Freitag, 6. Mai 2011

Atomausstieg rückt nahe

Erstaunliche Absichten werden aus Deutschland publik - nur einen Tag, nachdem in der Schweiz mit der ENSI-Stellungnahme atomar mehr oder weniger alles beim Alten bleibt. Gemäss Spiegel Online entwirft dagegen die deutsche Regierung einen Stufenplan für den Atomausstieg, der weiter geht als alles bisher diskutierte.

Schwarz-Gelb startet das Endspiel um die Energiewende - nach SPIEGEL-Informationen will die Regierung sieben Altmeiler plus Krümmel stilllegen, die restlichen neun AKW könnten in drei Etappen ausgeknipst werden. Die Energiekonzerne müssen um den eigentumsrechtlichen Schutz bangen. Die Atomausstiegspläne der Regierung nehmen damit Gestalt an. Umweltminister Norbert Röttgen (siehe Bild) will den Konzernen den eigentumsrechtlichen Schutz für ihre Kernkraftwerke absprechen. Dieser sei nach spätestens 27 Jahren erloschen, wenn die Anlagen steuerlich abgeschrieben und einen angemessenen Gewinn abgeworfen hätten, heißt es im Umweltministerium. Diese Rechtsgrundlage würde es erlauben, auch die modernsten Kernkraftwerke in wenigen Jahren per Gesetz stillzulegen, wie Spiegel Online schreibt.

Gedacht wird an einen Stufenplan nach der Formel "Drei mal drei", bei dem zu drei Zeitpunkten je drei der verbleibenden neun moderneren Anlagen vom Netz gingen. Die stufenweise Abschaltung soll auch dazu dienen, die Inbetriebnahme von neuen Gaskraftwerken als Ersatzkapazitäten abzuwarten. Die Atomkonzerne wollen sich gegen einen Eingriff in ihr Eigentum zur Wehr setzen. Einen ähnlichen Versuch habe bereits die rot-grüne Regierung unternehmen wollen, dann aber darauf verzichtet, heißt es in der Branche. E.on-Chef Johannes Teyssen, der bisher auf eine Klage gegen die schwarz-gelbe Ausstiegspolitik verzichtet hat, will sich für den Fall einer Konfrontation rechtlich alle Möglichkeiten offenhalten.

Derweil bereitet sich mit der bayerischen CSU die konservativste der Regierungsparteien auf den Ausstieg bis zum Jahr 2020, spätestens 2022 vor. Das geht aus dem Energiekonzept von Umweltminister Markus Söder (CSU) hervor, das dem SPIEGEL vorliegt. Ersetzt werden soll der Atomstrom durch Gas und erneuerbare Energien. "Der Anteil der Gaskraftwerke an der Stromerzeugung muss auf bis zu 50 Prozent gesteigert werden", heißt es in dem Energiekonzept. "Der Anteil der erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung wird bis 2020 auf über 50 Prozent verdoppelt."

Auch die Bundesregierung setzt bei der Energiewende auf einen Investitionsschub bei den erneuerbaren Energien. Dafür will sie die bisherige Förderung umbauen. Im Erneuerbare- Energien-Gesetz (EEG) sollen künftig erstmals konkrete Ziele für den Anteil von Ökostrom gesetzlich verankert werden. Für 2020 sind 35 Prozent vorgesehen, für 2030 schon 50 Prozent, wie aus einem Eckpunktepapier zum EEG hervorgeht. Zwar plant die Regierung den Turboausstieg - sie bekommt aber schon bei der Stilllegung der sieben Altmeiler massive Probleme. Wegen Terminschwierigkeiten wird sie angestrebte Änderungen im Atomgesetz wohl nicht wie geplant am 17. Juni im Bundesrat beschließen können. Obwohl das dreimonatige Moratorium eigentlich am 15. Juni endet, strebt die Regierung nun an, den Bundesrat erst am 8. Juli mit dem Ausstiegs-Gesetz zu befassen.

Die Strompreise in Deutschland werden nach Einschätzung von Volker Kauder aufgrund der Energiewende steigen. "Strom wird tendenziell teurer werden", sagt der Unionsfraktionschef im Gespräch mit dem SPIEGEL. "Das wird für die Privathaushalte verkraftbar sein, aber energieintensive Unternehmen werden daran sicher schwer zu tragen haben." Deshalb müsse die Regierung darüber nachdenken, diesen Firmen unter die Arme zu greifen, etwa durch eine entsprechende Gestaltung der Stromtarife. Für den Staat werde die Energiewende sehr teuer, sagte Kauder. "Jetzt steigen wir schneller aus, und das wird Milliardenlöcher in den Haushalt reißen".

Quelle: Spiegel Online

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