Freitag, 27. Mai 2011

Rekord «Made in Switzerland»

Forscher der Eidgenössischen Material-Prüfungsanstalt in Dübendorf (Empa) haben die Effizienz der Energieumwandlung von flexiblen Solarzellen aus Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid (kurz CIGS) erneut gesteigert – auf den Rekordwert von 18,7 Prozent.

Es geht (fast) immer ums Geld. Um Solarstrom in grossem Umfang erschwinglich zu machen, versuchen Wissenschaftler und Ingenieure auf der ganzen Welt schon seit langem, günstige Solarzellen zu entwickeln, die sowohl hoch effizient als auch in grossen Mengen einfach herzustellen sind. Vor kurzem hat ein Team der Empa-Abteilung «Dünnfilme und Photovoltaik» unter der Leitung von Ayodhya N. Tiwari einen grossen Schritt nach vorne gemacht. «Der neue Rekordwert für flexible CIGS-Solarzellen von 18,7 Prozent schliesst nahezu die „Effizienzlücke“ zu den polykristallinen Siliziumsolarwafern oder CIGS-Zellen auf Glas», sagt Tiwari. Er ist davon überzeugt, dass «flexible Dünnschicht-CIGS-Solarzellen, deren Effizienz sich mit den derzeit besten messen kann, ein ausserordentliches Potenzial haben, demnächst einen Paradigmenwechsel in Richtung Kosten sparenden Solarstrom herbeizuführen.»

Flexible CIGS-Polymersolarzelle, die den Effizienzrekord erreicht hat. Der Wert stellt eine wesentliche Verbesserung zum Rekord von 17,6 Prozent dar, den das Team vor Jahresfrist aufgestellt hatte. Die Messungen wurden durch das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg unabhängig zertifiziert.

Ein wesentlicher Vorteil von flexiblen Solarzellen sind ihre geringen Produktionskosten durch das «Roll-to-Roll»-Produktionsverfahren; zudem sind sie deutlich leistungsfähiger als die zurzeit handelsüblichen Solarzellen. Hinzu kommen Kostenvorteile bei Transport, Installation, Montagerahmen für die Module usw., das heisst, sie ermöglichen eine signifikante Reduktion der so genannten „Balance-of-System“-Kosten. Zudem bieten flexible Dünnschicht-Solarmodule neuartige Anwendungsmöglichkeiten wie auf Hausfassaden, Solarfeldern oder bei tragbaren elektronischen Geräten. Dank den hochleistungsfähigen Geräten, die sich aktuell in Entwicklung befinden, so ist Tiwari überzeugt, sollten die neu entwickelten Verfahren und Konzepte monolithisch verschaltete flexible CIGS-Solarmodule mit einem Wirkungsgrad von über 16 Prozent ermöglichen.

In den letzten Jahren hat die Technologie der Dünnschicht-Solarzellen auf Glassubstraten einen technologischen Reifegrad erreicht, der eine industrielle Produktion ermöglicht; flexible CIGS-Zellen sind jedoch immer noch auf dem Stand der Entwicklung. Die jüngsten in Forschungslaboratorien und Versuchsanlagen erreichten Verbesserungen in der Effizienz – unter anderem vom Team um Tiwari, das zuerst an der ETH Zürich forschte und nun seit zwei Jahren an der Empa – tragen dazu bei, dass Produktionsschranken überwunden werden.

Die enge Zusammenarbeit zwischen der Empa und Forschern des Start-up-Unternehmens FLISOM, das die Technologie auf Industriemassstab bringen und kommerzialisieren möchte, haben zu wesentlichen Fortschritten beim Niedrigtemperatur-Wachstum von CIGS-Schichten geführt. Dadurch wurden flexible CIGS-Zellen immer leistungsfähiger, von 14,1 Prozent Energieeffizienz im Jahr 2005 bis zum neuen «Spitzenwert» von 18,7 Prozent für alle Typen flexibler Solarzellen auf Polymer oder Metallfolie. Den jüngsten Fortschritt ermöglichte eine Verringerung der Rekombinationsverluste, indem die Struktur der CIGS-Schichten, der proprietäre Niedertemperatur-Abscheidungsprozess für das Wachstum der Schichten als auch das In-situ-Doping mit Natrium in der Endphase verbessert wurden. Mit diesen Ergebnissen haben sich Polymerfilme erstmals den Metallfolien als Trägersubstrat zur Effizienzoptimierung als überlegen erwiesen.

Rekordwerte von bis zu 17,5 Prozent Effizienz wurden bisher nur auf Stahlfolien erreicht, die eine Diffusionsbarriere gegen Verunreinigungen enthalten, und dies auch erst durch Abscheidungsprozesse bei Temperaturen von über 550 Grad Celsius. Der von der Empa und FLISOM für Polymerfilme entwickelte proprietäre Niedertemperatur-CIGS-Abscheidungsprozess erbrachte Effizienzwerte von 17,7 Prozent hingegen problemlos auf Stahlfolien ohne jegliche Diffusionsbarriere. Die Ergebnisse lassen darauf schliessen, dass die auf Metallfolien üblicherweise verwendeten Schutzbeschichtungen gegen Verunreinigungen nicht mehr nötig sind. «Unsere Ergebnisse zeigen ganz klar die Vorteile des Tieftemperatur-CIGS-Abscheidungsprozesses, wenn es darum geht, flexible Solarzellen höchster Effizienz sowohl auf Polymer- als auch auf Metallfolien herzustellen», sagt Tiwari. Die Projekte wurden vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF), von der Kommission für Technologie und Innovation (KTI), vom Bundesamt für Energie (BFE), von EU-Rahmenförderprogrammen sowie den Schweizer Firmen W. Blösch AG und FLISOM gefördert.

Die mehrmalige Verbesserung der Energiekonversionseffizienz bei flexiblen CIGS-Solarzellen ist laut Empa-Direktor Gian-Luca Bona eine beachtliche Leistung. «Was wir hier sehen, ist das Ergebnis eines detaillierten Verständnisses der Materialeigenschaften von Schichten und Grenzflächen, verbunden mit einer systematischen, innovativen Prozessentwicklung. Damit die Serienfertigung kostengünstiger Solarmodule möglichst bald Realität wird, müssen wir diese Innovationen nun an Industriepartner transferieren.» Empa-Forscher arbeiten zurzeit mit FLISOM daran, die Produktionsprozesse weiterzuentwickeln und die Produktion hochzufahren.

Quelle: Empa

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