Die italienische Photovoltaik-Branche kann durchschnaufen. Die von der Regierung angestrebten massiven Einschnitte der Förderung wird es vorerst nicht geben - so die Einschätzung des Finanzportals Ecoreporter. Vor allem aber ist die Idee vom Tisch, den starken Zubau der Solarkapazitäten durch einen Deckel abrupt zu stoppen.
Ursprünglich strebte die Regierung in Rom an, noch in dieser Woche Tarifkürzungen von bis zu 30 Prozent und ein Aus für Photovoltaik-Großkraftwerke mit Leistungskapazitäten über 1 Megawatt (MW) durchzusetzen. Auch die Einführung eines zusätzlichen Deckels wurde erwogen, da die bestehende Regelung offenbar nicht greift. Das gegenwärtig geltende Gesetz, das Conto Energia, sieht eine Deckelung des Solarmarktes bei einer Gesamtleistung von 3 GW vor, dies aber mit langer Übergangsfrist. Laut der zuständige Energiebehörde des Landes, der GSE, ist für dieses Jahr mit der Installation einer zusätzlichen Photovoltaikkapazität von fünf Gigawatt (GW) zu rechnen. Bereits im kommenden Jahr werde voraussichtlich das Ziel einer Gesamtleistung von 8 GW erreicht, die eigentlich für 2020 anvisiert worden war.
Solardach im norditalienischen Tirano - die italienische Einspeisevergütung bleibt auf hohem Niveau - vorderhand (Bild: Guntram Rehsche).
Der italienische Branchenverband „Gruppo Imprese Fotovoltaiche Italiane“ (GIFI) konnte die Regierung nach übereinstimmenden Medienberichten in Verhandlungen mit den zuständigen Ministerien von schnellen und massiven Eingriffen vorerst abbringen. Zum einen wurde eine Entscheidung in den kommenden Monat vertagt, so dass die bisherige und sehr attraktive Vergütung für Sonnenstrom mindestens bis Ende Mai fortbesteht. Zum anderen sprachen sich verantwortliche Politiker wie Industrieminister Paolo Romano verbindlich gegen einen neuen Deckel aus. Denn damit würde man den einheimischen Solarmarkt abwürgen.
Dennoch zeichnen sich deutliche Einschnitte zur Jahresmitte ab. So sieht es auch Ben Lynch, Solar-Experte der Commerzbank. Ihm zufolge hätte ein neuer Deckel dazu geführt, dass maximal noch 1 GW in diesem Jahr hätte verbaut werden können, also nur noch halb so viel wie im Vorjahr. Die Erfahrungen zeigten, dass die betroffenen Unternehmen mit Kürzungen der Einspeisetarife besser zurecht kämen als mit einer bürokratischen Deckelung. Lynch geht davon aus, dass zum Juni die italienischen Solartarife um 30 Prozent sinken. Für Großanlagen ab 5 GW werde voraussichtlich ein Auktionssystem die Förderung über feste Einspeisetarife ablösen.
„Anpassungen der Fördertarife sind der richtige Schritt“, meint dazu Markus A.W. Hoehner, CEO des Bonner Marktforschers und Beratungshauses EuPD Research. „Die Preise für kleinere Aufdach-PV-Anlagen liegen in Italien im Mittel bei rund 4.300 Euro, in der Spitze sogar bei 6.000 Euro. Deutlich höher als in anderen europäischen Ländern wie Deutschland, Spanien oder Frankreich“, so Hoehner. Wenn die italienischen Tarife in der Tat zum Juni kippen, würde nach Deutschland auch der zweitgrößte Solarmarkt die Tarife für Sonnenstrom aus Neuanlagen massiv senken. Das macht einen deutlichen Rückgang der Preise für Solarmodule in der zweiten Jahreshälfte sehr wahrscheinlich. Eine solche Entwicklung würde den Kostendruck auf die Hersteller erhöhen. Solarproduzenten mit Preisvorteilen, etwa chinesische Hersteller und die auf günstige Dünnschichtmodule spezialisierte First Solar aus den USA, könnten davon profitieren und weitere Martanteile erobern.
Denn Solarprojektierer müssen dann auch in Italien fortan mit spitzer Feder kalkulieren. Das gilt etwa für Phoenix Solar aus dem bayrischen Sulzemoos, die bis zu 15 Prozent ihres Umsatzes in Italien erwirtschaftet. Commerzbank-Analyst Lynch sieht aber die Aussichten für die Aktie des Unternehmens nicht eingetrübt. Es könne den Druck an die Hersteller von Solarprodukten weitergeben. Er empfiehlt die Aktie von Phoenix Solar weiter zum Kauf, mit Kursziel 38 Euro. Heute Mittag notiert der Anteilsschein in Frankfurt bei 22,7 Euro. Allerdings sind die angestrebten Kürzungen zum Juni nicht längst nicht sicher. Mehrere Vertreter der italinischen Photovoltikbranche haben bereits weiteren Widerstand gegen eine kurzfristige Änderung des eigentlich bis 2013 festgeschriebenen Conto Energia angekündigt.
Quelle: Ecoreporter
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