Ein halbes Prozent des Schweizer Stromverbrauchs stammt auch in
der Schweiz unterdessen aus solarer Produktion (Photovoltaik). Nicht besonders
viel angesichts dessen, was andere europäische Länder bereits erreicht haben
(Deutschland und Italien je sechs, Spanien und Belgien je drei Prozent Solarstromanteile).
Aber immerhin! Das Kernthema der diesjährigen PV-Tage in Basel lag damit auf der
Hand: «20 Prozent Solarstrom im Netz: Meinungen und Bedingungen».
«Die
Schweiz soll keine Insel sein in der Welt der Photovoltaik», so Stefan Nowak,
Programmleiter Photovoltaik des Bundesamts für Energie. Das war sie vor
Jahrzehnten als Leaderin, das war sie in den vergangenen Jahren aber leider
auch als Nachzüglerin. Denn viele Staaten haben sie unterdessen, wie die Tagung
in der Folge mehrfach aufzeigte, bei weitem überflügelt. Jetzt bestünden
immerhin gute Chancen, am weltweit nicht zu bremsenden Marktwachstum
teilzuhaben. Die im vergangenen Jahr hierzulande erreichte Zuwachsrate von 200
Megawatt neu installierter Leistung wertete Nowak als ebenso hoffnungsvolles
Zeichen wie die zahlreichen Forschungsanstrengungen – und dass sich jetzt eben
auch der Verband der Schweizerischen Elektrizitätsunternehmen (VSE) an der Entwicklung interessiert zeige - und damit als
Träger von Lösungen für die Zukunft gewonnnen werden konnte.
Die
Kongress-Gastgeber-Stadt Basel gilt allerdings als Frontrunnerin bei der Anwendung der
Photovoltaik, wie Regierungsrat Christoph Brutschin den über 600
TeilnehmerInnen in Erinnerung rief. Er skizzierte die Idee vom «Solarkraftwerk
Basel», welches als Gesamtsystem die Nutzung der Solarenergie auf allen Ebenen
fördere und die Grundlage schaffe, dass auch Basel bis ins Jahr 2075 eine
2000-Watt-Stadt werde. Allerdings: Derzeit werden die anvisierten Ausbauziele
trotz Förderung noch nicht erreicht (zwei Megawatt pro Jahr). Der Ausbau der
PV-Förderung, der bei Kombination mit einer solarthermischen Anlage und
allgemeiner Sanierung greift, soll nun neue Dynamik in die Sache bringen. Zudem
stehen für die nächsten drei Jahre 8,5 Millionen Franken für die Errichtung von
Anlagen auf kantonalen Gebäuden zur Verfügung. Und ein Solarkataster inklusive Beratung wirken ebenso unterstützend wie die vereinfachte
Bewilligungspraxis (die mit dem neuen Raumplanungsartikel nach der Abstimmung
von anfangs März schweizweit gilt).
Der
Frage, ob die Solartechnik den Durchbruch schon geschafft habe, widmete sich
Christoph von Bergen, Geschäftsleiter Sputnik Engineering AG aus Biel.
Zumindest was seine Wechselrichterfirma betrifft, kann man seine Frage
uneingeschränkt bejahren – zählt sie 20 Jahre nach der Gründung doch rund 360
MitarbeiterInnen. Entscheidende Wegmarke des Sputnik-Erfolgs war gemäss von
Bergen die Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) in Deutschland, anfangs
des neuen Jahrtausends von der rot-grünen Regierung auf den Weg gebracht. Sputnik
hat Solaranlagen mit rund 3,5 Gigawatt Leistung weltweit ausgerüstet und damit
angesichts der rund 100 Gigawatt erstellten Leistung den beachtlichen
Weltmarktanteil von über drei Prozent.
Der
erfolgreiche Unternehmensgründer forderte klare Rahmenbedingungen für eine
nachhaltige Marktentwicklung und verwies darauf, dass die Förderpreise im
Rahmen der Kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) auch hierzulande durch ihre
stetige Senkung bei gleichzeitiger Markterweiterung ihren Zweck sehr wohl
erfüllt hätten. Auch die Wechselrichterpreise hätten sich im übrigen in den
vergangenen vier Jahren halbiert. Als nächster Schritt steht gemäss von Bergen
die Einbettung der Solarenergie in das gesamte Stromsystem an – hierzulande
etwa durch Kombination mit der Wasserkraft sowie ganz allgemein durch
gemeinsame Anstrengungen für geeigente Speicherlösungen. Letztere würden
allerdings erst bei wesentlich höheren Mengen Solarstroms nötig – etwa bei acht
Prozent gegenüber dem halben bereits erreichten. Standardisierte Normen und
aktualisierte Vorschriften bezeichnete der Sputnik-CEO als nötige Ergänzungen
und erinnerte an die eigentliche Rolle der Solarenergie – sie bezeichnete er
als «Cleantech pur».
