An der an Donnerstag und Freitag stattfindenden 10. nationalen Photovoltaik-Tagung zeigt der Solarfachverband Swissolar auf, wie bis 2025 die Hälfte der heutigen Atomstromproduktion mit Solarstrom (Photovoltaik) ersetzt werden kann. Das kostet deutlich weniger als noch vor einem Jahr angenommen.
Angesichts der drohenden Schliessung des AKW Mühleberg fordert Swissolar den Bundesrat und das Parlament auf, jetzt die angezogene Handbremse bei der Solarenergienutzung in der Schweiz endlich zu lösen. Der Weg muss frei gemacht werden für mehr als 12‘000 blockierte Solarstrom-Anlagen, die im «Solarstau» der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) stehen.
Eine der Anlagen im KEV-Stau: Photovoltaik-Module auf dem Dach der Neubausiedlung Grünmatt der Familienheim-Genossenschaft am Zürcher Friesenberg (Bild: Guntram Rehsche).
Unmittelbar nach der Atomkatastrophe von Fukushima präsentierte Swissolar schon 2011 das ehrgeizige Ziel, bis 2025 die Hälfte der heutigen Atomstromproduktion (ca. 12 Milliarden Kilowattstunden) durch Solarstrom-Anlagen zu ersetzen. Das entspricht einem Fünftel des heutigen Stromverbrauchs der Schweiz und wird von Swissolar mit der Formel «20% Solarstrom bis 2025» zusammengefasst. Dieses Ziel ist nach dem Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen AKW Mühleberg aktueller denn je. Der Umbau unserer Stromversorgung braucht Zeit und muss daher unmittelbar in Angriff genommen werden.
An der 10. nationalen Photovoltaik-Tagung vom 22./23. März in Baden steht die Frage im Zentrum, wie das 20-Prozent-Ziel konkret erreicht werden kann. Dabei geht es um zielführende politische Rahmenbedingungen, den Abbau von technischen, finanziellen und wirtschaftlichen Hürden sowie den Einbezug aktueller ökonomischer und technologischer Entwicklungen. An der von Swissolar gemeinsam mit dem Bundesamt für Energie (BFE) veranstalteten Tagung sprach auch Bundesrätin Doris Leuthard zur Rolle der Photovoltaik in der der Energiestrategie 2050 des Bundes. Swissolar nimmt sehr erfreut zur Kenntnis, dass das BFE das Potenzial für die Solarstromproduktion heute in der ähnlichen Grössenordnung sieht wie der Solarfachverband. Einen Unterschied gibt es beim Tempo: Swissolar will das grosse Solarstrompotenzial deutlich schneller erschliessen und damit klimaschädliche «Zwischenlösungen» bei der Stromversorgung vermeiden.
Die Vorzeichen stehen eigentlich gut. Erstens: Auf der Warteliste für die kostendeckende Einspeisevergütung stehen 12‘604 geplante Solarstromanlagen sozusagen im „Solarstau“ (Stand 10. März 2012). Diese Projekte können nicht realisiert werden, weil die KEV-Mittel besonders bei der Photovoltaik durch das Parlament mehrfach gedeckelt wurden. Damit blockiert die Politik eine schnell zu realisierende Stromproduktion von rund 450 Millionen Kilowattstunden pro Jahr (fast dreimal die Solarstromproduktion im Jahr 2011). Blockiert ist damit auch ein Investitionsvolumen in der Schweiz von rund 1.5 Milliarden Franken. Diesen Solarstau will die Parlamentarische Initiative der nationalrätlichen Energiekommission (UREK) auflösen, Swissolar fordert das Parlament und den Bunde srat auf, dieser Initiative zum Durchbruch zu verhelfen.
