Weit gehend unbemerkt in Europa, vollzieht sich derzeit ein gewichtiger Umbruch in der Branche der photovoltaischen Stromerzeugung (PV). Die Impulse kommen in der Überzahl aus den USA. Dort wächst nicht nur der Anwendermarkt im laufenden Jahr explosionsartig. Die Produktionskapazitäten nehmen gewaltig zu und es künden sich neue Technologien an. Aufwärts geht es in den USA auch mit der Solarthermie.
Die Meldung über die neue Solaranlage auf dem Weissen Haus in Washington mag unbedeutend erscheinen (siehe Solarmedia vom 8. Oktober 2010), in den USA hat sie dennoch grossen Symbolwert. Im Land des Erdöls und der Erdölpräsidenten (die Bushdynastie war direkt involviert und machte ihr Vermögen mit dem Schwarzen Gold) wird im Frühjahr 2011 eine doppelte Sonnenenergienutzung für Aufsehen sorgen – sowohl eine solarthermische (wie früher schon mal unter Präsident Carter) als auch eine photovoltaische Anlage kommt auf dem Sitz des Präsidenten zu stehen. Und wird den Öljunkies mit ihren Spritsäufern und ungedämmten Häusern zeigen: Es geht auch anders.
Der wirkliche Umbruch vollzieht sich jedoch im Hintergrund und auf ganz unterschiedlichen Parketts, allesamt amerikanischen Ursprungs. Die Ausstellung Solar Power International, die derzeit in Los Angeles statt findet (siehe Bild vom Messeeingang), liefert vielerlei Anschauungsunterricht. So wurde der US Solar Market Insight Bericht veröffentlicht, der ein gewaltiges Wachstum bei den installierten Anlagen für das laufende Jahr konstatiert. Mindestens 944 Megawatt an neuen Kapazitäten werden erstellt, was einer Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr gleich kommt (PV und Solarthermie mit deutlichem Übergewicht der ersteren). Auch die Solarthermie, also die Nutzung der Sonne für den Wärme- und Kältemarkt, wird deutlich zulegen (plus 16 Prozent und einer installierten Fläche von rund drei Millionen Square Feet). Noch Aufsehen erregender: der PV-Markt wird in den USA bis 2015 ein Volumen von 10 Gigawatt erreichen – was auch heisst, in den USA wird dann so viel an Solarkapazität errichtet, wie ein grosses AKW Strom zu liefern in der Lage ist. Mit dem Unterschied, dass auch Mitte des Jahrzehnts in den USA kein neues AKW erstellt sein wird.
Unter den aufstrebenden Produzenten sei stellvertretend General Electric, der weltgrösste Industriekonzern überhaupt, genannt. Bislang war GE im Nachhaltigkeitsbereich vor allem als Hersteller von Windrädern bekannt und einer der grossen Drei neben der dänischen Vestas und Siemens. Nun setzt GE an zum Sprung in den PV-Markt: Und zwar mit der Produktion von Dünnfilmmodulen – jener Technik, die mit weniger Silizium als Rohstoff auskommt und der ein grosses Kostensenkungspotential attestiert wird. Explizites Ziel von GE: die Installation grosser Solaranlagen, die einzeln je über mehrere Megawatt Leistung verfügen. Zu dem Zweck arbeitet GE mit PrimeStar Solar, Inc. zusammen und baut auf die Cadmium-Tellurid-Anwendung, die bereits First Solar zum Weltmarktführer gemacht hat. Die Module kommen im nächsten Jahr auf den Markt – ob die Ausrichtung ausgerechnet auf den wegen seiner teilweisen Giftigkeit umstrittenen Rohstoff sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt.
Für die Kaufhauskette Macy’s Inc. hat der kalifornische Solarkonzern SunPower bereits etliche Photovoltaikprojekte umgesetzt. Nun errichtet SunPower eine Anlage in Goodyear im Bundesstaat Arizona. Das Aufdachprojekt wird im März 2011 in Betrieb genommen und mit 3,5 Megawatt (MW) das größte Aufdachprojekt in den USA sein.
Neben den Grossen, die jetzt wie GE in die Solarproduktion einsteigen, sind es weiterhin auch kleinere Unternehmen, an deren Namen man sich wird gewöhnen müssen – Ascent Solar Technologies, Inc. zum Beispiel, die einer anderen Dünnfilmtechnologie zum Durchbruch verhelfen wollen (copper indium gallium (di)selenide (CIGS). Die Module versprechen eine Lebensdauer von mindestens 20 Jahren und umschiffen damit eine der bisherigen Klippen dieser Technologie, der man im Gegensatz zur kristallinen nur geringe Langlebigkeit zuerkannte.
Möglich schliesslich auch, dass eine weitere Technologie plötzlich bedeutsam wird für die ganze PV-Branche: Die so genannte konzentrierende PV (CPV) nutzt das seit Kindertagen bekannte Lupenphänomen, dank dem Sonnenlicht durch Spezialgläser mehrfach konzentriert wird – mit dem Effekt einer bedeutenden Leistungssteigerung. Auch hier mehrere US-Unternehmen an der Spitze der Entwicklung: Soliant gab an der Solarmesse die Entwicklung von Modulen bekannt, die es erlauben werden, Solarstrom zu Produktonskosten von acht Cents je Kilowattstunde zu erzeugen. Womit die Konkurrenzfähigkeit gegenüber allen anderen Stromerzeugungsarten und insbesondere gegenüber der sich ständig verteuernden Atomtechnologie endgültig geschafft wäre.
© Solarmedia / Quelle: Greentechmedia u.a.
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