Wieviel und vor allem zu welchen Kosten kann Solarstrom – in Kombination mit Batterien und der flexiblen Wasserkraft – zur inländischen Stromproduktion beitragen? Das hat die Meteotest AG in der Studie «Firm PV power generation for Switzerland (FiPPS)» in verschiedenen Szenarien untersucht. Überraschendes Ergebnis: Wenn die Photovoltaik überdimensioniert ausgebaut würde, mit entsprechenden abregelbaren Stromüberschüssen im Sommer, könnte sie zusammen mit der inländischen Wasserkraftproduktion und in einer optimalen Kombination mit Batterien die Stromversorgung der Schweiz übers ganz Jahr sicherstellen. Dies bei Stromproduktionskosten im Schweizer Netz von 6 bis 8 Rappen pro Kilowattstunde. Die Studie wurde im Rahmen des Forschungsprogramms Photovoltaik des Bundesamts für Energie durchgeführt.
Die gängigen Vorurteile gegenüber Photovoltaik (PV) sind bekannt: Die Stromproduktion aus Photovoltaik sei zeitlich nicht kontrollierbar, die Nutzung erfordere grosse zusätzliche Speicherkapazitäten und darum könne PV keinen grossen Beitrag zur Stromversorgungssicherheit leisten. Ausserdem sei das alles sehr teuer.
Dass dem nicht so ist, zeigt unter anderem eine kürzlich fertiggestellte Studie der Berner Firma Meteotest in Zusammenarbeit mit amerikanischen Partnern (Clean Power Research und State University of New York at Albany). Das Schlagwort lautet «Firm PV Power». Gemeint ist damit PV-Strom, der sozusagen ganzjährig garantiert verfügbar ist, sei es direkt produziert und genutzt oder als zwischengespeicherter Strom. Die Studie zeigt auf, wie PV in der Schweiz einen effektiven und wirtschaftlichen Beitrag zur zukünftigen Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (EE) leisten kann. Unter Einbezug der flexiblen Wasserkraftressourcen wurde die optimalen PV-/Batteriekonfigurationen analysiert, um damit den wachsenden Strombedarf des Landes für jede Stunde des Jahres zu den geringstmöglichen Kosten decken zu können. Dies bei einem vollständigen Verzicht auf die Stromerzeugung aus Kernkraft.
Wir untersuchten 24 Szenarien mit hohem EE-Anteil, bei denen PV und Wasserkraft den Grossteil des Strombedarfs des Landes decken würden. Die Szenarien basieren auf den Energieperspektiven 2050+. Sie unterschieden sich vor allem bezüglich des Imports von Strom und den Batterie- und PV-Gestehungskosten, bei denen es grosse Unsicherheiten bezüglich der Preisniveaus für 2050 gibt. Die Modellierung basiert auf den Stundenwerten der Stromproduktion und -last der Jahre 2018-2020.
Da die Speicherung von Strom auch etwas kostet und teurer ist als die Produktion mit PV, gibt es ein Optimum zwischen dem Zubau zusätzlicher Speicher und einer Überdimensionierung von PV. Die Studie geht daher davon aus, dass ein Teil der PV-Produktion nicht direkt genutzt wird und abgeregelt werden muss. Unsere Analyse zeigt, dass je nach Szenario optimalerweise zwischen 10–20% der Energie der PV-Anlagen abgeregelt würden. Bei Szenarien mit nur wenig Import wäre eine höhere Abregelung nötig. 10–20% der Energie abregeln bedeutet, dass die maximale Spitzelleistung der PV-Anlagen um etwa 40–50% gesenkt würde.
Abhängig von zukünftigen Kostenprognosen für PV und Batterien und je nach Grösse des Beitrags von inländischen oder importierten regelbaren Ressourcen zeigen wir in unserer Studie, dass die Stromproduktionskosten in diesen Szenarien im Schweizer Netz bei 6 bis 8 Rappen pro kWh liegen würden. Dies entspricht in etwa den Marktpreisen bis Mitte 2021 und liegt weit unter den gegenwärtigen Marktpreisen.
Auch die Szenarien ohne oder mit nur geringfügigen Importen – entweder von Strom oder von synthetischen Energieträgern (E-Fuels) – zeigen nur geringfügig höhere Kosten, dies aufgrund des zentralen Elements der Überdimensionierung und der Abregelungen von PV. Unsere Analysen zeigen, dass das Konzept der PV-Überdimensionierung mit Abregelung ein guter Ansatz ist, um die Energiewende effizient zu gestalten. So wird auch das Energie-Trilemma –Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit und Bezahlbarkeit – deutlich entschärft.
Hier die wichtigsten Erkenntnisse:
- Das Szenario für 2050 mit den niedrigsten Kosten ergibt sich bei etwa 40 GW PV, 15% Abregelung und 15 GWh Batterien, einschliesslich 10% Nettoimporten (18 TWh im Winter), einem Anstieg der Stromerzeugung und -speicherung aus Wasserkraft um 10% (plus 1 TWh Saisonspeicher), einem Anstieg der Leistung der Pumpspeicherwerke (von 2.9 auf 5.7 GW) und einem Import von 5 TWh synthetischen Energieträgern (E-Fuels) zur Stromerzeugung.
- Die benötigten 10 – 85 GWh an Batterien scheinen realistisch, da mit der weiteren Verbreitung der Elektrofahrzeuge etwa 200 GWh an Batteriespeichern zur Verfügung stehen werden. Der Zugriff auf 10% dieser Speicher mit bidirektionalen Ladesystemen würde den Bedarf an externer Speicherung erheblich reduzieren.
- So unwahrscheinlich diese Konstellation auch sein mag: Der Inselbetrieb des Schweizer Netzes würde diese Kosten nur um durchschnittlich 7% erhöhen, er stellt keinen «Showstopper» dar.
- Ohne Überdimensionierung und Abregelung wären die Produktionskosten im Durchschnitt aller Szenarien in den Verbundszenarien (mit Import) um 63% und in der autonomen Netzkonfiguration um 450% höher. Der Hauptfaktor für diesen Kostenunterschied ist die erforderliche Menge an neuen Batteriespeichern, die ohne PV-Überdimensionierung und Abregelung um 1300% bzw. 7500% höher wäre.
- Welche Rahmenbedingungen es für einen aus volkswirtschaftlicher Sicht optimalen PV-Zubau in der Schweiz braucht, wurde in der Studie nicht untersucht.
Jan Remund, Leiter Energie & Klima, Meteotest AG
Bild: Shutterstock
Quelle: energeiaplus
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