Montag, 31. Mai 2021

Wasser und Strom vom solaren Wasserkiosk

Kinder holen aus dem Brunnen frisches Wasser. Ermöglicht wird dies durch den Solar-Wasser-Kiosk.

In der Region Homa Bay in Kenia ist Wasser ein rares Gut. Der Zugang zu sauberem Trinkwasser ist nicht gewährleistet und die Wasserqualität in den meisten Haushalten ist unzureichend und unsicher.

Solar-Wasser-Kioske sollen nun die Situation verbessern. Das Projekt sieht den Bau einer solarbetriebenen Wasserpump- und Aufbereitungsanlage vor. Das Wasser wird aus einem Bohrloch gepumpt, aufbereitet und an zwei solare Wasserkioske geliefert. Die Kioske werden den Menschen in der Region neben sauberem Wasser auch die Möglichkeit bieten, elektrische Geräte mit Strom und kleinen Solarsystemen zu versorgen. So sollen die Lebensbedingungen von mehr als 20’000 Menschen durch eine zuverlässige Wasser- und Energieversorgung verbessert werden.

Nachdem die Bohrung des 180 Meter tiefen Lochs abgeschlossen wurde, konnte auch die Installation der Solarwasserpumpe sowie der Solarstromanlage fertiggestellt werden. Die Solar-Wasserpumpe ist mit einem Detektor verbunden, der die Wasserstände in den Tanks überwacht, um den Pumpvorgang automatisch zu stoppen, wenn die Tanks voll sind. Das Solarenergiesystem besteht aus 80 Solarpanels, wobei jedes 375W produziert. Die erste Gemeinde ist bereits in der Lage, sauberes und sicheres Wasser zu holen. Der zweite Wasserkiosk befindet sich in der Schlussphase.

Das aus dem Bohrloch produzierte Wasser und der Solarstrom werden über die solaren Wasserkioske zu erschwinglichen Preisen an die Gemeinden verkauft, um die kontinuierliche Wartung der Anlagen zu finanzieren. Der Bau des solaren Wasserkiosks ist ein Erweiterungsprojekt von Solar Learning Kenia. Die Solarinstallationen für die Pumpenanlage und auf dem Dach der Kioske dienten als Schulungsmöglichkeit für bereits ausgebildete Solarfachleute. Einige der ehemals geschulten Schülerinnen und Schüler waren bei der Installation anwesend und hatten die Möglichkeit zu sehen, wie das System funktioniert und wie die Solarmodule angeschlossen wurden. Der Solar-Wasser-Kiosk wird u.a. durch den Klimafonds von EKOenergy mitfinanziert.

 

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Samstag, 29. Mai 2021

Das CO2-Gesetz sorgt für mehr lokale Energie

Der Solar-Fachverband Swissolar empfiehlt ein Ja zum CO2-Gesetz. Es ist dringend nötig, um die Abkehr von Öl und Gas zu beschleunigen und stattdessen lokale und erneuerbare Energie (beispielsweise von der Sonne) auszubauen. Das Gesetz führt über Anreize zu weniger Geldabfluss ins Ausland und stattdessen zu mehr Investitionen und Arbeitsplätzen in der Schweiz. Mit dem Gesetz soll der CO2-Ausstoss bis 2030 halbiert werden. Strom und Wärme von der Sonne kann einen massgeblichen Teil beisteuern und andere Energielieferanten wie Wasser, Biomasse oder Wind optimal ergänzen.

Foto: Solarfassade der Migros-Filiale Münsingen
mit einer Leistung von 218,5 kW, © 3S Solar Plus AG

Fossile Energien sind derzeit für 80 Prozent des Schweizer Treibhausgasausstosses verantwortlich. Wir importieren jährlich für 8 Milliarden Franken Öl und Gas. Geld, das ins Ausland abfliesst. Um den Schweizer CO2-Ausstoss bis 2030 zu halbieren und spätestens 2050 Netto-Null zu erreichen, muss die Schweiz ihren Energiemix schnell dekarbonisieren. Dazu braucht es Anreize für mehr Energieeffizienz und mehr erneuerbare Energie. Das CO2-Gesetz setzt die dringend notwendigen Weichen dafür.

Weniger importiertes Öl und Gas – mehr lokale Energien: Der in naher Zukunft notwendige, nahezu vollständige Verzicht auf fossile Energien wird in der Schweiz zu einem zusätzlichen Strombedarf von voraussichtlich 20 bis 25 Terawattstunden (TWh) führen. Hauptverantwortlich dafür sind der Wechsel von Verbrennungsmotoren zu Elektromobilität und der Ersatz von Öl- und Gasheizungen durch Wärmepumpen. Photovoltaik allein kann in der Schweiz das Vielfache der dazu benötigten Elektrizität produzieren. Deshalb müssen wir den Solarstrom-Zubau möglichst zeitnah auf jährlich 1500 MW steigern, also vervierfachen.

Nur schon die für Solarstrom besonders geeigneten Dach- und Fassadenflächen der Schweiz könnten jährlich 67 TWh Elektrizität liefern. Ausserdem ist das Potenzial auf Parkplatzüberdachungen, alpinen Anlagen und anderen Bauten immens. Heute liefert die Photovoltaik in der Schweiz ca. 2.9 TWh pro Jahr, was knapp 5 Prozent des Schweizer Strombedarfs deckt. Der Zubau ist erfreulicherweise steigend, aber immer noch viel zu zögerlich, um die Klimaziele zu erreichen. Der Ausbau der Photovoltaik sorgt nicht nur für eine lokale Energie-Versorgung, sie verschafft dem heimischen Gewerbe auch gute Aufträge. Von 2019 bis 2021 haben sich die Beschäftigten im Solarsektor mehr als verdoppelt. Heute schafft der Solarsektor ca. 6'000 Vollzeitstellen in der Schweiz. Laut einer ZHAW-Studie könnte eine Solar-Offensive in den nächsten 5 Jahren rund 10'000 zusätzliche Stellen schaffen und damit den wirtschaftlichen Aufschwung nach der Corona-Pandemie massgeblich unterstützen.