Passt
solcher Optimismus mit den Vorstellungen der eidgenössischen Energiepolitik und
insbesondere mit der bereits vernehmlassten Energiestrategie 2050 zusammen?
Pascal Previdoli vom Bundesamt für Energie (BfE) versuchte eine Antwort. Und
stellte sie in Zusammenhang mit der Speicherfrage – obwohl derzeit hierzulande
noch kaum Probleme mit überschüssigem Solarstrom zu eruieren sind. Einmal
vorhanden, sind Überschüsse sowohl im Tages- wie im Jahreverlauf zu verlagern.
Gleichzeitig
erinnerte Previdoli daran, dass sich eben nicht nur bei der Solarenergie
Probleme ergäben. Atomkraft etwa leide nicht nur an stark erhöhten Kosten,
sondern vor allem auch an den langen Fristen, die zu ihrer Erstellung
beansprucht werden (Anmerkung Solarmedia: Ein neues AKW könnte nach langer
Planungs-, Politik- und Realisierungsphase erst in der zweiten Hälfte des
nächsten Jahrzehnts realisiert werden). Für eine flexible Energiepolitik eignet
sich gemäss dem Bundesvertreter die Atomkraft also keinesfalls. So wandte er
sich erneut der Solarenergie zu und verwies auf die Notwendigkeit von deren
Flexibilisierung – etwa durch Anlagen in den Alpen mit hervorragenden solaren
Einstrahlungsbedingungen oder auch die Erstellung von Freiflächenanlagen und
solchen mit Ost-West-Ausrichtung, um die täglichen Spitzen des
Energieaufkommens zu glätten.
Für eine
Betrachtung des Gesamtsystems plädierte auch Michael Frank, Direktor des
Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE). So oder so müsse die
künftige Stromversorgung auf einen Mix verschiedener Energiequellen aufbauen. Wobei
für den VSE die Versorgungssicherheit zuvorderst stehe – und zwar für eine
weiter gewachsene Schweizer Bevölkerung von bis zu neun Millionen
EinwohnerInnen. Der Photovoltaik attestierte Frank eine hohe Akzeptanz bei der
Bevölkerung – ausser im Falle von Freilandflächen (Anlagen in der offenen
Landschaft statt auf Gebäuden und Infrastrukturen). Am Grundanliegen der
Solarkreise – einer stark erhöhten photovoltaischen Stromerzeugung – mochte
Frank aber keine Kritik üben. Das hatte bis vor kurzem noch anders getönt.
Swissolarpräsident Roger Nordmann, seines Zeichens auch Waadtländer SP-Nationalrat,
liess es sich trotz solchen Entgegenkommens nicht nehmen, vor allem die grossen
Stromproduzenten stark zu kritisieren. Diesen warf er eine
Dinosaurier-Mentalität vor, gleichzeitig die Bereitschaft der
Strombranche insgesamt lobend, bei der Entwicklung der Erneuerbaren Energien
nunmehr zusammen zu arbeiten. Eine Absage erteilte Nordmann dem Zubau von
Gaskraftwerken als Übergangslösung, denn sie seien wegen ihres hohen
CO2-Ausstosses ein «klimapolitischer Sündenfall» - und bei heutigen Preisen
schon gar nicht konkurrenzfähig. Nicht umsonst habe etwa einer der Dinos, die
Westschweizer Alpiq, im Ausland Gaskraftwerke still gelegt.
Stark
kritisierte Nordmann die kürzlich ins Spiel gebrachte Entschädigungspflicht für
die Stlllegung von AKW nach mehr als 40 Jahren Betriebszeit. Diese seien ja
längst abgeschrieben – und bereits abgewrackte Autos erhielten auch keine
solche Prämie. Die Photovoltaik sei hingegen eine einfach zu erntende Frucht,
die entgegen vielfach noch bestärkter Vorurteile unterdessen nicht mehr teuer
sei, die auch nicht nur mittags Strom liefere, die vorderhand keines
Netzausbaus bedürfe, die auch im Winter Erträge liefere (siehe alpine Anlagen) und
deren Komponenten sehr wohl recyclierbar seien (was aufgrund der langen
Laufzeiten einfach noch kein Problem darstelle). Nordmann hat im übrigen in
einer Studie auch nachgewiesen, dass sich Wasser- und Solarkraft hierzulande
aufgrund ihres zeitlich teils unterschiedlichen Anfalls sehr gut ergänzen, und
damit sowohl den Netz- wie den Speicherbedarf relativierten.
© Solarmedia
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