Freitag, 8. März 2013

Erfahrungen mit Lawinen-Anlage

Im Sommer 2012 wurden auf dem Gebiet der Walliser Gemeinde Bellwald in zwei unabhängigen Projekten schweizweit die ersten Photovoltaikanlagen an bestehenden Lawinenverbauungen installiert und ans Stromnetz angeschlossen. Damit konnte eine langjährige Idee, welche 2009  in einer Projektstudie von energieregionGOMS zu Papier gebracht wurde, realisiert werden. Ein Ausschnitt aus dem Erfahrungsbericht zum Projekt


Die Anlage am Ort genannt Steibechriz ist ein Gemeinschaftsprojekt der Gemeinde und der Sportbahnen Bellwald, zusammen mit dem Oberwalliser Energieunternehmen EnAlpin AG mit Sitz in Visp. Bei diesem Projekt wurde das Augenmerk auf der skalierbaren industriellen Fertigung, den finanziellen Rahmen und einen maximalen Ertrag pro Laufmeter Lawinenverbauung gelegt. So soll aufgezeigt werden, welche baulichen Herausforderungen und Investitionen mit der Erschliessung dieser Energiequelle verbunden sind. 

Die zweite Anlage am Ort Steibeläger wurde als private Initiative von Herr R. Lehmann, Dozent an der Metallbauschule Basel als Studenten- und Schülerprojekt grösstenteils in Freiwilligenarbeit realisiert. Gemeinsam ist den beiden Vorhaben das Ziel, die Erfahrungen mit der Solartechnologie im harten Umfeld des alpinen Raumes auszubauen. Eine PV Anlage auf Lawinenverbauungen gilt als Pionierprojekt. Deshalb ist es nicht erstaunlich, dass sich mehrere Studien damit befassen. Seit  Baubeginn wurden die Anlagen von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL mit einer Studie begleitet. Der Fokus lag auf den gesellschaftlichen Aspekten wie z.B. auf der Frage, wie die Gesellschaft auf Photovoltaikanlagen an Lawinenverbauungen reagiert. Der Schlussbericht der Studie wird in den nächsten Wochen erwartet. Eine Folgestudie beim WSL ist bereits im Gange.


Die Anlage EnAlpin besteht aus 54 Solarmodulen mit total 11.34kWp installierter Leistung (24x polykristallin 235Wp, 30x monokristallin 190Wp), mit jeweils unterschiedlichen Neigungswinkeln(45°, 60°, 90°). Die verschiedenen Konfigurationen haben zum Ziel, den idealen Winkel für die maximale Energieproduktion, bzw. die minimale Bedeckung durch Schnee an diesem Standort zu ermitteln. Die erwartete Jahresproduktion liegt bei etwa 18‘000kWh, was in etwa dem Verbrauch von 4 Haushalten entspricht.
 

Nach mittlerweile mehreren Monaten Betriebserfahrung inkl. Netzeinspeisung können bereits ein paar Aussagen gemacht werden. So hat die Anlage die Herbst- und Winterstürme sowie Schneefälle bisher schadlos überstanden. Ausnahme bildet hier ein Wechselrichterdefekt, welcher auf einen Gerätefehler zurückzuführen ist und zu einem Gerätetausch im Februar führte. Die klimatischen Gegebenheiten im unterirdisch gelegenen Technikraum können als Auslöser ziemlich sicher ausgeschlossen werden. Dieser Fall hat jedoch gezeigt, wie wichtig eine Zugänglichkeit für die Wartung, auch gerade im Winter sein kann. Insbesondere wenn man bedenkt, dass der Hauptvorteil einer PV Anlage im Hochgebirge die Produktion von Winterenergie ist, währenddessen Anlagen in tieferen Regionen von Nebel, Beschattungen und generell von tieferen Einstrahlungswerten betroffen sind. Als Beispiel kann der spezifische Nutzenergieertrag der Anlage vom Januar 2013 herangezogen werden. Dieser betrug 96.7kWh pro kWp installierte Leistung. Dies ist bis zu 4-mal mehr als bei einer Anlage im Mittelland im selben Zeitraum.

Die sehr guten Produktionswerte dürfen nicht darüber hinwegtäuschen: Von den geschätzt ca. 600km Lawinenverbauungen in den Schweizer Alpen ist vermutlich nur ein Bruchteil so gut erschlossen wie diejenigen oberhalb von Bellwald. Auch bei solch idealen Bedingungen wie am Standort Bellwald schlagen sich die hohen Projektkosten mit den baulichen Massnahmen und der Logistik auf den Stromgestehungspreis nieder, welcher bei der hier zugegebenermassen kleinen Anlage ein mehrfaches einer konventionellen Anlage vergleichbarer Grösse beträgt.  Nichtsdestotrotz bietet die Anlage die ideale Möglichkeit, Erfahrungen auch für andere solche Projekte zu sammeln. 


Quelle: energieregionGoms

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