Bläulich schimmern sie auf Dächern und Äckern, die Solarmodule. Doch Photovoltaik ist nicht der einzige Weg, um aus Sonnenlicht Strom herzustellen. Solarthermische Großkraftwerke treten mehr und mehr in den Vordergrund. Die Technik ist vielversprechend, erprobt – und eigentlich ein alter Hut. Eine Studie - ausgewertet von Ecoreporter - attestiert deutschen Unternehmen großes Marktpotenzial.
In diesem Punkt war er seiner Zeit weit voraus, der Deutsche Reichstag: 1916 bewilligte er immerhin 200.000 Reichsmark, um ein Solarkraftwerk im damaligen Deutsch-Südwest-Afrika zu bauen. Es sollte die Parabolrinnen-Technik nutzen, also gewölbte Spiegel. Sie werfen die Sonnenstrahlen gebündelt auf ein Rohr, in dem sich eine Flüssigkeit so erhitzt, dass sie verdampft. Der Dampf treibt eine ganz normale Turbine an, die wiederum einen Generator, und der erzeugt Strom. Der Erste Weltkrieg durchkreuzte die deutschen Sonnenstrompläne für Afrika, und lange verfolgte niemand ernsthaft die Idee solcher solarthermischer Großkraftwerke. Erst die Erdölkrise in den siebziger Jahren ließ die Idee wiederauferstehen. Es entstanden Demonstrations-Solaranlagen mit Parabolrinnen in den USA und Spanien. 1984 schließlich ging ein Parabolrinnenkraftwerk in Südkalifornien in den kommerziellen Betrieb. Mittlerweile gibt es die dritte Generation solcher Anlagen. Sie können Wärme speichern und so mit Zeitverzögerung Strom erzeugen. Also nicht nur, wenn die Sonne scheint - ein großer Vorteil gegenüber der Photovoltaik.
Das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie hält die Parabolrinnen-Technik für die wirtschaftlichste Art solarthermischer Kraftwerke. Die heißen im Englischen „concentrated solar power“, daher werden sie allgemein CSP abgekürzt. Einer Studie des Instituts zufolge waren 2009 CSP-Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von mehr als 600 Megawatt elektrisch (MWe) in Betrieb, mehr als 93 Prozent davon sind Parabolrinnenkraftwerke. Die restliche Leistung stammt aus konkurrierenden Technologien, die größtenteils noch in der Testphase sind.
Fast alle CSP-Kraftwerke laufen bisher in den USA und Spanien. Aber nun sind neue Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von 5.700 MWe in Planung. Bekannt ist das Wüstenstromprojekt Desertec, das bis 2020 eine Kraftwerkskapazität von 2.000 MWe erreichen und Sonnenstrom aus der Sahara und Nordafrika nach Europa importieren soll. Zum Vergleich: Ein modernes Atomkraftwerk leistet im Schnitt 1.000 MWe. In Deutschland produzierten im vergangenen Jahr 17 Atomkraftwerke mit einer Nennleistung von 20.000 MWe.
Während das Großprojekt Desertec erst auf dem Papier existiert, nimmt die Parbolrinnentechnik anderswo bereits gehörig Fahrt auf: Ende Juli 2010 brachte die Abengoa S.A. aus Madrid das 50-MWe-Kraftwerk „Solnova 4“ nahe Sevilla ans Stromnetz. Damit erhöhte das Unternehmen nach eigenen Angaben die Gesamtleistung seine CSP-Anlagenparks auf fast 200 MW. Zur Jahreswende 2011/2012 will Abengoa S.A. zwei weitere 50-MWe- Parabolrinnen-Kraftwerke Betrieb nehmen. Bei Bau und Planung von „Andasol“, einem großen Parabolrinnenkraftwerk in Andalusien (siehe Bild oben), führt die deutsche Solar Millennium AG aus Erlangen die Feder. Die ersten beiden Kraftwerksteile von Andasol erzeugen seit 2009 Strom, Teil drei soll Mitte 2011 anlaufen. Jeder Kraftwerksteil hat eine halbe Million Quadratmeter Kollektorfläche und leistet 50 MWe. Speicher sorgen dafür, dass auch in der Nacht die Lichter nicht ausgehen. Ein voller Speicher treibt eine Turbine immerhin über sieben Stunden weiter an. Partner der Solar Millennium AG ist unter anderem die spanische ACS/Cobra-Gruppe, der größte Baukonzern und Anlagenbauer Spaniens. Die ACS/Cobra-Gruppe hat 2009 das solarthermische Kraftwerk Extresol 1 in der Region Extremadura in Betrieb genommen und will alleine weitere Anlagen errichten.
