Einleitend wird in diesem nunmehr rund zwei Jahre alten Buch von Volker und Cornelia Quaschning festgehalten: Die Frage für Viele scheint zu
sein, sind wir überhaupt noch zu retten? Klar sind wir das, denn sonst
hätten die Autor*innen das Buch ja nicht geschrieben! Die Lektüre lohnt auf jeden Fall heute noch - denn der Titel ist Programm: «Energie Revolution Jetzt!» Es beginnt mit
einer verblüffend einfachen Definition dessen, was wir als Klima zu
verstehen haben - nämlich den Durchschnitt des Wetters - und das Interesse ist gerade jetzt anlässlich der Klimakonferenz COP29 geweckt.
Es folgt eine längere Erörterung der Klima-Frage, die man getrost
überspringen kann, wenn man um deren Relevanz bereits weiss. Vor allem
kommt natürlich zur Sprache, inwieweit sich Deutschland auf einem
annehmbaren Pfad hin zum 1.5° Ziel befindet. Das ist gemäss den
Autor*innen nicht oder kaum der Fall, zumal ein Erreichen der Klimaziele
im Jahre 2045 seitens dieses grossen Industrielandes für ungenügend
erachtet wird. Abgehandelt werden unter anderem die Klimakonferenzen
Rio 92, Montreal 97, Kopenhagen 2009, Paris 2015 und die letzten
Veranstaltungen in Abu Dhabi und nun 2024 im aserbeidschanischen Baku. Zwei Jahre rund nach Niederschrift
des Buches, stecken wir ja unterdessen mitten in einer veritablen Energierevolution, die als eine, aber eben nur eine Voraussetzung für die Lösung der Klimafrage gilt.
Der Solar-Zubau
im Welt-Massstab, etwas weniger auch der Zubau von Windkraft, ist ja in
unglaubliche Dimensionen hinein gewachsen, so dass nunmehr wirklich an
verschiedensten Orten von der Solar-Revolution die Rede ist, so etwa in jüngster Zeit in Artikeln der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Frankfurter
Rundschau und von Die Zeit. Die schiere Grösse des PV-Zubaues ermöglicht
unterdessen, pro Jahr so viel Strom zusätzlich im Weltmassstab
herzustellen wie aus Atomkraftwerken insgesamt stammt - lächerlich, dass
da eine Atom-Renaissance herbei geschrieben wird an verschiedenen
Stellen.
Bei aller Euphorie sind zwei
Aspekte wichtig und nicht zu vergessen - auf sie ist unterdessen
das Augenmerk zu richten, allda sind: einerseits die ungenügende
Speichermöglichkeit, um Stromlücken irgendwelcher Art auch mit
Solarstrom zu überbrücken und andererseits das Problem, den Solarstrom
dorthin zu transportieren, wo er gerade gebraucht wird. Denn das ist
trotz aller Dezentralisierung der solaren Stromproduktion eben auch
nötig, ein immenser Leitungsbau.
Doch zurück zum Buch. Wir sind
unterdessen rund auf Seite 92: Ab da wird das Potenzial von Wind- und Sonnenenergie erläutert.
Alleine reicht in Deutschland keine von beiden Quellen für «100 % erneuerbar» -
aber in der Kombination bewirken Sie Wunderbares. Auch in Deutschland
wird wie in der Schweiz seit nunmehr Jahrzehnten (früher mit der
fehlenden Atomkraft, heute mit den erneuerbaren) wegen eines Blackouts
gegen letztere gewettert. Aber ist dieser Black-out jemals eingetreten?
Nein die Autor*innen versteifen sich sogar auf die Aussage, dass die
Versorgungssicherheit dank der dezentralen Energieerzeugung ständig
wächst und nicht wegen der Erneuerbaren abnimmt. Das stimmt im übrigen
auch, wenn man die Versorgungssicherheit der letzten Jahre statistisch
anschaut. Gilt sowohl für Deutschland wie für die Schweiz. Und auch das
gegenwärtige Energiesystem ist ja gegen Black-outs nicht gefeit, denn
der Ausfall eines Grosskraftwerk wie etwa eines AKW, könnte die
Stromversorgung gefährden.