Die Lösung: Investitionen, Effizienz, Erneuerbare - Mit dem CO2-Gesetz sollen sowohl Sanierungen der Gebäudehüllen als auch der Einsatz erneuerbarer Wärme beschleunigt werden. Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, muss der CO2-Austoss des Schweizer Gebäudeparks jährlich um 3 Prozent gesenkt werden. Die Kombination von Photovoltaik-Anlagen mit Wärmepumpen oder das Zusammenspiel von Solarwärmeanlagen und Holzheizungen sind gute, erprobte Lösungen in diesem Bereich. Gemäss den Energieperspektiven 2050+ des Bundesamtes für Energie könnte die jährliche Produktion von Solarwärme gegenüber heute um den Faktor 4 gesteigert werden.

Das CO2-Gesetz macht den Import und Verbrauch von fossilen Energien weniger attraktiv und belohnt dafür klimafreundliches Verhalten und lokale Energiegewinnung. Dazu gehört unter anderem auch der Ausbau und Einsatz von Solarstrom und -Wärme. Jedes Jahr werden schon heute in der Schweiz tausende Gebäude zu CO2-freien Strom- und Wärmeproduzenten. Aber noch viel mehr ist notwendig - und auch möglich. Der Schweizerische Fachverband für Sonnenenergie Swissolar empfiehlt deshalb gemeinsam mit fast allen Wirtschafts- und Umweltverbänden dringend ein Ja zum CO2-Gesetz.

Mehr Informationen bei den zwei Ja-Komitees, bei denen Swissolar Mitglied ist:

Schweizer Wirtschaft für das CO2-Gesetz

Ja-Komitee Klimaschutz mit CO₂-Gesetz

Foto: Solarfassade der Migros-Filiale Münsingen mit einer Leistung von 218,5 kW, © 3S Solar Plus AG

Quelle: Swissolar

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Freitag, 28. Mai 2021

Aktuell: Tage der Sonne

 


Nach wie vor bestimmt Corona und die damit verbundenen Einschränkungen unser alltägliches Leben. Alle Informationen zu Corona und den Tagen der Sonne, die derzeit stattfinden > hier.

Quelle: www.tagedersonne.ch

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Neues Präsidium - und ein JA zum CO2-Gesetz!

An der Gesamterneuerungswahl des Swissolar-Vorstands wurde Jürg Grossen am Donnerstag zum neuen Präsidenten des Schweizerischen Fachverbands für Solarenergie (Swissolar) gewählt. Der grünliberale Nationalrat übernimmt das Amt von Roger Nordmann (SP). Mit der Nationalrätin Gabriela Suter (SP) hat Swissolar neu auch eine versierte Energiepolitikerin im Vizepräsidium. An der Generalversammlung betonten die drei Politiker nochmals die zentrale Bedeutung der Abstimmung über das CO2-Gesetz. Ein Ja am 13. Juni 2021 ermöglicht den speditiven Ausbau der Solarenergie zu einer zentralen Stütze der Schweizer Energieversorgung. Nur damit schaffen wir den Weg in eine klimaneutrale Zukunft.  

Nahezu einstimmig wurden Jürg Grossen (siehe Bild links) und Gabriela Suter heute von den Swissolar-Mitgliedern als Präsident und Vize-Präsidentin in den Vorstand von Swissolar gewählt. Der Kandidat und die Kandidatin wurden zuhanden der Generalversammlung vom Vorstand vorgeschlagen. Jürg Grossen übernimmt das Amt von Roger Nordmann (Bild Mitte), der das Präsidium nach 11 Jahren abgibt. In dieser Zeit ist die Solarenergie aus seiner Nische herausgewachsen und hat sich als zentrale Stütze der Schweizer Energiewende positionieren können. Die in der Schweiz installierte Photovoltaik-Leistung stieg während seiner Amtszeit um den Faktor 28 und die Anzahl Swissolar-Mitglieder verdreifachte sich nahezu. Swissolar-Geschäftsleiter David Stickelberger sagt dazu: «Nordmanns Kompetenz und Engagement brachte den Verband und die Branche enorm voran.»

Roger Nordmann sagte in seiner Abschiedsrede «Der letztjährige Rekordzubau bei der Photovoltaik ist grossartig. Aber um die Energiewende zu schaffen, muss er um den Faktor 4 gesteigert werden. Voraussetzung dazu ist ein Ja zum CO2-Gesetz am 13 Juni. Die Annahme des CO2--Gesetzes wird die Schweizer Energieversorgung sicherstellen, viele Arbeitsplätze schaffen und die Wertschöpfung in der Schweiz steigern.»

Nordmann betont, dass die Nachfrage nach Arbeitskräften in der Solarbranche derzeit das Angebot übertrifft: «Menschen die aufgrund der Pandemie ihr Stelle verlieren, finden bereits heute in der Solarbranche aussichtsreiche Arbeitsstellen.»

Jürg Grossen ist ein Mann der Praxis. Mit dem Nationalrat tritt nun die nächste gewichtige Stimme der Schweizer Energiepolitik an die Spitze von Swissolar. Der Präsident der Grünliberalen Partei ist aus Sicht des Fachverbands eine ideale Besetzung für das Amt. In Frutigen leitet der Co-Geschäftsführer die Geschicke von drei Unternehmen im Elektroplanungs- und Gebäudetechnikbereich mit. «In unseren Betrieben bilden wir auch Lernende aus. Die Planung und Realisierung von Elektro- und Solaranlagen und der Einsatz von smarter, energiesparender Gebäudetechnik fasziniert die Jugendlichen besonders. Die Energiewende schafft für die Jugend beste Zukunftsaussichten», sagt Jürg Grossen.

Gabriela Suter setzt sich für Frauenförderung in der Umwelttechnik ein. Zusätzlich zu den beiden bisherigen Vizepräsidenten David Galeuchet und Andreas Haller wählten die Swissolar-Mitglieder neu Gabriela Suter zur Vizepräsidentin. Die Nationalrätin (SP) tritt in der Kommission Umwelt, Raumplanung und Energie UREK-N des Nationalrats für eine nachhaltige Energiepolitik ein. Sie sagt: «Als Vizepräsidentin von Swissolar werde ich mich unter anderem dafür einsetzen, dass Berufe auf dem Bau auch für Frauen attraktiver werden. In der Energieberatung, Planung und Installation von Umwelttechnik sehe ich für Frauen ein grosses, bisher ungenutztes Potenzial.»

Fakten zum Arbeitsmarkt: Wie wirkt sich die Energiewende und die Dekarbonisierung auf den Arbeitsmarkt aus? Welche Berufe sind besonders gefragt? Gibt es in der Schweiz genug Fachkräfte für den erforderlichen Zubau an Solarenergie? Und wie wird man zur Fachfrau oder zum Fachmann in der Solarbranche? Eine an der Generalversammlung vorgestellte Dokumentation von Swissolar beantwortet diese und andere Fragen zum Solararbeitsmarkt und zur Aus- und Weiterbildung.