Auch die Siemens AG setzt auf solarthermische Kraftwerke. Zunächst hatte Siemens Turbinen und Receiver zugeliefert. Ab März 2009 kaufte der Konzern sich dann in verschiedene Unternehmen im CSP-Sektor ein und übernahm die israelische Solels Energy Systems Ltd . Das Unternehmen plant, baut und betreibt Parabolrinnenkraftwerke unter anderem in der Mojave-Wüste in den USA. Siemens will künftig solarthermische Kraftwerke in Eigenregie bauen. Derzeit kann der Konzern 70 Prozent aller notwendigen Bauteile aus den eigenen Regalen holen. Das erste eigene solarthermische Kraftwerk soll rund 80 Kilometer von Sevilla entfernt entstehen und den Konzern rund 300 Millionen Euro kosten. Den Bau der Anlage kündigte Siemens im April 2010 an.
Ein weiterer Projektierer und Betreiber von CSP-Großanlagen ist Acciona Energy, eine Tochter des börsennotierten Mischkonzerns Acciona S.A aus Madrid. Das Unternehmen hat 2007 das solarthermische Kraftwerk Nevada One (64 MWe) bei Las Vegas ans Stromnetz angeschlossen, 2009 folgten Arvado I und II in der spanischen Extremadura. Zahlreiche weitere Konzerne sind mit Firmensparten oder Joint Ventures im Bereich solarthermische Kraftwerke aktiv. Dazu zählen die Ferrostaal AG, E.ON, der US-Energiekonzern NextEra Energy Inc., Iberdrola SA, Aries Ingeniería y Sistemas SA oder Ausra Ltd., die im März 2010 von der Erneuerbare-Energie-Sparte des französischen Nuklear-Konzerns Areva gekauft wurde. Bei der NextEra Energy Inc., ehemals FPL Group, spielt solarthermische Kraftwerkstechnologie neben Windkraft und auch Nuklearenergie bislang eine untergeordnete Rolle. Ein wichtiger Zulieferant ist Schott Solar, eine Tochter des Spezialglasherstellers Schott AG. „Solche Zulieferer gehen dazu über, ihre Produktion nach Spanien zu verlagern“, sagt Dr. Peter Viebahn vom Wuppertal-Institut.
„In den vergangenen Jahren hat sich speziell in Spanien und den USA bei solarthermischen Kraftwerken viel bewegt“, so Viebahn weiter. Solar Millennium etwa verstärkt die Aktivitäten in Nordamerika und plant derzeit zwei Solarkraftwerke mit je über 240 MWe in Kalifornien und in Nevada. Das kalifornische Unternehmen BrightSource Energy will bis 2016 sogar 14 solarthermische Großkraftwerke im Südwesten der USA bauen. BrightSource Energy, nicht an der Börse notiert, hat bisher Kapital bei Konzernen eingesammelt, wie BP, Google, Alstom, und Finanzdienstleistern, wie VantagePoint Venture Partners, Morgan Stanley und Draper Fisher Jurvetson.
Das Wachstum im CSP-Sektor steht einer Studie des Wuppertal Instituts im Auftrag von Greenpeace aus dem Jahr 2009 noch am Anfang. Laut Studie gehen die Umweltaktivisten davon aus, dass solarthermische Kraftwerke weltweit im Jahr 2030 rund 231.000 MWe leisten werden. Die Internationale Energie Agentur kommt in ihrer Prognose auf einen viel niedrigeren Wert. Sie erwartet bis 2030 eine installierte Leistung von immerhin 13.000 MWe. Deutsche Marktakteure wie Solar Millennium, Siemens und Schott Solar könnten laut Studie mit über 40 Prozent an der Wertschöpfung beteiligt sein. Erst aber müssten die Hersteller ihre Kapazitäten massiv ausbauen, so Viebahn. Fraglich sei allerdings die Entwicklung in Europas CSP-Vorreiterland Spanien. Seit der Finanzkrise muss Spanien sparen. Deswegen hat das Land angekündigt, die Förderung für Erneuerbare Energien massiv zu kürzen. Noch sieht die Branche der Entwicklung in Spanien gelassen entgegen. „Die vorgesehenen Gesetzesänderungen sind aus unserer Sicht marginal. Sie werden für die Branche keine wirtschaftlichen Auswirkungen haben“, erklärte Solar Millennium-Sprecher Sven Moornann.
Quelle: Ecoreporter
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