Dienstag, 19. März 2013

Solarer Durchbruch zum Zweiten

Der erste Teil des Überblicks zu den Nationalen Photovoltaik-Tagen von vergangener Woche (siehe Solarmedia vom 17.3.13) zeigte: In der Schweiz tut sich Bedeutendes im Bereich der solaren Energieerzeugung. Nicht nur wurde im vergangenen Jahr ein beachtlicher Zubaurekord an neuer Produktionskapazität erzielt (200 Megawatt). Vielmehr gibt es weiterhin eine Solarindustrie, die auf dem Weltmarkt eine Rolle spielen kann (wie Sputnik Engineering aus Biel mit ihren Wechselrichtern). Und auch die Politik bewegt sich in Richtung vermehrter Förderung. Doch wie steht es mit Märkten und Technologien? 

Der Übergang zu technologischen Fragen wurde orchestriert durch die neuesten Angaben zur internationalen Entwicklung der Solarmärkte – Solarmedia hat in den letzten Monaten laufend darüber berichtet. Und diese Entwicklung sieht insofern trotz der Überkapazitäten und wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Modulproduzenten insgesamt positiv aus. Erreicht wurde etwa per Ende 2012 die 100-Gigawatt-Schwelle auf weltweiter Ebene. All diese Solaranlagen produzieren im Jahresverlauf eine Strommenge, die jener von etwa 20 grossen Atomanlagen entspricht – immerhin! Das bedeutet gemäss Pius Hüsser, dem Vizepräsidenten von Swissolar, dass einzelne Staaten bereits bedeutende Strommarktanteile der solar erzeugten Elektrizität erreichen – mithin also statistisch relevant werden (Italien und Deutschland mit Anteilen von je rund sechs Prozent, Spanien und Belgien bringen es auf etwa deren drei). Für die Schweiz erwartet Hüsser 2013 das Überschreiten der Ein-Prozent-Hürde – ebenso für die weltweite Stromproduktion. Beim Zubau wird China Deutschland den Rang ablaufen (mit bis zu zehn Gigawatt), starke Zahlen werden auch für Japan und die USA erwartet.

Urs Wolfer, eines der Urgesteine der schweizer Solarszene, hatte an den PV-Tagen einen seiner letzten offiziellen Auftritte (im Bild links, neben Swissolar-Geschäftsleiter David Stickelberger). Er verabschiedet sich als Solarverantwortlicher des Bundesamts für Energie im kommenden Sommer. Und liess aus diesem Anlass die Schweizer Solargeschichte Revue passieren. Bemerkenswert dabei: Die ersten netzverbundenen Solaranlagen wurden hierzulande bereits vor 30 Jahren angeschlossen – und sind immer noch in Betrieb. Und im bernischen Burgdorf wurde vor 20 Jahren erstmals jener Fördermechanismus für solarerzeugten Strom angewandt, der später als Einspeisevergütung weltweit für Furore sorgen sollte. Für die Zukunft stellte Wolfer eine ganze Reihe von Veränderungen der Kostendeckenden Einspeisevergütung in Aussicht, die derzeit ja im Parlament behandelt und vom Nationalrat bereits gutgeheissen wurden (siehe Solarmedia 14.3.13).

Ruggero Schleicher-Tappeser war es als Langzeitbeobachter der Schweizer Energiepolitik sodann vorbehalten, schnelle Veränderungen der Solarmärkte in Aussicht zu stellen. Dank verbesserten Einbezugs von Speichermedien würden die Konsumenten zunehmend zu so genannten Prosumenten, also zu MarktteilnehmerInnen, die gleichzeitig (solare) Energie erzeugen und sie auch selbst verbrauchen. Gestützt wird eine solche Einschätzung durch Studien internationaler Finanzinstitute wie der UBS, die gehörige Marktveränderungen schon ab 2014 in Aussicht stellen. Weil der Eigenverbrauch ab dann in verschiedenen Märkten bereits wirtschaftlich sei, verliere die Politik zunehmend den Einfluss auf ebendiese. Auf diese Aussicht wird Solarmedia in Kürze zurückkommen.

Eben diese Speicher beschäftigten sodann viele ExpertInnen, die an der PV-Tagung von vielen Neuerungen zu berichten wussten. Sie umfassen auch die Erkenntnis, dass die Netze vorderhand (hierzulande bis zu einer Strommenge von vier Terrawattstunden oder mehr als fünf Prozent Anteil) gar nicht ausgebaut werden müssen – eine Feststellung, die wohlgemerkt einer der Vertreter der Elektrizitätswirtschaft machte (André Vossebein von der CKW). Ein anderer (Niklaus Zepf von der Axpo) zeigte sich dann doch noch gewohnt skeptisch betreffs des Ausbaus der Solarproduktion und betonte die damit verbundenen hohen Kosten sowie die Notwendigkeit, zuallererst die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Was mit Sonne und Wind aus der Sicht von Zepf seit je schwierig sei.

Zepf bestritt insbesondere auch die Eignung von Pumpspeicherkraftwerken für die Verlagerung des allenfalls überschüssigen Solarstroms. Da seien die Verluste einfach zu gross (um zu verschweigen, dass gleiches für den Atomstrom gilt). Zepfs Argument der fehlenden Planbarkeit des Anfalls von Sonne- oder Windstrom hielten TagungsteilnehmerInnen aufgebracht entgegen, das stimme dank heutiger Wettervorhersagen längst nicht mehr uneingeschränkt – und letztlich sei auch die altgediente Wasserkraft schwankenden Verläufen unterworfen.

Auch Tipps aus der Praxis fehlten an den Solartagen nicht. So wurde etwa die Bedeutung der Abnahmekontrolle betont. Ein standardisiertes Vorgehen ist dabei nicht nur eine administrative Schikane, sondern hilft auch den Betreibern bei der Wartung der Anlage und ist entsprechend sorgfältig zu vollziehen. Klar wurde auch, dass Probleme des Brandschutzes zwar existent sind – vor allem auf der Seite des Gleichstromflusses bis hin zu den Wechselrichtern. Denn hier fehlt gemäss Eingeständnis von Roland Hürlimann, Leiter Starkstrominspektorat, oftmals das nötige Expertenwissen, da es bislang ganz einfach seltener gefordert war. Informationen zum Brandschutz vermittelt unter anderem eine neue Website aus Deutschland: www.brandsicherheit.de  

Mit ökologischen Fragen der solaren Energieerzeugung befasst sich seit langem Rolf Frischknecht (siehe Bild), Geschäftsleiter des Ustermer Beratungsunternehmens treeze Ltd. Die Ökobilanz der Stromerzeugung wurde kürzlich erneut im Rahmen eines vom Bund unterstützten Forschungsprogramms ermittelt («Umweltauswirkungen der Stromerzeugung»). Bestätigt wurde dabei unter anderem die (bereits bekannte) Tatsache, dass die Energierückzahldauer von PV-Modulen bei rund einem bis drei Jahren liegt. Angesichts der langen Lebensdauer der Module bleibt also genügend Zeit, nach dem Strominput für die Modulproduktion netto effektiv neue Energie zu erzeugen. Auf der Website von treeze.ch ist auch ein Online-Rechner zur Berechnung der CO2-Belastung durch Energieerzeugung verfügbar. Die einzige weibliche Referentin der ganzen Tagung, Ulrike Jahn vom TÜV Rheinland, bestätigte in gleichem Zusammenhang, dass unterdessen eine Modul-Lebensdauer von mindestens 25 Jahren als gegeben angenommen werden kann.
 
©Text und Bild: Solarmedia

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