Solarprofis® - Start der Swissolar-Kampagne für noch mehr Qualität: Zum Abschluss der Generalversammlung präsentierte Swissolar die neue Werbekampagne für Qualitätslabel Solarprofis®. Nur Betriebe, die den von Swissolar festgelegten, strengen Kriterien genügen, erhalten dieses Label und werden im Solarprofis®-Verzeichnis aufgeführt. Damit schafft Swissolar bezüglich Qualität bei der Planung und Installation von Solaranlagen Orientierung und Transparenz für Auftraggeber. Die Werbekampagne soll die Bekanntheit von Solarprofis® unter Bauherrschaften und Fachpersonen steigern, damit diese einfach und schnell verlässliche und qualifizierte Solarbetriebe finden.

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Weitere Auskünfte:
David Stickelberger, Geschäftsleiter Swissolar, stickelberger@swissolar.ch, +41 (0)79 323 18 68
Roger Nordmann, Ex-Präsident Swissolar, roger.nordmann@parl.ch, +41 (0)79 290 06 74
Jürg Grossen, neugewählter Präsident Swissolar, juerg.grossen@parl.ch, +41 (0)79 444 94 65
Gabriela Suter, neugewählte Vizepräsidentin Swissolar, gabriela.suter@parl.ch, +41 (0)76 432 40 27
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Über Swissolar
Swissolar vertritt als Branchenverband die Interessen von 740 Verbandsmitgliedern mit rund 6‘600 Arbeitsplätzen der Schweizer Solarenergiebranche in der Öffentlichkeit, der Politik und gegenüber den regulierenden Behörden.
 
Die Sonne liefert der Schweiz jährlich 200-mal mehr Energie als wir brauchen. Swissolar setzt sich für die Energiewende hin zu einer Energieversorgung ohne den Einsatz fossiler oder nuklearer Energieträger ein. Wärme und Strom von der Sonne nehmen dabei eine zentrale Stellung ein.

Quelle:  www.swissolar.ch

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Dienstag, 25. Mai 2021

Mazzucato hat Mission für neue Wirtschaft

Die streitbare und unterdessen in internationalen Gremien sehr prominente Ökonomin Mariana Mazzucato hat den Weg zu einer neuen Wirtschaft beschrieben. Er soll von einer Mission beseelt sein, um erfolgreich zu verlaufen. Einiges bleibt allerdings auch nebulös.

Das Buch geschrieben hat Mariana Mazzucato «für alle, die das Ziel verfolgen, den öffentlichen Zweck und das Gemeinwohl ins Zentrum der Wertschöpfung zu rücken». Ganz offensichtlich aufgrund der vielen Krisen des Kapitalismus ist für die Autorin umgekehrt klar, dass unser Wirtschaftssystem eben von diesem Weg zum Gemeinwohl abgekommen ist. Da das Werk ganz druckfrisch ist, kann Mazzucato ihre Überlegungen mit der Rolle des Staats bei der Bewältigung der Corona-Virus-Krise illustrieren. Und gleich ein erstes erstaunliches Beispiel anführen zu eben dieser Rolle. 

Es ist Vietnam, das mit dem Virus offenbar erfolgreicher umgegangen ist als viele andere Nationen. Der Regierung gelang es dort praktisch über Nacht, trotz vergleichsweise schlechten Startbedingungen kostengünstige Testkits zu entwickeln, die in der Folge Vietnams erfolgreiche Bewältigung der Virenkrise ermöglichten (gemäss Johns Hopkins Universität bis Ende Mai 2021 nur rund 5000 Ansteckungen und 41 Todesfälle).  Das geschah dank der Mobilisierung für ein gemeinsames Ziel, welche Universitäten, Militär, Privatsektor und Bürgergesellschaft umfasste. Sie alle verfolgten eine Mission, dank der es gelang, mittels höherer Ausgaben der öffentlichen Hand die Investitionstätigkeit im privaten Sektor zu stimulieren. 

Als Beispiel für das Verfolgen einer Mission dient Mezzucato in der Folge aber in erster Linie das US-Raumfahrtprogramm, welches in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die unglaubliche Leistung erbrachte, Menschen auf den Mond (und wieder auf die Erde zurück) zu bringen. Und fast jedem / jeder dürfte einleuchten, dass die Verfolgung der nachhaltigen Entwicklungsziele der UNO die eine aktuelle  Mission der Gegenwart darstellt - die anderen sind die Bewältigung der Coronakrise einer-, der Klimakrise andererseits. In jedem dieser Krisenfälle gilt es sich zu fragen, welche Rolle der Staat in der Wirtschaft spielen sollte. Das ganze Anliegen wäre müssig, glaubte man nur an dessen untergeordnete Rolle. Nein! Mazzucato plädiert, wie sie das im Einzelfall früher schon getan hat, eben für eine aktive, voraus schauende, gestaltende Rolle von eben diesem - eben einer Mission. Sonst werde das gar rein nichts mit der Krisenbewältigung. 

Die im Buch umfassend beschriebenen Erkenntnisse aus der Raumfahrt in Ehren - hier sei nur diese eine zitiert: «Was wir heute dringend brauchen, ist ein missionsorientierter Ansatz - Partnerschaften zwischen öffentlichem und privatem Sektor zur Lösung sozialer Schlüsselprobleme.» Daraus lässt sich ableiten - und das unterscheidet Mazzucato in ihrer ganzen ökonomischen Forschung von einer rein linken Sicht - dass sie dem privaten Sektor eben auch eine wichtige Rolle zubilligt - beide Bereiche quasi auf eine Stufe stellt. Was auch nicht ganz neu ist, sich sowohl im ökonomischen wie im politischen  Diskurs bislang aber nicht durchgesetzt hat. Die neuartige Regelung der Beziehungen zwischen öffentlichem und privatem Sektor unter dem Aspekt des öffentlichen Zwecks zu überdenken, führt sodann zu neuem Wachstum (und Wohlstand, den die Autorin in diesem Moment aber  unerwähnt lässt). Und damit wären wir eben wieder bei dem Sachverhalt, der sich schlicht und ergreifend als Mission umschreiben lässt. Für weniger Begeisterung sorgen dürfte alsdann, dass Mazzucato den CEO des weltgrössten Vermögensverwalters Black Rock als neues Beispiel eines «missionarischen» Unternehmens anführt, weil dieser u.a. in seinem Jahresbrief an 500 CEO's schrieb, «ohne Sinn für den Zweck kann kein Unternehmen, ob öffentlich oder privat, sein volles Potenzial entfalten».

