Die Agentur für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz hat diese Woche in Bern ein Zehn-Punkte-Programm präsentiert. Danach kann der Atomausstieg und Umstieg auf Erneuerbare Energien bis zum Jahre 2030 gelingen. Voraussetzung ist und bleibt, dass die Politik jetzt schon die Weichen entsprechend stellt. Wichtige Experten verschiedenster Herkunft stehen hinter dem Anliegen.
Zu verdanken ist die Fokussierung auf die wesentlichen Schritte einer Energiewende hierzulande der Agentur für Energieeffizienz und Erneuerbare Energien, kurz AEE. Sie wird seit rund einem Jahr von Geschäftsführer Stefan Batzli geleitet (oberes Bild, links). Er hat es verstanden, nicht nur die wesentlichen Player aus der Wirtschaft zusammenzutrommeln – so war anlässlich der Berner Präsentation etwa auch Helmut Frankenberger, CEO von Oerlikon Solar vertretenn (oberes Bild, rechts). Doch trifft sich bei der AEE auch Theorie und Praxis, wie Franz Baumgartner, Professor an Zurich University of Applied Science in Winterthur (oberes Bild, Mitte). Er untermauert das 20 Prozentziel für die solare Stromversorgung hierzulande. Will heissen: Neben weit reichenden – und absolut möglichen – Sparanstrengungen kann die Stromversorgung künftig auf den Pfeiler Photovoltaik (PV) bauen, also die direkte Umwandlung von Sonnenlicht in Elektrizität via Solarzellen. Auf die Wohnbevölkerung umgerechnet bedeutete dies: Pro Kopf würde eine 15 m2 grosse PV-Anlage, die heute rund 8000 Franken kostet, genügen, um das Ziel zu erreichen. Baumgartner verwies auch auf verschiedene Studien, die zeigen, dass das Potential der Solarenergie allein mindestens so gross ist wie jenes aller anderen erneuerbaren Energien (Wind, Biomasse, Kleinwasserkraft, Geothermie) zusammen.
Auch Professor Rolf Wüstenhagen von der Universität St. Gallen, der den gesponserten Good Energies Lehrstuhl für Management Erneuerbarer Energien, sieht eine ähnliche Stossrichtung. Seine Botschaft: Von einem Verhältnis von 80 zu 20 (fossile versus nicht-fossile Energieformen) kann und muss eine Umkehrung hin zu 20 zu 80 Prozent erfolgen. Und diese Umkehr ist gemäss Wüstenhagen bis 2050 sehr wohl möglich. Interessant an seinem Lehrstuhl übrigens: Anders als der Nuklear-Professor der ETH, Horst-Michael Prasser, tritt Wüstenhagen stets mit der umfassenden Bezeichnung seines Lehrstuhls auf – macht also transparent, welche privatwirtschaftlichen Kreise seine Lehrtätigkeit ermöglichen.
Die Praxis der Erneuerbaren Energien vertraten bei der AEE-Veranstaltung in Bern nicht ganz zufällig zwei Manager von Basler Energie- resp. Finanzunternehmen. Basel-Stadt gilt ja als Vorzeigeregion für die Anwendung der Erneuerbaren – die Stadtwerke IWB haben seit je auf Atomstrom verzichtet, wie David Thiel von den Industriellen Werken betonte (unteres Bild, links). Er wies auch darauf hin, dass der Schweiz keinesfalls eine Stromlücke drohe, sondern allenfalls eine Netzlücke. Matthias Fawer vom Bankhaus Sarasin sparte nicht mit Vorwürfen an die (eigene) Finanzbranche (unteres Bild, rechts). Diese habe in den vergangenen Jahren die Risiken der herkömmlichen Energieformen systematisch unter- und jene der Erneuerbaren überschätzt. Fawer leitet im Asset Management von Sarasin die renommierte Abteilung für das Nachhaltigkeits-Research und hat sich in den vergangenen Jahren mit Prognosen zur Entwicklung der Solarbranche hervorgetan, die anfangs stets belächelt wurden, sich im Nachhinein mit ihren hohen Zuwachsprognosen jeweils aber als richtig erwiesen.
Das Zehnpunkte-Programm – oder neudeutsch die AEE-Roadmap für eine Energiewende - liest sich im Übrigen wie eine Zusammenfassung durchaus schon bekannter Vorschläge, wie die Wende weg vom Atomzeitalter auch hierzulande zu schaffen ist. Dazu gehören unter anderem als zentrale Anliegen:
- Ein politischer Richtungsentscheid, der für die Wirtschaft verbindliche Rahmenbedingungen schafft im Hinblick auf den Übergang zu mehr Effizienz und zur Nutzung der Erneuerbaren. Die zentrale Förderung der Effizienz soll dabei die Voraussetzungen schaffen, den Energieverbrauch vom Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum zu trennen.
- Gleichzeitig brauchen die Erneuerbaren Energien eine zeitlich zwar begrenzte, aber verlässliche Förderung – so insbesondere die aufgehobene Limitierung der Kostendeckenden Einspeisevergütung.
- Auf Ebene der Infrastruktur kommen dem Netz als Grundlage für eine dezentrale Stromversorgung, den Pumpspeichern und neuen Speichertechnologien eine zentrale Rolle zu.
- Schliesslich sind die Voraussetzungen im Finanzmarkt, bei Forschung und Entwicklung von Hochschulen und Wirtschaft und die Exportförderung auf das übergeordnete Ziel des Ausstiegs aus der Atomwirtschaft und des Einstiegs in die Erneuerbaren Energien abzustimmen. Eine Absage erteilt die AEE einer völlig autonomen Energieversorung und propagiert für die Schweiz einen Wechsel von der nationalen zu einer europäischen Energieversorgung.
Weiter führende Texte zur Veranstaltung finden sich auf der Website der Agentur für Energieeffizienz und Erneuerbare Energien AEE hier >>>
© Solarmedia / Bilder Guntram Rehsche
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