Zweitens: Die Kosten für Photovoltaikmodule sinken weiterhin beeindruckend schnell, 2011 um weitere 25 Prozent. Damit nähert sich die Photovoltaik der magischen Grenze von 1 Franken Modulkosten pro Watt. Zum Vergleich: 2005 kostete ein Watt noch 4 bis 5 Franken. Dies führt dazu, dass das 20-Prozent-Ziel von Swissolar in der Schweiz wesentlich günstiger zu erreichen ist, als noch vor einem Jahr angenommen. Mit der Umsetzung des Ziels „20 Prozent Solarstrom bis 2025“ steigt der mittlere Strompreis in der Schweiz um 1.4 bis maximal 2,4 Rp./kWh. Für einen Durchschnittshaushalt mit einem jährlichen Stromverbrauch von 4500 kWh ergibt das pro Monat 5 bis 9 Franken. Diesen Mehrkosten stehen die jetzt politisch entschiedenen Minderinvestitionen gegenüber: Den Bau vo n 2 AKW hätten die Stromkunden mit mindestens 20 Milliarden Franken über den Strompreis finanzieren müssen.
Detailliert wurde an der Swissolar-Tagung auch der Frage nachgegangen, wie viele Dachflächen zur Erreichung des 20-Prozent-Ziels zu welchem Zeitpunkt bereitgestellt werden müssen. Pro Jahr braucht es dafür eine Fläche von 7 km2 für Solarstrommodule. Bis 2025 ergibt das rund 90 km2. Das entspricht einer Fläche von 12 m2 pro EinwohnerIn. Alleine Wohnbauten, Industrie-, Gewerbe- und Dienstleistungsgebäude bieten bei einer Grundfläche von ca. 450 km2 mehr als 200 km2 bestens geeignete Dach- und Fassadenflächen für die Solarstromproduktion. Hinzu kommen die jährlich um ca. 4,5 km2 wachsende Gebäudefläche von Neubauten sowie bisher weitgehend ungenutzte Flächen auf Infrastrukturanlagen wie Lärmschutzwände, Parkplä tze, industrielle Brachen, Lawinenverbauungen, Wasserversorgungen/-kraftwerke, etc.
Swissolar-Präsident und Nationalrat Roger Nordmann zog an der 10. Photovoltaik-Tagung folgenden Schluss aus dem aktuellen Wissensstand: «Photovoltaik ist neben Wasserkraft das zentrale Standbein unserer zukünftigen Stromversorgung. Sie ist in unseren Breitengraden in wenigen Jahren konkurrenzfähig mit allen anderen Methoden zur Stromproduktion – vorausgesetzt man rechnet korrekt. Wir fordern Bundesrat und Parlament darum auf, jetzt den Umsetzungsprozess am Markt endlich zu starten. Nur mit der zügigen Entwicklung der neuen erneuerbaren Energien, insbesondere der Solarstromproduktion, können wir den Import von grossen Mengen an klimaschädlichem Kohle- oder Gasstrom vermeiden.»
Das Motto der Fachtagung mit mehr als 500 Teilnehmern aus Wirtschaft und Politik heisst «Photovoltaik als Baustein der Energiezukunft». Ziel der Tagung ist es aufzuzeigen, welchen Beitrag Solarstrom zu einem Umstieg auf eine hundertprozentig erneuerbare Stromversorgung innerhalb der nächsten 30 Jahre leisten kann. Das Swissolar-Zwischenziel lautet «20% Solarstrom bis 2025». Der erste Veranstaltungstag widmet sich den politischen Rahmenbedingungen, den wirtschaftlichen Aspekten und der Gebäudeintegration von Photovoltaikanlagen. Am zweiten Tag stehen Forschung, Industrieperspektiven und Brennpunkte der weiteren Expansion der Photovoltaik im Zentrum. Die gesamte Tagung wird mit 100% lokal produziertem Solarstrom versorgt.
Weitere Informationen: www.swissolar.ch: Hintergrundpapier „Wie die Schweiz 20% Solarstrom bis 2025 erreicht“. Veranstaltungshinweis siehe rechts oben im Blog von Solarmedia.
Roger Nordmann, +41 79 290 06 74 / David Stickelberger, +41 79 323 18 68
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