Unstrittig dürfte im übrigen der Befund von Mazzucato sein, dass der Kapitalismus schon vor der Coronakrise im Jahre 2020 festgefahren war. Die Krisen der letzten 30 Jahre und insbesondere die unbewältigte Klimakatastrophe einer- die wachsende Ungleichheit andererseits sind beredtes Zeugnis. Diesen Krisen gemein war stets die untergeordnete Rolle, die man dem Staat zuschrieb. Wohl kein Zufall, dass auch jetzt wieder vor der Abstimmung über das schweizerische CO2-Gesetz einer der Kritikpunkte ist, dass dem Staat eine zu grosse Rolle zugebilligt werde und das ja nicht gut gehen könne. Dabei hat er zweifellos zur Genüge bewiesen, dass er äusserst innovationsfördernd sein kann (das natürlich nicht immer ist - was ja auch für den Privatsektor gilt). 

Missionsorientierte Politiken auf der Erde (und eben nicht nur in der Raumfahrt) lassen sich fast unendlich viele finden (vielleicht ist genau das auch das Problem, dass es nicht geschieht, meint auf jeden Fall der Rezensent). Die schon erwähnten 17 UN-Nachhaltigkeitsziele gehören ewa dazu. Zur Auswahl schreibt Mazzucato dann, «eine Mission müsse kühn, inspiriert und von breiter gesellschaftspolitischer Relevanz» sein,  mit einer klaren Richtung, messbar und zeitgebunden. Und doch auch etwas beliebig. Im Hinblick auf die Mission der Etablierung einer «Solarwirtschaft» beziehungsweise der Energiewende, die dieser Blog seit nunmehr zwölf Jahren auch mitbetreibt, ist der Hinweis von Bedeutung, man müsse gefälligst Bürger*innen bei der Lösung der grossen gesellschaftlichen Herausforderungen mit einbeziehen. Wobei es dann auch noch gilt, diese aus der Abhängigkeit von der Kernenergie zu befreien.

So liesse sich das Buch auch als Streitschrift für das CO2-Gesetz respektive für einen starken Staat, der von einer Mission beseelt ist, lesen. Nur werden es die wenigstens gerade im Hinblick darauf zur Hand nehmen. Irgendwo im Text (S.29) schreibt Mazzucato dann noch, dieses Buch verstehe sich in erster Linie als Anleitung, wie wir Kapitalismus anders «machen» können. Ob wir das wirklich können angesichts der Systemzwänge dieses immer mächtigeren Wirtschaftssystems, bleibt zu beweisen. Hier liesse sich dann vielleicht der Wahlspruch von Barack Obama anfügen «yes we can». Ihm selbst gelang es eher weniger.

Mariana Mazzucato: Mission - Auf dem Weg zu einer neuen Wirtschaft, Campus Verlag, 2021, ca. 38 CHF

Rezensionen zu weiteren einschlägigen Büchern auf Solarmedia siehe > hier

Montag, 24. Mai 2021

PV-Modul-Recycling braucht Standardisierung

Solarenergie spielt im erneuerbaren Energiemix für Deutschland, aber auch weltweit, eine große Rolle. Bis zum Jahr 2030 geht die International Renewable Energy Agency IRENA von bis zu 2.840 Gigawatt an installierter Kapazität für Solarenergie aus. Laut einer Studie des Fraunhofer ISE sind in Deutschland Stand Ende 2020 circa 54 Gigawatt an Solarkapazität bereits installiert – das entspricht zwei Millionen Anlagen. Auch wenn ihre Lebenszeit recht lang ist und sie bis zu 30 Jahre in Betrieb bleiben, müssen sie irgendwann entsorgt und im besten Fall recycelt werden.


Bereits heute sind verschiedene, mehr oder weniger effiziente Verfahren und Konzepte zum Recycling von ausgedienten PV-Modulen im Einsatz. Um diese zu beurteilen, fehlt es jedoch an Standardisierung und Normung von Recyclingprozessen für PV-Module, damit das volle Potenzial des Recyclings ausgeschöpft werden kann. 
 
Diesem Ziel hat sich nun das Projekt »Standardisierung und Normung von Recyclingprozessen für Siliziumsolarmodule – ReSi-Norm« angenommen. Unter Federführung der Fraunhofer-Einrichtung für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie IWKS und gemeinsam mit den drei Verbundpartnern VDE Renewables GmbH, DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik in DIN und VDE sowie der Firma Hensel Recycling GmbH wird im Projekt ein ganzheitlicher Ansatz für das Solarmodulrecycling realisiert, der alle Faktoren zur Normung entlang des gesamten Wertstoffkreislaufs abdeckt. Durch die Erarbeitung von Normungsvorschlägen sollen die Normungsabläufe auf nationaler und europäischer Ebene unterstützt werden.

Wie können PV-Module besser recycelt werden? Die Rücknahme und das Recycling alter PV-Module waren in Deutschland über einen langen Zeitraum kaum gesetzlich geregelt, unter anderem durch die hohe Lebensdauer und die daraus bedingten noch geringen Rücklaufmengen. Im Zuge der Energiewende sind Photovoltaik-Module einige der wichtigsten Energiewandler zu Solarstrom der natürlichen und quasi unbegrenzt verfügbaren Energiequelle Sonneneinstrahlung. 

 

Damit einher geht der Bedarf an hochwertigen Gläsern und kritischen Ressourcen wie Halbleitermaterialien und Edelmetallen. In Europa, und im Besonderen Deutschland, sind die Rohstoffe zur Herstellung der Materialien nicht ausreichend verfügbar. Daher besteht eine Abhängigkeit von unsicheren Lieferketten, Preisen, Verfügbarkeiten und geopolitischen Einflussfaktoren. In diesem Zusammenhang gewinnt das Recycling von PV-Modulen nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch an Bedeutung. Mit Inkrafttreten der EU-Richtlinie 2012/19/EU »Waste of Electrical and Electronic Equipment« (WEEE2) 2012 und des Elektrogesetzes (ElektroG2) 2015 stieg ebenfalls der regulatorische Druck. Seit der neuesten Änderung der WEEE2-Richtlinie 2018 müssen zudem 85 % der verkauften PV-Module gesammelt und zu 80 % recycelt werden. Insgesamt können nach Expertenschätzungen bis zu 95 % der in einem Solarmodul verbauten Materialien wiederverwertet werden. 