Grosse Knacknuss der Energiewende ist ohne Zweifel das Speichern,
zumal für Deutschland. Hier rechnen die Autor*innen mit einem
zusätzlichen Speicherbedarf gegenüber den vorhandenen Pumpspeichern von
rund dem 1000fachen. Sie sehen aber alternative Möglichkeiten, etwa
durch Nutzung der Raumtemperatur in Gebäuden, die bei Stromüberschuss
leicht überheizt werden können, wobei bei Stromlücken dann Energie
abgezogen wird. Wie das allerdings funktionieren soll im grossen Stil,
scheint mir doch ein bisschen visionär oder unwahrscheinlich. Aber
es gibt ja natürlich - und darauf wird auch Wert gelegt - viele weitere
Speichermöglichkeiten - in deren Mix liegt zweifellos ein grosses
Potenzial, etwa auch beim bidirektionalen Laden von E-Autos (und nie vergessen: die Schweiz hat dank der Wasserkraft wie etwa Norwegen bereits ausserordentliche Speichmöglichkeiten).
Die Abhandlung über den Stand der Atom-Wirtschaft bringt sodann nichts
Neues, ist seit dem Verfassen des Buches sogar überholt, weil
unterdessen ja zum Beispiel in Deutschland alle AKW wirklich ausser
Betrieb sind und weil auch die modernen vielversprechenden Technologien weiterhin nirgends halten, was sie versprechen. Es ist also nicht
damit zu rechnen, dass die Atom-Technologie das Klimaproblem in grossem Stil lösen
könnte. Auch wenn ein Bill Gates immer noch daran zu glauben scheint.
Volker Quaschning kommt ins Psychologiesieren, wenn er versucht zu erklären, warum
Gates etwa oder auch der deutsche Ökonom Hans-Werner Sinn immer noch an
die Atom-Technologie glauben - und verneinen, dass mit Erneuerbaren ein
Energiesystem zu 100 % bestritten werden kann. Das ist demgegenüber nur
schon angesichts der Grössenordnungen eben mit der Atomwirtschaft
nicht möglich.
Nicht mehr auf der Höhe der Zeit sind Ausführungen zum
Wasserstoff. Zumindest wird im Buch behauptet, dieser komme in der
Natur überhaupt nicht vor, was unterdessen widerlegt zu sein scheint. Und viele Länder beginnen mit der Realisierung eines diesbezüglichen Netzes.
Ein Zwischenfazit zur Hälfte des Buchs ist angebracht. Zur Lösung
der Klimakrise braucht es eine Energierevolution, das ist der erste
Punkt. Und als zweites gilt festzuhalten, die nötigen Technologien um
diese Energie-Revolution durchzuführen, sind praktisch alle schon
vorhanden. Selbst im Speicherbereich ist schon einiges da, wenn man den
kurzen und mittelfristigen Speicher-Prozess betrachtet. Der schwierigste
Punkt ist die Langzeitspeicherung von Energie, bei der unterschiedliche
Länder unterschiedliche Voraussetzungen haben. Wie erwähnt hat die Schweiz eben gute Voraussetzungen mit ihren bereits
gebauten grossen Wasser-Speichern.
Ab Seite 137 erfährt grüner Wasserstoff die nötige Aufmerksamkeit.
Bezüglich verschiedener Anwendungen lassen sich dabei klare Aussagen
treffen: Wasserstoff, selbst grüner, ist weniger geeignet für den
Verkehrssektor und das Heizen, hingegen mehr für industrielle Prozesse
und das Speichern von Solar- und Wind-Energie (plus Luft- und
Schifffahrt). Als einschneidende Beschränkung kommt hinzu, dass wir gar
nicht über genügend erneuerbare Energien verfügen, um diesen eben grünen
akzeptablen Wasserstoff in nötigen Mengen herzustellen.
