Am Dienstag präsentierte der Verband der Schweizer Elektrizitätsunternehmen (VSE) drei
Wege in eine AKW-freie Stromzukunft bis 2050. Das ist sehr erfreulich
und zeigt, dass die Schweizer Strom-Versorgungssicherheit auch ohne das
Risiko der AKW gewährleistet werden kann, schreibt dazu die Schweizerische Energiestiftung (SES).
Leider
schüre der VSE völlig unnötige Ängste mit hohen Kosten und vergisst:
«Die Stromzukunft kostet so oder so. Die Frage ist lediglich, ob wir in
eine veraltete Hochrisikotechnologie investieren, oder in erneuerbare
Energien und Effizienz», sagt Jürg Buri, Geschäftsleiter der SES. Gerne
geht beim VSE vergessen, dass auch neue Atomkraftwerke samt Backend-
und Haftpflicht-Kosten die Schweizer Volkswirtschaft teuer zu stehen
kommen würden. Der Weg über erneuerbare Energien schafft indessen statt
milliardenteurer Atommüllberge einen Mehrwert: «Die Schweiz bekommt so
mehr fürs Geld: Energieunabhängikeit, echte Versorgungssicherheit und
einheimische Arbeitsplätze», so Buri.
Mittelfristig ein Bild der Vergangenheit? Selbst die Stromunternehmen fassen nun die Folgen eines Ausstiegs aus der Atomkraft ins Auge - wenn auch mit einer anderen Beurteilung der Konsequenzen. (Bild: AKW Gösgen - Guntram Rehsche)
Der VSE hatte seit letztem
Sommer eine ganze Reihe von Studien in Angriff genommen. Die nun
veröffentlichte Gesamtbetrachtung “Wege in die neue Stromzukunft” haben
50 Spezialisten aus der Branche erarbeitet. Dabei ging es um die Frage,
unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Konsequenzen eine
Stromversorgung ohne Ersatz der heutigen Kernkraftwerke realisiert
werden kann. Die Experten haben die Frage aus Sicht des VSE anhand von drei konsistenten
Szenarien beantwortet, die sich jeweils hinsichtlich politischer
Weichenstellung und gesellschaftlicher Akzeptanz unterscheiden.
Szenario 1 geht zwar von verstärkten Vorschriften für Stromeffizienz
und Förderung erneuerbarer Energien aus, rechnet aber mit einem weiter
steigenden Strombedarf. Die Folge: Ein Viertel der Energie muss
weiterhin importiert werden und der Ausstieg aus der Kernkraft geht nur
mit 7-8 Gaskombikraftwerken sowie wo sinnvoll WKK. Zudem steigen die
Gesamtkosten für Stromerzeugung und Netze bis 2050 gegenüber heute auf
118 Milliarden Franken, was einer Kostensteigerung von ca. 30 Prozent
entspricht.
Szenario 2 geht von einem stärkeren Willen zum Energiesparen aus,
inklusive starker Lenkung über hohe Verbrauchssteuern. Bis 2050 würden
70 Prozent der Energie aus erneuerbaren Formen entstehen, zum Beispiel
mit knapp 1000 Windkraftwerken, 8 Wasserkraftwerken der Grösse des
Kraftwerks Rheinfelden und 7000 Photovoltaik-Anlagen in der Grösse der
Anlage auf dem Stade de Suisse. Trotzdem würden 4-5 Gaskombikraftwerke
und wo sinnvoll WKK notwendig sein. Und das ganze Investitionspaket
würde die Kosten um 45 Prozent auf 135 Milliarden Franken steigen
lassen.
Szenario 3 ist der radikalste Umbau. Der Stromverbrauch geht unter
anderem dank starker Lenkungsabgaben um 7 Prozent zurück. Es wird massiv
in erneuerbare Energien investiert, zum Beispiel mit 1250
Windkraftwerken, 10 Wasserkraftwerken der Grösse des Kraftwerks
Rheinfelden und Photovoltaik-Anlagen, die 11’500 Mal derjenigen auf dem
Stade de Suisse entsprechen. Die Gesamtkosten steigen um 75 Prozent auf
150 Milliarden Franken. Dafür braucht dieses Szenario keine
Gaskombikraftwerke und importiert wird ausschliesslich Strom aus
erneuerbarer Energie.
Der VSE will mit der Studie Grundlagen liefern und seine Forderung
untermauern, dass die Massnahmen zur Gestaltung der künftigen
Stromversorgung nur anhand verschiedener Szenarien beurteilt werden
können. Er will für die Diskussionen Transparenz schaffen. Die
praktische Umsetzung eines jeden der drei Szenarien wird tiefe
Einschnitte in das Alltagsleben der Schweiz bringen und es wird je nach
Ausprägung zu Zielkonflikten kommen, die sichtbar gemacht werden müssen.
Diese müssen von Gesellschaft und Politik entschieden und getragen
werden.
Quellen: SES / SDA
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