 

Mit der jüngsten Anpassung des ElektroG2 im Dezember 2020 wurden die Behandlungsanforderungen an Photovoltaikmodule weiter konkretisiert. So müssen PV-Module im Recycling nach Typ (siliziumbasierte und nicht-siliziumbasierte) getrennt behandelt werden sowie eine Entfrachtung der gewonnenen Fraktionen von Blei, Selen und Cadmium innerhalb spezifischer Grenzwerte durchgeführt werden. Dies ist ein wichtiger erster Schritt in Richtung Mindestqualitätsanforderungen und Ressourcenschonung im Recycling von PV-Modulen. In der Praxis geht dies allerdings nicht weit genug: So wird weder das PV-Frontglas noch das Silizium-Halbleitermaterial flächendeckend einem Recyclingprozess zugeführt. Dies soll in ReSi-Norm richtungsweisend für alle zukünftigen Verfahren evaluiert und umgesetzt werden.

 

Neueste Forschungsergebnisse und bestehendes Industrie-Wissen vereinen: Mechanische, thermische und chemische Recyclingverfahren für PV-Module werden seit über 15 Jahren erforscht. Mit modernen Recyclingverfahren ist es heute theoretisch möglich, Altmodule so zu recyceln, dass die Wertstoffe annähernd vollständig wieder einem Produktionsverfahren als Sekundärrohstoffe zugeführt werden können. Doch wenn im nächsten Jahrzehnt größere Stückzahlen zur Wiederverwertung anstehen, müssen diese Verfahren gerade im Hinblick auf Effizienz und Ressourcenschonung kontinuierlich verbessert werden. Ebenfalls muss eine Vergleichbarkeit der Verfahren hergestellt werden, um ihre Effizienz zu bewerten.

Ausgehend vom Stand der Forschung und den betrieblichen Anwendungen wollen die Projektparteien von ReSi-Norm daher gemeinsam neue Standards für das Recycling von PV-Modulen setzen und dazu State-of-the-Art-Prozesse und Forschungsergebnisse betrachten. Besondere Berücksichtigung finden dabei bereits vorliegende Ergebnisse und Erkenntnisse aus aktuellen nationalen oder europäischen Programmen und Entwicklungsaktivitäten. So sollen innerhalb des ReSi-Norm-Projekts eine standardisierte Vorgehensweise und Normen für Sammelquoten und realistische Recyclingquoten für das gesamte Wertstoffpaket eines PV-Moduls entwickelt und implementiert werden.

Quelle: Fraunhofer IWKS 2021

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Sonntag, 23. Mai 2021

Nach Abschlag wieder kräftig nach oben


Der Solaraktienindex PPVX stieg letzte Woche um 5,1% auf 3.373 Punkte, der NYSE Arca Oil fiel um 3,9%. Der PPVX liegt mit -17,1% seit Jahresanfang 2021 währungsbereinigt rund 53 Prozentpunkte hinter dem Erdölaktienindex NYSE Arca Oil (+35,6%). Die Top-3-Titel seit Jahresanfang sind GCL Poly Energy Holding(+61%), Daqo New Energy (+36%) und Meyer Burger Technology AG (+29%). Der PPVX-Börsenwert beträgt rund 99,7 Mrd. Euro. Die Gewinner der Woche waren Enphase Energy(+19%) und Xinyi Solar Holdings (+19%), die grössten Verlierer waren United Renewable Energy (-2%) und Soltec Power Holding (-1%).Seit Anfang 2003 liegt der PPVX (+1.099%) 993 Prozentpunkte vor dem Erdölaktien-Index (+106%).

Vergrössern mit Klick auf Tabelle !

Der Solaraktienindex PPVX erscheint auf Solarmedia jeden Monat neu

 


Quelle: oeko-invest.net

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Samstag, 22. Mai 2021

Klimaschutz und Arbeit

Eine Studie belegt positive Arbeitsmarkteffekte einer Transformation zur Klimaneutralität: Der mit dem Weg zu einem klimaneutralen Deutschland verbundene Strukturwandel wirkt sich demnach posi­tiv auf Wirtschaftswachstum und Erwerbstätigkeit aus. Man darf wohl davon ausgehen, dass die Verhältnisse in der Schweiz sich nicht so gross unterscheiden. 

So das Ergebnis von Berechnungen der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS) im Auftrag der Stiftung Klima­neu­tralität, bei denen das Ziel einer CO2-Minderung von minus 65% bis 2030 zugrunde gelegt wurde.Der positive Wachstums- und Beschäftigungseffekt ergibt sich demnach überwiegend durch die erfor­derlichen Mehrinvestitionen – insbesondere in den Ausbau erneu­er­barer Energien und in den Ausbau des Stromnetzes. „Die Studie zeigt erneut: Das häufig gegen den Klimaschutz ins Feld geführ­te Arbeitsplatzargument zielt in die falsche Richtung. Die arbeitsmarktpolitischen Her­aus­forde­rungen auf dem Weg zur Klimaneutralität entstehen nicht durch wegfallende Arbeitsplätze, sondern durch einen Mangel an Fachkräften für die vielen neuen Arbeitsplätze, die durch die Trans­formation entstehen“, sagt Rainer Baake, Direktor der Stiftung Klimaneutralität.:

Bis 2030 werde das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt um 74 Mrd. Euro höher liegen als in der Basisprojektion zu erwarten sei, welche den Entwicklungspfad der Vergangenheit fortführt. Im Jahr 2030 werden nach den Berechnungen der GWS-Gutachter rund 360.000 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen, insbesondere im Baugewerbe und in verkehrsnahen Branchen. Lediglich im Fahrzeugbau sei mit einem Abbau von Arbeitsplätzen zu rechnen, der vom erwartbaren Wechsel auf Elektroan­trie­be für Pkw und Lkw verursacht werde. Diese Verluste könnten jedoch durch zusätzliche Nachfrage der betroffenen Berufe in anderen Wirtschaftszweigen, etwa im Maschinenbau, mehr als ausge­gli­chen werden.

