Sonntag, 13. Juni 2021

CO2-Abstimmung und ein wenig Grundsätzliches

Alle Ergebnisse ab 12 Uhr !!! So lautete hier im Solarblog das Versprechen - daraus wurde nichts. Zu dieser Zeit war nicht einmal eine Trendaussage zur Abstimmung über das CO2-Gesetz möglich. Das war schon enttäuschend genug, denn im Vorfeld hatte man ja allgemein mit einer klaren Annahme der Vorlage gerechnet - aufgrund der breiten Abstützung. Der Hammer kam dann mit der ersten Hochrechnung....

So scheint am frühen Nachmittag dieses 13. Juni klar, dass die Vorlage für einen griffigeren Klimaschutz keine Mehrheit finden wird - vermutlich bewegt sich die Ablehnung im Bereich von 51% NEIN gegen 49% JA. Für's Erste bleiben sowohl Enttäuschung wie auch Erstaunen. Enttäuschung, weil das neue Gesetz doch so breit abgestützt war - und gar nicht so extrem (sonst wäre die breite Zustimmung gewiss nicht möglich geworden). Selten hatten sich in der Schweiz so gegensätzliche Interessengruppen in der Zustimmug zu einer Vorlage vereint - man denke etwa an die Wirtschaftsvertretung economiesuisse und die Vereinigung der Bergbauern, sowie WWF und Greenpeace. 

Erstaunen kommt angesichts des Resultats auf, weil es eigentlich nur wenige waren, die in Fundamentalopposition gegen das Gesetz gingen (mit der SVP eine einzige namhafte politische Partei sowie die Verbände der Automobil- und Ölwirtschaft). Obwohl auch diese Kreise zum Beispiel sonst der Kostenwahrheit einiges abzugewinnen behaupten. Aber wie schon früher mehrfach gelten solche Bekenntnisse im konkreten Fall dann nicht mehr viel. 

Von diesen Kreisen wurden plötzlich verwegene Alternativkonzepte (etwa eben jenes von der bald realisierbaren Wasserstoffwirtschaft - die aber sehr viel teurer wird) und ideologisch verbrämte Hoffnungen (die Marktwirtschaft wird es schon richten - nachdem sie gerade in der Klimafrage während nunmehr bald 50 Jahren einen Versager an den anderen reiht). Dem kann man begegnen mit dem Verweis auf den Artikel «Schiefe Wahrnehmungen der Klimapolitik» von ETH-Professor Lucas Bretschger. Er hält in einem neuen Beitrag fest (siehe > hier):  «Die Nutzen einer strikten Klimapolitik werden in der öffentlichen Debatte oft unterschätzt, während die Kosten generell überschätzt werden. Klimaschutz wirkt sich nicht nachteilig auf die wirtschaftliche Entwicklung aus.»

Noch so ein paar Bemerkungen zu einigen Akteuren in diesem Politthriller. Man wird sich ihrer Versprechen erinnern - etwa an jenes vom absehbaren Erfolg der Wasserstoffwirtschaft durch Christian Imark, den umtriebigen und mitunter schreienden SVP-Nationalrat. Erstaunlicherweise war er in den vergangenen Tagen kaum mehr zu hören. Oder die Wandlung des früheren Anti-AKW-Protagonisten, den Zürcher Stadtrat Filippo Leutenegger. Der Schreibende sass einst im Zug nach Kaiseraugst an die Kundgebung - neben Leutenegger, dieser mit dem Megaphon auf den Knien. Der tauschte dann Mega- mit Mikrophon, später Moderatorenposition mit Rechtsaussenpolitik. Und wollte es nun offenbar allen nochmals zeigen mit seinem Plakat gegen das Gesetz (was ja nicht allzuviel mit seiner stadträtlichen Aufgabe im Schuldepartement zu tun hat). 


Fillipo (er ist ja immer gleich mit allen per Du) wird man eines Tages fragen, ob denn eine günstigere und gleichzeitig wirksamere und erst noch bürokratieärmere Klimapolitik Realität geworden sei. Fragen müssen wird man auch die Klimajugend, ob deren teilweise geäussserte Ablehnung (die vielleicht sogar matchentscheidend war), nicht ein Eigentor war. Erst die genauere Resultate-Analyse wird diese Vermutung allenfalls bestätigen (man fühlt sich unschön erinnert an die Ablehung des EWR-Vertrags anfangs der 90er Jahre durch die Grüne Partei).

Surreal am Abstimmungsergebnis ist schliesslich, dass es wirksam wurde just am Wochenende des Gipfels der grossen  westlichen Industrienationen (G7). Sie verpflichteten sich auf jährliche Finanzleistungen an die Länder des Südens zur Abfederung der Klimafolgekosten in der Höhe von 100 Milliarden US-$. Die Umweltorganisation Oxfam erinnerte ihrerseits in einer Studie an die Unausweichlichkeit solcher Kosten (siehe > hier). 

Die Schweiz hat sich nun wieder mal von einer internationalen Ausrichtung ihrer Politik verabschiedet. Wie schon oben angedeutet, billig wird der Klimaschutz auf jeden Fall nicht - das Nichtstun vermutlich noch teurer, all denen zum Trotz, die jetzt die (erst noch nur vermeintlichen) Interessen ihres eigenen Portemonnaies haben sprechen lassen. Wobei Nichtstun eh keine Option ist.

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