Ein Bündnis aus 14 Verbänden fordert in Deutschland die rechtliche
Gleichstellung von Direktverbrauch und Eigenverbrauch. Direktverbrauch
macht Mieterstrom und andere innovative Formen der Vor-Ort-Vermarktung erst
möglich.
Die von der Bundesregierung geplante Reform des
Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) stößt auf deutliche Kritik von
Branchen- und Verbraucherverbänden. Die Neufassung sieht vor, einen
Großteil künftiger Betreiber von Stromerzeugungsanlagen aus erneuerbaren
Energien und Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) in erheblichem Umfang
finanziell mit der EEG-Umlage zu belasten. Dies soll auch gelten, wenn
der Ökostrom nur für den Eigenbedarf oder die nachbarschaftliche
Direktversorgung von zum Beispiel Mietern produziert wird. Für
erneuerbar und klimaschonend erzeugten Mieterstrom will der Staat
künftig sogar 100 Prozent der Ökostromabgabe abkassieren. Ein breites
Bündnis aus 14 Verbänden fordert in einem heute in Berlin vorgestellten
Positionspapier, den direkten Vor-Ort-Verbrauch (Direktverbrauch) von
erneuerbarem und KWK-Strom – egal ob für den eigenen Bedarf oder zur
Deckung der Stromnachfrage von Dritten in direkter räumlicher Nähe –
rechtlich gleichzustellen und nicht mit neuen Abgaben künstlich zu
verteuern.
Holger Krawinkel, Leiter des Geschäftsbereichs
Verbraucherpolitik und Energieexperte des Verbraucherzentrale
Bundesverbandes (vzbv): „Eine Abgabe auf klimafreundlich erzeugten und
direkt vor Ort verbrauchten Strom ist vollkommen widersinnig. Es kann
nicht sein, dass Haushalte und Unternehmen dafür bestraft werden sollen,
dass sie die Energiewende selbst in die Hand nehmen.“ Der vzbv hat
berechnet, dass die Umlage auf den eigenverbrauchten Strom die
Allgemeinheit lediglich um 55 Cent pro Haushalt und Jahr entlasten
würde.
Große Teile der Industrie sollen hingegen weitgehend
von den Kosten der Energiewende befreit werden, selbst wenn sie
klimaschädlichen Kohlestrom verbrauchen. Dies werde die Energiewende
ausbremsen und keinesfalls preiswerter machen, so die Verbände. Sie
appellieren an Bundestag und Bundesrat, die geplante Energiewende-Abgabe
für Direktversorger schnell wieder aus dem Gesetzesentwurf zu
streichen.
Auch im Bundesrat formiert sich Widerstand gegen die
Pläne der Bundesregierung, künftig eine solche Energiewende-Abgabe zu
erheben. In der Länderkammer hatte sich bereits eine große Mehrheit der
Umwelt-, Energie-, Wirtschafts- und Agrarminister dafür ausgesprochen,
die Eigen- und Mieterversorgung mit einer deutlich geringeren EEG-Umlage
zu belasten als von der Bundesregierung geplant.
„Erneuerbarer Direktverbrauch ist für Mieter eine
Möglichkeit, sich selbst vor Ort mit lokal produziertem Ökostrom zu
versorgen. Die Pläne der Bundesregierung, sie jetzt mit einer neuen
Abgabe zu belasten, müssen schnell vom Tisch. Auch Mieter sollen von
inzwischen günstigem Strom aus erneuerbaren Energien und KWK profitieren
können. Es wäre absurd, Mieter, die regelmäßig keine Möglichkeit haben,
erneuerbaren Strom selbst zu erzeugen, nun auf diesem Weg von den
Vorteilen der Energiewende abzuschneiden“, so Lukas Siebenkotten,
Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes (DMB). „Schon bisher können
Mieter im Vergleich zu Hauseigentümern am wenigsten von der Energiewende
profitieren. Das darf nicht so bleiben.“
Inzwischen liegen auch erhebliche
verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regierungspläne vor, die
Selbst- und Mieterversorgung ohne Durchleitung des öffentlichen Netzes
mit der EEG-Umlage zu belasten und gleichzeitig den industriellen Bezug
von Strom aus Kohle- und Gaskraftwerken weitgehend von den Kosten der
Energiewende zu befreien. Dies ergab ein Rechtsgutachten, das der
Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) zusammen mit dem Bundesverband
Solarwirtschaft (BSW-Solar) jüngst veröffentlichte.
„Erneuerbare Energien waren in den letzten Jahren
ein bedeutendes, neues Standbein für die Landwirtschaft und den
ländlichen Raum. Viele Landwirte werden mit Biogas-, Solar- und
Windstrom zu „Energiewirten“ und tragen so wesentlich zur dezentralen
Energiewende in Deutschland bei. Es ist nicht einzusehen, warum direkte
Nutzer erneuerbarer Energien ebenso mit der EEG-Umlage belastet werden
sollen, wie fossile Stromverbraucher. Die Politik muss Verlässlichkeit
bei Förderung und Ausbau erneuerbarer Energien beweisen“, fordert Udo
Hemmerling, Stellvertretender Generalsekretär des Deutschen
Bauernverbandes. Heute stammt jede zweite Kilowattstunde Ökostrom aus
Erneuerbare-Energie-Anlagen, die sich in Bürgerhand befinden. Diese
beispiellose Beteiligung sei jetzt in Gefahr.
Das gemeinsame Positionspapier und Praxisbeispiele betroffener Akteure finden Sie hier:
www.bauernverband.de/direktverbrauch