Montag, 31. Januar 2011

PV aus und für die Schweiz

Auch für den Energiemarkt Schweiz wird Sonnenenergie immer lukrativer. An verfügbaren Flächen und Sonnenschein mangelt es hierzulande nicht, und dank staatlichen Förderprogrammen holt die Schweiz derzeit kräftig auf, so lautete das Fazit des 45. Wissenschaftsapéros zum Thema Photovoltaik (PV).

Dünnschicht-Photovoltaik: Von der Empa entwickelte Solarzelle aus fotografischen Farbstoffen und flexible Anwendungen - ausgestellt an den Züricher Umwelttagen im vergangenen Sommer (Bild: Guntram Rehsche)











Die Photovoltaik ist «im besten Alter»; die ersten Solarmodule kamen vor mehr als 50 Jahren zur Energieversorgung von Minisatelliten zum Einsatz. Heute produziert das grösste Solarkraftwerk der Schweiz auf dem Dach des «Stade de Suisse» 1.3 GWh Strom pro Jahr. Denn selbst im Schweizer Mittelland genügt die durchschnittliche Sonneneinstrahlung für eine effiziente Solarstromproduktion. «Sonnenschein haben wir genügend», erläuterte etwa Stefan Nowak vom Bundesamt für Energie. Dank neuer Förderpraxis und der garantierten Einspeisevergütung seien in den letzten Jahren auch in der Schweiz grössere Fortschritte bei der Erstellung von Photovoltaikanlagen erzielt worden. «Durch die Netzintegration lässt sich mit der Einspeisung von überschüssigem Solarstrom sogar nachhaltig Geld verdienen.» Rund 24 bis 30 Quadratmeter Modulfläche reichen für den Strombedarf einer vierköpfigen Familie. Laut Nowak ist es lediglich eine Frage der Zeit, wann Kostenparität mit konventionell erzeugtem Strom erreicht sein wird.

Die Schweiz verfügt im international boomenden Solarenergiemarkt über wertvolle technologische Kompetenzen. Diese gilt es laut Stefan Nowak nicht nur für den Export zu nutzen. Wenn die technische Weiterentwicklung der Photovoltaik und die in der Schweiz noch reichlich verfügbaren Dachflächen berücksichtigt werden, «dann ist ein Potential von rund 30 Prozent des Schweizer Strombedarfs durch Sonnenenergie durchaus realistisch.» Aufgrund sinkender Anschaffungskosten und gezielter Fördermassnahmen erwartet er ähnlich wie in den Nachbarländern auch für die Schweiz eine Vervielfachung der Solarstromproduktion. «Dann werden auch wir in der Schweiz durchstarten», so der Energiefachmann.

Doch offenbar hegen Herr und Frau Schweizer noch immer etliche Vorurteile gegen die Photovoltaik. Zu diesem Schluss kommt Adrian Kottmann, Energieingenieur und Geschäftsführer der BE Netz AG, die auf die Planung und Installation von Solaranlagen spezialisiert ist und kürzlich eine erste Niederlassung in Zürich eröffnet hat. Erst seit die Kosten deckende Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbaren Energien im Januar 2009 in Kraft trat, sei das Interesse merklich gewachsen. «Produzenten von Solarstrom erhalten für den ökologischen Mehrwert einen Preis, der über dem Marktpreis liegt. Damit lässt sich eine Photovoltaikanlage über 25 Jahre amortisieren, inklusive einer Verzinsung des eingesetzten Kapitals», erklärte Kottmann. Wird bedacht, dass Privathaushalte für 30 Prozent des Schweizer Stromkonsums verantwortlich sind, sei die Eigenproduktion auf dem Dach sinnvoll. Moderne Energie-Plus-Häuser produzieren heute schon mehr als das Zweieinhalbfache des Eigenverbrauchs an Energie.

Dieses moderne Energie-Plus-Haus in Luzern stellte Adrian Kottmann von BE Netz AG vor. Hier muss schon genauer hingeschaut werden, um die Solarpaneele auf dem Dach von Schieferplatten zu unterscheiden. (BE Netz AG, Ebikon) Und seit komplett in die Dachflächen integrierbare Solarmodule erhältlich sind, sprechen auch ästhetische Argumente oder die Bewilligungspraxis nicht mehr gegen eine Photovoltaikanlage auf dem Dach. «Da muss man heute schon genauer hinschauen, um festzustellen, ob es sich auf dem Dach um Schieferplatten oder Solarpaneele handelt», so Kottmann. Dennoch heisst es realistisch bleiben: «Die Photovoltaik kann einen namhaften Beitrag leisten, aber wir werden mit erneuerbaren Energien nicht den gesamten Strombedarf der Schweiz abdecken können», ist das Fazit des Ingenieurs.

Was wird die Zukunft Neues bringen? Andere High-Tech-Alternativen
Künftige Entwicklungsmöglichkeiten in der Photovoltaik – etwa bei der Steigerung der Energieausbeute oder bei neuartigen Dünnschichttechnologien – stellte der Empa-Forscher Frank Nüesch vor. «Auch wenn heute die bläulich glänzenden Siliziumsolarzellen das Erscheinungsbild von Solaranlagen dominieren, so gibt es doch eine Reihe weiterer Technologien, die durchaus auch ein Marktpotenzial haben», so Nüesch, Leiter der Abteilung «Funktionspolymere» an der Empa. Dabei werden beispielsweise andere Halbleitermaterialien als Silizium oder sogar organische Farbstoffe verwendet, die sich mit anderen, teils kostengünstigeren Verfahren verarbeiten lassen. Hinzu kommt die Materialersparnis bei der Herstellung so genannter Dünnschichtzellen, deren geschätzter Marktanteil bei 20 bis 30 Prozent liegt.

Ausserdem eröffnen sich durch siliziumfreie Dünnschichttechnologien völlig neue Einsatzmöglichkeiten, etwa für flexible Solarzellen. Mit einem Wirkungsgrad von 17.6 Prozent hält die Empa gegenwärtig sogar den Weltrekord für flexible Solarzellen. Laborprototypen auf der Basis von Polymeren oder organischen Farbstoffen erreichen etwa 8 Prozent Wirkungsgrad, Tendenz – auch hier – steigend. Ein weiteres viel versprechendes Konzept sind Tandemzellen, die zwei Energiebereiche der Sonnenstrahlung gleichzeitig absorbieren und so einen höheren Wirkungsgrad erreichen. «Gegenwärtig nimmt die Photovoltaikforschung in der Schweiz international einen Spitzenplatz ein», so Nüesch. «Doch damit wir auch in Zukunft diesen Innovationsvorsprung behaupten, müssen wir sie weiterhin aktiv fördern.»

Quelle: Matthias Nagel, Empa-Abteilung «Funktionspolymere»

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