Mitte Juli 2011 geht in die Geschichte der deutschen Stromwirtschaft ein. Am vergangenen Samstagnachmittag ist der Strompreis am Spotmarkt der Strombörse EEX auf das niedrige Preisniveau von Nachtstrom eingebrochen. Die durch die hohe Verfügbarkeit von Solarstrom bedingte Preissenkung wird künftig wohl auch in der Schweiz wirksam, wenn mehr Photovoltaik- (PV) -Strom produziert wird.
Nur 2,5 Cent je Kilowattstunde musste ein Käufer für eine Stromlieferung in der Zeit zwischen 14 und 15 Uhr zahlen. Üblich sind am Wochenende zu dieser Tageszeit Strompreise, die etwa doppelt so hoch sind wie der (billige) Nachttarif. Die Redaktion der Fachzeitschrift PHOTON hatte diese Auswirkung eines hohen Photovoltaikzubaus bereits 2008 prognostiziert. Wer am 16. Juli die Entwicklung der Strompreise an der EEX verfolgt hat, konnte Folgendes beobachten: Immer dann, wenn weniger als 31 Gigawatt konventioneller Kraftwerksleistung benötigt wurden, brach der Strompreis ein. Die tiefsten Werte wurden zwischen 5 und 6 Uhr morgens mit 2,3 Cent je Kilowattstunde sowie 14 und 15 Uhr nachmittags mit 2,5 Cent erreicht – rund die Hälfte des Tageshöchstwertes. Während der niedrige Nachtwert der geringen Nachfrage zu dieser Zeit geschuldet ist, ist der niedrige Nachmittagswert ein neues, durch die Photovoltaik verursachtes Phänomen. Offensichtlich konnte in diesen Zeiten die Nachfrage durch Grundlastkraftwerke (laufende Kosten zwei bis drei Cent) sowie 12 Gigawatt Solarenergie und sechs Gigawatt Windkraft (keine laufenden Kosten) gedeckt werden.
Für die Zukunft ist bei einem weiteren Ausbau der Photovoltaik zu erwarten, dass die Börsenpreise in den Sommermonaten tagsüber während immer längerer Zeiträume unter das Niveau der Nachtpreise fallen. Private Stromkunden werden von dieser Entwicklung jedoch nur mit einiger Verzögerung profitieren. Da Stadtwerke typischerweise jedes Quartal einen Zwölftel ihres zukünftigen Strombedarfs einkaufen, kann es bis
zu drei Jahre dauern, bis die geringeren Strompreise an der Strombörse vollständig bei den Kunden angekommen sind. Interessant wird es für Verbraucher dann, wenn Stromversorger Tarife anbieten, die sich im Tagesverlauf an den Preisen der Strombörse orientieren. Anders als in der Vergangenheit wird der Niedrigtarif dann nicht mehr nur in der Nacht, sondern auch zur Mittagszeit angeboten werden können, während der Hochtarif nur noch am frühen Morgen und am Abend greift. Die großen Stromabnehmer aus der Industrie haben die Möglichkeit, sofort von dieser Entwicklung zu profitieren: Sie kaufen den Strom oft selber oder über Händler an der Börse ein und können ihr Einkaufsverhalten kurzfristig anpassen „Alle Prognosen über drastisch steigende Strompreise aufgrund des Gesetzes über Erneuerbare Energien (EEG) für dieses Kundensegment straft die aktuelle Entwicklung an den Strombörsen Lügen“, so Philippe Welter, Herausgeber von PHOTON.
Der schnelle Ausbau der Photovoltaik beruht auf der im EEG garantierten festen Einspeisevergütung für Solarstrom. In der aktuellen EEG-Novelle hat Bundesumweltminister Norbert Röttgen jedoch jetzt das Element der sogenannten optionalen Marktprämie als Vergütungsbestandteil auf den Weg gebracht. Damit wolle man die erneuerbaren Energien an den Markt heranführen, so die Begründung. „Röttgen verkennt, dass es schlicht nicht möglich ist, auf lange Sicht an der Börse einen höheren Preis als den der variablen Kosten der letztverbleibenden konventionellen Kraftwerke zu erzielen“, so Philippe Welter. Eine „Prämie“, die die Betreiber von Windkraft- und Photovoltaikanlagen dazu animieren soll, zugunsten einer eventuell höheren Vergütung aufgrund hoher erwarteter Börsenpreise auf die feste, an den Kosten orientierten Einspeisevergütung zu verzichten, läuft daher zwangsläufig ins Leere.
Quelle: Pressemeldung PHOTON Europe AG
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