Die wirklichen arbeitsmarktpolitischen Herausforderungen der nächsten Jahre bestehen nach Auffassung der Gutachter*innen nicht in der Kompensation wegfallender Arbeitsplätze, sondern vielmehr darin, den sich abzeichnenden Engpässen auf dem Arbeitsmarkt entgegenzuwirken. „Es zeigt sich, dass der Fachkräftemangel in einigen Berufshauptgruppen – vor allem in den baunahen Bereichen – in Zukunft noch stärker zunimmt, als es ohne die zusätzlichen Maßnahmen zur Erreichung eines klimaneutralen Deutschlands auch schon zu erwarten wäre.“

Die Studie weist auch darauf hin, dass mit Blick auf das Jahr 2030 Veränderungen und Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt stärker von anderen Trends und dem allgemeinen Strukturwandel bestimmt sein werden als von den notwendigen Maßnahmen für ein klimaneutrales Deutschland.

Weitere Informationen:

Das Kurzgutachten der GWS mit dem Titel: „Arbeitsmarkteffekte eines klimaneutralen Langfristpfads bis 2030“ und weitere Informationen zum Thema stehen unter folgendem Link zum Download bereit:
https://www.stiftung-klima.de/de/themen/klimaneutralitaet/beschaeftigungseffekte/

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Freitag, 21. Mai 2021

Wer's genau wissen will: Treibhausgas-Inventar

Das Treibhausgasinventar ist die umfassende Emissionsstatistik nach den Vorgaben der UNO-Klimakonvention. Es zeigt im Detail die Treibhausgasemissionen der Schweiz und erlaubt eine Aufteilung nach Gasen, Sektoren und einzelnen Emissionsquellen. Separat ausgewiesen werden die Treibhausgasemissionen aus dem internationalen Flug- und Schiffsverkehr sowie die Treibhausgasbilanz der Landnutzung (Böden, Vegetation).

Das Treibhausgasinventar weist sämtliche Treibhausgasemissionen der Schweiz aus. Nebst den Emissionen von Kohlendioxid (CO2) aus der Nutzung fossiler Energieträger sind dies insbesondere auch die CO2-Emissionen aus industriellen Prozessen und der Abfallverbrennung, sowie die Emissionen der weiteren Treibhausgase Methan (CH4), Lachgas (N2O) und der synthetischen Gase aus unterschiedlichsten Quellen. Übereinstimmend mit den Richtlinien der UNO-Klimakonvention sind die Emissionen des internationalen Flug- und Schiffsverkehr im Treibhausgasinventar zwar ausgewiesen, im Emissionstotal aber nicht enthalten. Dasselbe gilt für die Treibhausgasbilanz der Landnutzung, also die Treibhausgasemissionen und Kohlenstofffixierung durch Böden und Vegetation. Die im Treibhausgasinventar ausgewiesenen Emissionen sind nicht witterungsbereinigt. Das Treibhausgasinventar berücksichtigt zudem keine Emissionen, die bei der Produktion von Importgütern (inklusive Importstrom) entstehen. Detaillierte Informationen zu den Reduktionszielen der Schweiz sowie zur Überprüfung der Zielerreichung (inklusive Anrechnung der Treibhausgasbilanz der Landnutzung) sind auf der folgenden Seite verfügbar:

Das Treibhausgasinventar der Schweiz wird jährlich im Frühjahr auf Basis der Daten des vorletzten Jahres aktualisiert. Die nachfolgend gezeigten Daten basieren auf dem Treibhausgasinventar vom April 2021 (nächste Aktualisierung: April 2022). Ein Ausschnitt aus den verfügbaren Statistiken:

Totale Treibhausgasemissionen der Schweiz und Aufteilung nach Gasen

Entwicklung der totalen Treibhausgasemissionen der Schweiz seit 1990, aufgeteilt in die Treibhausgase CO2, CH4 und N2O sowie die synthetischen Gase (ohne internationalen Flug- und Schiffsverkehr und ohne Treibhausgasbilanz der Landnutzung).
Prozentuale Anteile der Treibhausgase CO2, CH4, N2O und den synthetischen Gasen an den totalen Treibhausgasemissionen der Schweiz in den Jahren 1990 und 2019 (ohne internationalen Flug- und Schiffsverkehr und ohne Treibhausgasbilanz der Landnutzung).

Aufteilung der Treibhausgasemissionen der Schweiz nach Sektoren

Entwicklung der Treibhausgasemissionen der Schweiz seit 1990 in den Sektoren gemäss CO2-Verordnung. Die gestrichelte Linie zeigt die Emissionen aus dem Sektor Industrie ohne Abfallverbrennung.
Aufteilung der totalen Treibhausgasemissionen der Schweiz auf die Sektoren gemäss CO2-Verordnung in den Jahren 1990 und 2019. Der Sektor Gebäude setzt sich aus den Haushalten und den Dienstleistungen zusammen. Beim Sektor Industrie zeigt der mit Punkten ausgefüllte Teil die Emissionen aus der Verbrennung von Abfällen in Kehricht- und Sondermüllverbrennungsanlagen sowie als alternativer Brennstoff in industriellen Feuerungen. Beim Sektor Verkehr sind die Emissionen aus dem internationalen Flug- und Schiffsverkehr nicht enthalten.

Detaillierte Informationen zu den Treibhausgasemissionen der einzelnen Sektoren gemäss CO2-Verordnung sind auf den folgenden Seiten verfügbar:

Weiterführende Informationen

Donnerstag, 20. Mai 2021

Alles auf Kopf gestellt

Man kommt derzeit fast nicht darum herum, und die Headline der deutschen Zeitschrift «Der Stern» bringt es auf den Punkt. Sie schreibt in ihrer neuesten Ausgabe: «Sogar Ölmarktwächter rufen Ende des Ölzeitalters aus:» Die Internationale Energieagentur, einst gegründet, um die Ölversorgung zu sichern, stellt nun den Klimaschutz in den Mittelpunkt. Die Energie-Experten der OECD fordern auf, keine neuen Öl- und Gasfelder zu erschließen - und vieles mehr, insgesamt deren 400 Meilensteine.

Man kann ihn als den x-ten Bericht aus dem Umwelt- und Energiebereich abtun, zumal er von einer internationalen Organisation stammt, die sich bislang kaum als Fürsprech der Erneuerbaren hervorgetan hat. Allerdings - im Herbst 2020 rieb man/frau sich bereits schon mal die Augen – als die Internationale Energieagentur IEA die Solarenergie kurzerhand zur Königin der künftigen Energieerzeugung erkor. Was diese Woche nun um die Welt geht, ist ein Aufsehen erregender Bericht (siehe > hier), wobei er eigentlich nichts absolut Neues enthält. Speziell ist er trotzdem.

