Eine Tagung beim grossen deutschen Anlagenbauer juwi in Wörrstadt machte klar: Experten sehen in genossenschaftlichen Vor-Ort-Lösungen einen tragenden Pfeiler der künftigen Energieversorgung.
Während die Bundesregierung plant, die Laufzeiten von Atomkraftwerken deutlich zu verlängern, wollen in immer mehr Regionen – inzwischen über mehr als 250 – die Menschen die Energieversorgung selbst in die Hand nehmen und ihren Strom- und Wärmebedarf mit dezentralen Erneuerbaren-Energien-Anlagen decken. Sie schließen sich in Genossenschaften zusammen und betreiben gemeinsam regionale Solar-, Wind- oder Bioenergieanlagen. So wollen sie sich unabhängig machen von teuren Rohstoffimporten und von der Marktmacht der Großkonzerne – und sie wollen saubere, klimaverträgliche Energie. Ein Konzept, in dem unabhängige Experten einen wichtigen Pfeiler der Energieversorgung der Zukunft sehen.
"Unser Ziel in Rheinland-Pfalz ist die möglichst schnelle und vollständige Versorgung mit regenerativer Energie aus Sonne, Wind, Wasser, Biomasse und Erdwärme. Wir haben im Land das Potential, allein mit Sonnenstrom von unseren Dächern mehr als 20 Prozent unseres Stromverbrauchs zu decken“, sagte die rheinland-pfälzische Umweltstaatssekretärin Jaqueline Kraege bei der 3. Fachtagung „Regionale Energieversorgung gestalten“ des Genossenschaftsverbandes und der juwi-Gruppe heute in Wörrstadt, die in diesem Jahr in Kooperation mit der Landeszentrale für Umweltaufklärung Rheinland-Pfalz veranstaltet wird.
Bürgergenossenschaften spielen dabei als gemeinschaftlich getragene Vor-Ort-Lösungen bereits heute eine gesellschaftspolitisch wichtige Rolle im Energiemix auch der Kommunen, wie Dr. Burghardt Otto vom Genossenschaftsverband unterstrich. Nur so bleibt Wertschöpfung auch bürgernah und kommunal verfügbar. Ausgewiesene Energieexperten diskutierten in Wörrstadt mit 200 Vertretern aus Wirtschaft und Politik sowie Kommunen über die tragfähigsten Lösungen der Zukunft. Überzeugend sind vor allem genossenschaftlich getragene Lösungen, da sie den Beteiligten größtmögliche Mitwirkung an den zu gestaltenden Prozessen bieten. „Energiegenossenschaften fördern die Wertschöpfung in der Region, stärken die regionale Identität und helfen, die Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Regionen mit dem Gedanken des Klimaschutzes zu verbinden“, sagte Staatssekretärin Kraege. Rheinland- Pfalz habe daher zusammen mit mehreren Partnern das Projekt „Energiegenossenschaften gründen“ gestartet, in dem Bürgerinnen und Bürger zu Projektentwicklerinnen und Projektentwickler für Energiegenossenschaften ausgebildet und qualifiziert werden.
Genoportal und juwi setzen mit dieser Fachtagung ihre strategische Kooperation fort, mit der sie eine genossenschaftlich getragene regionale Energiewirtschaft auf Basis erneuerbarer Ressourcen weiter voranbringen wollen. Rund 200 Teilnehmer aus Kommunen, Finanzinstituten und Gemeindewerken informierten sich über genossenschaftliche Möglichkeiten einer regionalen Energieversorgung sowie über neue Prozesse kommunaler und bürgerlicher Zusammenarbeit. „Die Genossenschaften erleben eine anhaltende Renaissance. Allein im 13 Bundesländer umfassenden Einzugsgebiet des Genossenschaftsverbandes wurden in den vergangenen zwei Jahren 36 Energieversorgungsgenossenschaften gegründet, in denen sich Menschen zusammengeschlossen haben, um gemeinsam unternehmerisch tätig zu werden und die Energieversorgung neu zu organisieren“, unterstrich Dr. Burghardt Otto vom Genossenschaftsverband. Dabei handelt es sich beispielsweise um „Bioenergiedörfer“, in denen die Nahwärmeversorgung genossenschaftlich organisiert ist, oder um Genossenschaften, die Photovoltaik-Anlagen betreiben.
Genossenschaften sind Zusammenschlüsse natürlicher und juristischer Personen mit dem Ziel, sich gemeinsam unternehmerisch zu betätigen. Prof. Wolfgang George, Wissenschaftlicher Leiter Genoportal: „In unserem kooperativem Format können die Mitglieder sowohl Lieferanten als auch Kunden sein und übernehmen zusätzlich auf transparente und demokratische Weise eine wichtige Rolle in der zukünftigen Energieversorgung. Die Einbindungsmöglichkeit der Menschen vor Ort ist groß und uns wird grundsätzlich Akzeptanz und Bereitschaft zum Engagement entgegengebracht. In aller Regel genießen wir Vertrauensvorschuss, der uns zu größtmöglicher Sorgfalt verpflichtet." Das Programm einer regionalen Energieversorgung ermöglicht es, das Ziel der 100-prozentigen Versorgung mit erneuerbaren Energien zu erreichen. Um dieses anspruchsvolle Ziel zu erreichen, das die regionale Wertschöpfung kräftig steigert und viele Arbeitsplätze schafft, müssen die Gebietskörperschaften mit den regionalen Unternehmen, Banken und Bürgern zusammenarbeiten.
"Während die Bundesregierung die Laufzeiten der Atomkraftwerke gegen jede Vernunft deutlich verlängern will und damit den notwendigen zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien massiv behindert, steigt die Zahl der Kommunen und Regionen kontinuierlich, die sich bereits heute zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien versorgen wollen. In dieser Bewegung von unten können Genossenschaften eine tragende Rolle spielen; sie müssen wir unterstützen“, erklärte juwi-Vorstand Fred Jung.
Infos zum deutschen Genossenschaftsverband e.V.: Er ist Prüfungs- und Beratungsverband, Bildungsträger und Interessenvertreter für mehr als 1.800 Mitgliedsgenossenschaften. Der Verband betreut Unternehmen aus den Bereichen Kreditwirtschaft, Landwirtschaft, Handel, Gewerbe und Dienstleistung in 13 Bundesländern (Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen) mit mehr als vier Millionen Mitgliedern und 88.000 Arbeitsplätzen. Der Genossenschaftsverband wird vertreten durch den Verbandspräsidenten Michael Bockelmann sowie die Verbandsdirektoren Martin Bonow, Horst Kessel, Horst Mathes und Edgar Schneider. www.genossenschaftsverband.de
Quelle: juwi
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