchten Veranstaltung am Montag in Bern: Mehr
Eile wäre bei der Energiewende geboten und vor allem auch möglich. Je
ein Nationalrat (Bastien Girod von den Grünen - rechts im Bild), ein Ständerat (Werner
Luginbühl von der BDP - links) und ein Wissenschafter (ETH-Professor Anton
Gunzinger - Mitte) präsentierten ihre Sicht auf die Energiewende. Eine erste von der Schweizerischen Energiestiftung (SES) präsentierte
These lautete: «Die Enerigewende findet statt, so oder so, mit oder
ohne die Schweiz»! Dieser Aussage mochten alle Teilnehmer zustimmen,
wobei Bastien Girod auf den entscheidenen Teil hinwies – für die Schweiz
spielt es schon eine Rolle, ob sie dabei sei oder eben nicht. Einig war
man sich, dass diese Energiewende viele Chancen bietet für die
heimische Wirtschaft. Womit es eigentlich unverständlich ist, dass sich
so viele Kreise noch wehrten gegen den bundesrätlichen Vorschlag, der
hierzulande als «Energiestrategie 2050» derzeit im Parlament aufgegleist
wird.
Womit gleich auch die zweite zur Diskussion gestellte These
angeschnitten war. In ihrer derzeit gültigen Variante, nach Diskussion
sowohl in National- wie im Ständerat, zementiert der Vorschlag aus Sicht
der SES nur den Status Quo. Dieser bringt einige Verbesserungen gegenüber
heute – etwa mit der Erhöhung der Mittel für die Kostendeckende
Einspeisevergütung (KEV) oder bei der Förderung der Gebäudesanierung.
In der aktuellen Ausformulierung der Energiestrategie sind nach Zutun
des Ständerats aber auch Verschlechterungen enthalten: Mit dem als
Sunset bezeichneten Auslaufen der KEV in bereits fünf Jahren, einem
Abzweigen ihrer Mittel auch für die Grosswasserkraft – und vor allem mit zeitlich unbestimmtem Atomausstieg.
Dieser beherrschte die weitere Diskussion. Wobei ETH-Professor
Gunzinger sein Unverständnis zum Ausdruck brachte, dass trotz immenser,
weiterhin ungelöster Abfallprobleme und allgemein steigender Kosten die
Atomtechnologie überhaupt noch auf dem Radar einiger Energiepolitiker zu
finden ist. Er wie auch der Berner Standesvertreter Luginbühl wiesen
auf das – im übrigen einzige – konkret geplante AKW-Projekt in Europa
hin. Dieses erfordere eine Subventionierung, die weit über den Ausgaben
für alle Erneuerbaren Energien liegt (im britischen Hinkley Point wird
die erzeugte Kilowattstunde mit garantierten 11 Eurocent vergütet, was
mehr als doppelt so hoch ist als der derzeit gültige Marktpreis für
Strom in Europa).
Wenn also die Atomtechnologie aus mehreren Gründen ausser Traktanden
fällt, muss eben die Kapazität an neuen Energien deutlich erhöht werden.
Und hier zeigten sich dann doch deutlichere Unterschiede in der
einzuschlagenden Richtung. Nationalrat Girod setzte sich vehement für
eine anhaltende Förderungspolitik über die KEV ein. Wo diese abgebaut
werde, setze unmittelbar ein Stopp des Zubaus etwa an
Photovoltaikanlagen ein. Das ist derzeit in Deutschland deutlich zu
beobachten, wo sich der Zubau auf einen Viertel der früher jährlich neu
geschaffenen Kapazitäten vermindert hat.
Und doch hat Gunzinger diese KEV in seinem viel beachteten Buch
«Kraftwerk Schweiz» - erschienen im Frühjahr 2015 - in Bausch und Bogen
verbannt. In einem Einmalzuschuss für neue PV-Anlagen sieht er zwar eine
sinnvolle Födervariante. Die auf 20 Jahre festgeschriebene
kostendeckende Vergütung des produzierten Stroms hingegen ist ihm ein
Gräuel. Obwohl sich gezeigt hat, dass gerade die KEV das weltweit
erfolgreichste Förderinstrument für Erneuerbare Energien darstellt.
So war man sich an der SES-Veranstaltung zwar einig, dass bei der
Energie kein «Zurück» zu früheren Verhältnissen geben wird. Ebenso
unbestritten blieb – mit zeitlich unterschiedlichen Vorstellungen – dass
die Atomtechnologie auf dem Scheiterhaufen der Geschichte landen wird –
und ihre Restanzen etwa in einer Bad Bank aufzufangen sind, ähnlich den
Kreditmüll in der Finanzkrise. Aber gerade in den Details der künftigen
Förderung der Solartechnologie liegen die Positionen selbst in
Energiewende-freundlichen Kreisen doch weit auseinander. Wobei es doch
die Sonnenenergie ist, die sowohl den Ersatz der Atomkraft wie auch den
Aufbau neuer Energieerzeugungskapazitäten in der Schweiz überhaupt erst
möglich macht.
Text und Bild: Guntram Rehsche, solarmedia.blogspot.ch
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