Erstens ist die Autorenschaft speziell: Die IEA hält unmissverständlich fest (was an die Reihe der immer noch notorischen Skeptiker der Erneuerbaren gerichtet ist): Im Jahr 2050 müsse der Energiesektor weitgehend auf erneuerbaren Energien statt fossilen Brennstoffen beruhen. Zwei Drittel der gesamten Energieversorgung würden dann  von Wind, Sonne, Bioenergie, Geothermie und Wasserkraft stammen, schreiben die Expertinnen und Experten. Autos würden hauptsächlich mit Strom betrieben, die Luftfahrt setze weitgehend auf Biokraft- und synthetische Kraftstoffe. Das Ziel: "Im Jahr 2050 stammen fast 90 Prozent der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen." Der Bericht umfasst mehr als 200 Seiten – das braucht eine vertiefte Analyse, die vermutlich weniger in den Medien erfolgte, die sofort mit Schlagzeilen um sich warfen.

Zweitens passt der Bericht so gut zur in der Schweiz aktuellen Diskussion um das neue CO2-Gesetz. Dieses ist zwar nur in der Stossrichtung nach vergleichbar – im Zielrahmen wird die IEA viel radikaler, geht mit den 400 Massnahmen viel weiter. Aber pragmatische CH-Politiker*innen werden ein Kreuz an die Decke machen, dass sie eben nicht 400 einzelne Punkte im Abstimmungskampf verteidigen müssen. Zentral am IEA-Werk «Net Zero» ist die postulierte völlige Abkehr vom Öl (keine Erschliessung von neuen Ölfeldern mehr) – sowie von der noch immer Hunderte-Milliarden-schweren Subventionierung der Fossilen (neben Öl auch Gas und Kohle) insgesamt. Nochmals ein Blick auf die anstehende Abstimmung: Philipp Löpfe schreibt auf Watson dazu: «In der Schweiz werden wir bald über ein neues CO2-Gesetz abstimmen. Im Lichte des IEA-Reports wäre eine Ablehnung nur sehr schwer verständlich.»

Zentral ist auch das Einschwenken auf die neue Linie bezüglich der künftigen Energieversorgung. Man kann sie in Anlehnung an den US-Autor Mark Z. Jacobson (siehe Solarmedia vom 20.April 2021) auch WWS-Strategie nennen, also den Weg über Wind-Wasser-Sonne. Auch wieder stark zusammengefasst: Die IEA plädiert für massive Investitionen in nachhaltige Energie. Die Ausgaben für Energieanlagen mit tiefem CO2-Ausstoss müssten bis 2030 von derzeit rund zwei Billionen Dollar jährlich auf mindestens fünf Billionen Dollar erhöht werden.

Der Vollständigkeit auch noch erwähnt sei dieses weitere zentrale Anliegen des IEA-Berichts: Er schlägt vor und erachtet vielmehr als unerlässlich, bis ins Jahr 2035 im Verkehr auf Verbrennungsmotoren zu verzichten (also Benzin und herkömmliches Erdgas auszuschliessen).

Übrigens: die Verwunderung von Solarmedia über den Bericht der IEA teilen viele Medien, so etwa:
- Watson, siehe > hier

- Spiegel, siehe > hier

- Solarserver mit Fokus Solar, siehe > hier   

- Sogar die NZZ hält fest: Üblicherweise erstellt die Internationale Energieagentur vielbeachtete Szenarien zur Klimapolitik und zum Energiesektor. In der jüngsten Studie entwickelt die Agentur einen Pfad für «netto null». Der Bericht erinnert an den Abstimmungskampf um das CO2-Gesetz , siehe > hier

Copyright: Guntram Rehsche Solarmedia

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Mittwoch, 19. Mai 2021

Symposium mit besten Vorzeichen - auch für CH

Zum 36. Mal findet das PV-Symposium in süddeutschen Kloster Banz dieses Jahr statt – und noch nie waren die politischen Vorzeichen für die Photovoltaik so gut: Mit dem neuen Klimaziel der EU und dem Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts muss die Politik den gesetzlichen Rahmen für die Erneuerbaren jetzt massiv verbessern. War die Gesetzeslage in den letzten Jahren für die Photovoltaik eine Fußfessel, so wird sie nun zum Booster, bringt es Mark Köntges vom Institut für Solarenergieforschung in Hameln (ISFH) als Moderator der Auftaktsession auf den Punkt. Nachfolgend einige Ausschnitte aus dem Live-Blog von pv magazine Deutschland, die sich auch auf die PV-Verhältnisse in der Schweiz beziehen.

Wo stehen wir aktuell bei den Kosten für Solarstrom? Christoph Kost vom Fraunhofer ISE präsentiert dazu einige aktuelle Zahlen: Den Berechnungen der Fraunhofer-Forscher zufolge liegen die Stromgestehungskosten von neuen Freiflächenanlagen in Deutschland aktuell bei 3 bis 6 Cent pro Kilowattstunde, bei kleinen Dachanlagen sind es 6 bis 11 Cent. Dem stellt er die Betriebskosten fossiler Kraftwerke gegenüber – bei der Braunkohle sind es derzeit 4 Cent, bei Erdgas 4 bis 6 Cent. Wegen höherer CO2-Preise werden die Betriebskosten von Gaskraftwerken bis 2030 auf 5 bis 8 Cent steigen – die Photovoltaik wird dagegen günstiger.

Die höchsten Berge, die beste Schokolade, die verschwiegensten Banken – aber bei Solar- und Windenergie ist die Schweiz nur drittklassig: Gerade einmal vier Prozent steuern sie zum Strommix bei. Ein Drittel stammt aus Atomkraftwerken, den Löwenanteil liefern Laufwasser- und Speicherkraftwerke.

Rudolf Rechsteiner vom Beratungsbüro für Energiefragen re-solution aus Basel verweist auf ein ganz besonders Problem, dass die Schweiz als Nicht-EU-Mitglied hat: Im Winter tut sich eine große Stromlücke auf, weil die Nachbarn nicht verpflichtet sind, Strom zu liefern, da die Schweiz als Drittstaat gilt. Damit entstehe ein Versorgungsrisiko.

