Man kommt derzeit fast nicht darum herum, und die Headline der deutschen Zeitschrift «Der Stern» bringt es auf den Punkt. Sie schreibt in ihrer neuesten Ausgabe: «Sogar Ölmarktwächter rufen Ende des Ölzeitalters aus:» Die Internationale Energieagentur, einst gegründet, um die Ölversorgung zu sichern, stellt nun den Klimaschutz in den Mittelpunkt. Die Energie-Experten der OECD fordern auf, keine neuen Öl- und Gasfelder zu erschließen - und vieles mehr, insgesamt deren 400 Meilensteine.
Man kann ihn als den x-ten Bericht aus dem Umwelt- und Energiebereich abtun, zumal er von einer internationalen Organisation stammt, die sich bislang kaum als Fürsprech der Erneuerbaren hervorgetan hat. Allerdings - im Herbst 2020 rieb man/frau sich bereits schon mal die Augen – als die Internationale Energieagentur IEA die Solarenergie kurzerhand zur Königin der künftigen Energieerzeugung erkor. Was diese Woche nun um die Welt geht, ist ein Aufsehen erregender Bericht (siehe > hier), wobei er eigentlich nichts absolut Neues enthält. Speziell ist er trotzdem.
Erstens ist die Autorenschaft speziell: Die IEA hält unmissverständlich fest (was an die Reihe der immer noch notorischen Skeptiker der Erneuerbaren gerichtet ist): Im Jahr 2050 müsse der Energiesektor weitgehend auf erneuerbaren Energien statt fossilen Brennstoffen beruhen. Zwei Drittel der gesamten Energieversorgung würden dann von Wind, Sonne, Bioenergie, Geothermie und Wasserkraft stammen, schreiben die Expertinnen und Experten. Autos würden hauptsächlich mit Strom betrieben, die Luftfahrt setze weitgehend auf Biokraft- und synthetische Kraftstoffe. Das Ziel: "Im Jahr 2050 stammen fast 90 Prozent der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen." Der Bericht umfasst mehr als 200 Seiten – das braucht eine vertiefte Analyse, die vermutlich weniger in den Medien erfolgte, die sofort mit Schlagzeilen um sich warfen.
Zweitens passt der Bericht so gut zur in der Schweiz aktuellen Diskussion um das neue CO2-Gesetz. Dieses ist zwar nur in der Stossrichtung nach vergleichbar – im Zielrahmen wird die IEA viel radikaler, geht mit den 400 Massnahmen viel weiter. Aber pragmatische CH-Politiker*innen werden ein Kreuz an die Decke machen, dass sie eben nicht 400 einzelne Punkte im Abstimmungskampf verteidigen müssen. Zentral am IEA-Werk «Net Zero» ist die postulierte völlige Abkehr vom Öl (keine Erschliessung von neuen Ölfeldern mehr) – sowie von der noch immer Hunderte-Milliarden-schweren Subventionierung der Fossilen (neben Öl auch Gas und Kohle) insgesamt. Nochmals ein Blick auf die anstehende Abstimmung: Philipp Löpfe schreibt auf Watson dazu: «In der Schweiz werden wir bald über ein neues CO2-Gesetz abstimmen. Im Lichte des IEA-Reports wäre eine Ablehnung nur sehr schwer verständlich.»
Zentral ist auch das Einschwenken auf die neue Linie bezüglich der künftigen Energieversorgung. Man kann sie in Anlehnung an den US-Autor Mark Z. Jacobson (siehe Solarmedia vom 20.April 2021) auch WWS-Strategie nennen, also den Weg über Wind-Wasser-Sonne. Auch wieder stark zusammengefasst: Die IEA plädiert für massive Investitionen in nachhaltige Energie. Die Ausgaben für Energieanlagen mit tiefem CO2-Ausstoss müssten bis 2030 von derzeit rund zwei Billionen Dollar jährlich auf mindestens fünf Billionen Dollar erhöht werden.
Der Vollständigkeit auch noch erwähnt sei dieses weitere zentrale Anliegen des IEA-Berichts: Er schlägt vor und erachtet vielmehr als unerlässlich, bis ins Jahr 2035 im Verkehr auf Verbrennungsmotoren zu verzichten (also Benzin und herkömmliches Erdgas auszuschliessen).
Übrigens: die
Verwunderung von Solarmedia über den Bericht der IEA teilen viele Medien, so etwa:
- Watson, siehe
> hier
- Spiegel, siehe
> hier
- Solarserver mit
Fokus Solar, siehe > hier
- Sogar die NZZ hält
fest: Üblicherweise erstellt die Internationale Energieagentur vielbeachtete
Szenarien zur Klimapolitik und zum Energiesektor. In der jüngsten Studie
entwickelt die Agentur einen Pfad für «netto null». Der Bericht erinnert an den
Abstimmungskampf um das CO2-Gesetz , siehe > hier
Copyright: Guntram Rehsche Solarmedia
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