Wie die Schweiz schlägt sich Deutschland auch mit der Frage herum,
inwieweit Importe die Lücken füllen können. Dazu ein bemerkenswertes
Zitat auf Seite 146: «Am Ende ist es doch nur gerecht, den Strom
dort zu erzeugen, wo er auch gebraucht wird. Wer den Bau von
Windkraftanlagen ablehnt, erwartet selbstredend, dass diese woanders
gebaut werden und ausserdem viele andere Menschen vom Leitungsbau
betroffen werden.» Und weiter ist zu bedenken, dass der Aufwand für
Stromkabel immens ist, auf jeden Fall viel grösser als für den Bau von
Windrädern vor Ort. Eine Stromtrasse kommt einer in die Erde verlegten
Strasse gleich, die elf Meter breit ist - das wurde zum Beispiel für den
Stromtransport von Nord- nach Süddeutschland nötig, da der Widerstand
gegen Strommasten viel zu gross war. Das Fazit lasse ich gleich nochmals
Volker zitieren (S.148): «Stromimporte von grossen Photovoltaik-Anlagen
in Nordafrika und Überleitung nach Deutschland sind nicht billiger als die
Solarstromerzeugung in Deutschland.» Schliesslich braucht zum
Beispiel Marokko seinen Strom zuerst einmal selber, denn es hat sich die
eigene Dekarbonisierung auch auf die Fahne geschrieben (und ist dabei
auch schon beachtlich weit fortgeschritten). Ähnlich ist auch zu
argumentieren, wenn der Import von grünem Wasserstoff ins Auge gefasst
wird. Erschwerend gehen dabei rund 70 % der transportierten Energie
verloren und der teure Wasserstoff bringt die Gefahr mit sich, dass die
Industrie ab wandert, nämlich dorthin wo die billige Energie unmittelbar
verfügbar ist. Das ist eine prophetische Vorhersage, die unterdessen im
Jahre 2024 Jahr einzutreten scheint, etwa mit der massenweisen
Schliessung von Produktionsstätten für Autos in Deutschland.
Auf Wiedergabe der Abhandlung zu den E-Autos, sei hier
verzichtet. Denn Quaschnings sagen selber: «Weniger Autos braucht
das Land!»
Interessant und neuer ist die folgende Abhandlung zum Flugverkehr (ab S.181). Zuallererst eine zentrale Einsicht: die Verbrennung von
Kerosin am Boden verursacht eine wesentlich geringere
Treibhausgaswirkung als in hohen Höhen - deshalb wohl auch die unterschiedlichen
Statistiken. Fluggesellschaften nutzen zum Beleg natürlich entstehende s
CO2 am Boden und kommen so auf die zwei oder drei Prozent am gesamten Aufkommen,
während Flugkritiker die effektiven Schadstoffwirkungen auf das 3-5
fache beziffern. Ein schöner Salat. Gemäss Volker sind nur elf Prozebt der
Weltbevölkerung für Flug-Klima-Schäden verantwortlich, also
heisst das ja auch, dass jährlich so viele Leute in der Welt fliegen und
eben nicht nur die behaupten zwei bis vier (Berechnung Solarmedia). Weitgehend klimaneutral fliegen wäre nach heutigen Berechnungen
mindestens doppelt so teuer mit Bio Kerosin als mit fossilen Bio
Kraftstoff.
Das Buch rechnet ab Seite 200 mit haltlosen Vorurteilen ab. So etwa
mit der Angabe, die Produktion eines Moduls verbrauche mehr Strom als
es je erzeugen kann. Das ist auch darum totaler Unsinn, weil sonst bei
den Unmengen heutzutage hergestellter Module der Stromverbrauch sehr
viel stärker in die Höhe hätte schnellen müssen. Die behaupteten
Brandgefahren sind insofern Unsinn, als sie die gleichen sind wie bei
allen anderen elektrischen Anlagen und vermutlich grösser als bei Gas-
und Ölheizungen. Auf die neuerdings häufig geäusserte Kritik bezüglich
Flächen- und Rohstoffverbrauch durch eine grosse Zahl von
Solarmodulen gehen die Quaschnings nicht ein. Wobei sich diese
Kritikpunkte ja einfach entkräften lassen (so etwa verbraucht
zivilisiertes Leben in vielen anderen Bereichen noch wesentlich mehr
Material, also etwa die Auto-Wirtschaft, wenn bald mal jeder ein Auto
besitzt, oder auch die Ausstattung mit elektronischen Hilfsmitteln, die
ja nicht enden will).
Der letzte Viertel des Buches widmet sich vielen Verhältnissen in
Deutschland, deren Wiedergabe sich hier erübrigt, auch wenn viele der
erwähnten Aspekte in der Schweiz ähnlich sind oder zumindest interessant
als Gedanken-Anstoss (etwa zum Wohnen, wo die Schweiz weiter zu sein
scheint bezüglich CO2–Abgabe - oder dann etwa zur tiefen
Tiefengeothermie, wo Deutschland weiter ist - erst recht im Bereich der
Windenergie, die unterdessen ja die wichtigste Stromquelle in
Deutschland überhaupt darstellt).
Bleibt noch das letzte Kapitel, das sich unter dem Schlagwort
Furzerei der Kühe zusammenfassen lässt. Die Quaschnings sind überzeugte
Veganer… kein Wunder, kommen Sie zum Schluss, wir haben es selber in der
Hand, die Klimakrise noch aufzuhalten.
Copyright: Solarmedia Guntram Rehsche