Was tun? Die Windenergie auszubauen scheitert regelmäßig vor Gerichten. Daher will die Schweiz nun einen starken Fokus auf die Photovoltaik richten, um die Winterlücke zu schließen. Ihr kommt dabei zugute, dass die Einstrahlung im Gebirge etwa so hoch ist wie in Spanien, sagt Rechsteiner. Flächen im Gebirge zu finden ist allerdings schwierig. Deshalb richtet sich der Blick vor allem auf Infrastrukturen wie Stauseen, Straßen und Lawinenschutzanlagen. Eine Pilotanlage auf einem Stausee in den Bergen zeigt, wie gut die Bedingungen hier sind: 1800 Kilowattstunden erzeugt sie im Jahr pro Kilowatt installierte Leistung.

Außerdem gebe es große Potenziale in Siedlungsgebieten, vor allem an Fassaden – hier könnten allein 17 Terawattstunden im Jahr erzeugt werden. Wenn die Module dort senkrecht installiert werden, ist das positiv für den Winterertrag.

Damit die Photovoltaik tatsächlich einen nennenswerten Beitrag zum Schließen der Winterlücke leisten kann, bedarf es angemessener Finanzierungsinstrumente. Die derzeit diskutierten Auktionen bedeuten in den Augen Rechsteiners nur eine Teil-Optimierung. Denn zum einen berücksichtigt das System nicht die Wertigkeit der Stromerzeugung nach Jahres- und Tageszeiten. Zum anderen bleibt das Problem der Preis-Kannibalisierung bestehen – je mehr Strom die Photovoltaik liefert, desto stärker drückt sie die Preise in den Keller.

Rechsteiner plädiert für eine Differenzierung des Auktionsdesigns: Die Finanzierungsinstrumente sollten als Steuerungswerkzeuge genutzt werden, indem die Wertigkeit der Energie berücksichtigt wird. Das könnte zum Beispiel bedeuten, im Winter eine doppelte Vergütung zu zahlen. Damit, so der Experte, werden andere Anlagen gebaut als bei herkömmlicher Auktionierung.

Quelle: pv-magazine.de 

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Montag, 17. Mai 2021

100 % erneuerbar 2030

Klimaschutz jetzt!: Bisher galt in der Politik der alte Grundsatz von Reichskanzler Otto von Bismarck „Politik ist die Kunst des Möglichen“ – heute gilt: „Politik ist die Kunst, das Notwendige möglich zu machen“ - ein Kommentar von Franz Alt zur aktuellen Klimadiskussion in Deutschland, mit viel Wahrem auch für die Schweiz.

Auch Angela Merkel hat ihn genau so wörtlich zitiert und auf ihre Klimapolitik übertragen. Seit dem historischen Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts zum laschen Klimaschutzgesetz der Großen Koalition gilt etwas ganz anderes: „Politik ist die Kunst, das Notwendige möglich zu machen“. In diesem Sinne hat einer der Kläger in Karlsruhe, der Solarenergie Förderverein Deutschland, jetzt dieses Plakat entwickelt.

Nach dem Gesetz der Groko, das das BVG jetzt teilweise für verfassungswidrig erklärt hat, sollte Deutschland bis 2030 55% weniger CO2 emittieren und bis 2050 klimaneutral sein. Alles andere gefährde die Freiheit der künftigen Generationen. Das BVG sieht Freiheit und Klimaschutz in einem unauflöslichen Zusammenhang. Nach dem Urteil hat die Koalition das Ziel bis 2030 auf 65% erhöht und das 2050-Ziel auf 2045 vorgezogen. Doch nach Ansicht der Klimawissenschaftler ist das nur Kosmetik und kein wirklicher Fahrplan für Klimaschutz.

Deshalb hat der Solarenergieförderverein dieses Plakat für die Wahlkämpfe in diesem Superwahljahr angefertigt mit dem klaren Ziel „100% Erneuerbare Energien bis 2030“. So hat es das BVG auch gemeint: Deutschland muss sich an die Vorgaben der Klimawissenschaftler halten – so wie es die Bundesregierung auch in der Corona-Krise getan hat. Dasselbe Ziel fordern auch die Fridays-for-Future-Bewegung, die meisten Umweltverbände und auch der Bundesverband der Erneuerbaren Energien.

Was könnte und müsste die Bundesregierung jetzt wirklich tun? So wie bei der Corona-Krise konsequent auf die Wissenschaft hören und entsprechend handeln. Alle Technologien, um bis 2030 hierzulande zu 100% auf Erneuerbare Energien umzusteigen, sind vorhanden. Bei Umfragen verlangen auch über 90% der Wählerinnen und Wähler einen schnelleren Umstieg als es das neue Groko-Gesetz vorsieht. Hätte die Bundesregierung bei Corona ähnlich leichtfertig gehandelt wie jetzt beim Klima, dann wären in Deutschland nicht um die 80.000 Menschen an und mit Corona gestorben, sondern Hunderttausende.

Wenn Sie, liebe Leserin und lieber Leser, jetzt meinen, dieser Vergleich sei nicht zulässig, dann nenne ich Ihnen zwei Zahlen, die meine These stützen: Die Corona-Krise hat in den letzten 15 Monaten global bisher um die 2.2 Millionen Tote gefordert, aber die Klima- und Umweltkrise fordert jedes Jahr mehr als sieben Millionen Tote. Tendenz der Klimatoten und der Klimaflüchtlinge steigend. Beide Zahlen stammen von der Weltgesundheitsorganisation WHO.

Krisen von historischer Dimension erfordern Mut und Veränderungswille von historischer Dimension. Am Beginn der Corona-Krise hatten die meisten Regierungen der Welt diesen Mut aufgebracht, auch die deutsche. Bei der Klimakrise aber steht diese Mutprobe noch immer aus, obwohl alle Regierungen der Welt 2015 in Paris versprochen hatten, ehrgeizige und mutige Klimaschutzziele zu beschließen und durchzuführen.

Trotz des Grundsatzurteils aus Karlsruhe handelt die deutsche Regierung auch jetzt noch nicht mutig genug, sondern noch immer hasenfüßig und leichtfertig. Sie muss die Kunst, das Notwendige zu tun, noch lernen. Dabei können und müssen die Wählerinnen und Wähler in einem Wahljahr nachhelfen, sonst wird das Bundesverfassungsgericht sein nächstes Urteil gegen die Bundesregierung fällen. Das führt bei Wahlen aber zu Politikverdrossenheit, weil es politisches Vertrauen kostet. Diese Bundesregierung schadet dem Klima und der Demokratie.

Quelle: FRANZ ALT 2021

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