Solarworld-Chef Frank Asbeck warnt vor einem Massensterben in der deutschen Solarindustrie. Zahlreiche Firmen würden bald verschwinden, prophezeit er. Eine Studie aus Berlin gibt ihm Recht. Sie nennt drei mögliche Todes-Kandidaten - und schickt deren Aktienkurse auf Talfahrt.
Conergy, Q-Cells und Solon hätten nur geringe Chancen, die Krise der deutschen Solarbranche zu überstehen. Das geht aus einer Studie hervor, die die Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft im Auftrag der "Wirtschaftswoche" erarbeitet hat. "Die Gefahr ist groß, dass die drei Unternehmen vom Markt verschwinden", sagt Wolfgang Hummel, Autor der Studie. Die deutschen Solarzellen- und modulhersteller seien nicht wettbewerbsfähig mit den chinesischen Rivalen wie Suntech Power oder Yingli, die 30 bis 40 Prozent billiger produzieren. Zudem ließen hohe Schulden und eine geringe Finanzkraft den Unternehmen nur wenig Spielraum für Wachstum und die Expansion im Ausland, meint Hummel.
Bei Solon kritisiert der Wissenschaftler den schwachen Service und die zu teuren Produkte. Conergy leide unter der Abhängigkeit von zu vielen Zell- und Modullieferanten. Außerdem habe Conergy keine klare Marktpositionierung. Und Q-Cells wiederum wirft er vor, sich zu lange auf das margenschwache Geschäft mit Solarzellen konzentriert zu haben. Die Aktien der drei Unternehmen brechen am Morgen ein. Q-Cells und Conergy gehören zu den schwächsten Werten im TecDax.
Lediglich Solarworld traut Hummel zu, als einziger deutscher Zell- und Modulhersteller der asiatischen Konkurrenz Paroli bieten zu können. Auch Solar-Zulieferer wie Centrotherm, Manz sowie Roth & Rau könnten sich in Zukunft auf dem Weltmarkt behaupten, glaubt Hummel. Auch der Siliziumhersteller Wacker Chemie und der Wechselrichterproduzent SMA sind technologisch erfolgreich, so Hummel. Ähnlich pessimistisch äußerte sich Solarworld-Chef Frank Asbeck (siehe Bild) in einem vorab verbreiteten Interview mit der "Wirtschaftswoche". Er rechne mit einer großen Konsolidierungswelle in der deutschen Solarindustrie. "Weltweit werden zehn Unternehmen überleben, in Deutschland zwei bis drei", sagte Asbeck. Keine Zukunft hätten diejenigen deutschen Unternehmen, "die mit ihren Produktionskosten schlechter dastehen als die chinesischen Wettbewerber".
Allerdings warnte Asbeck auch eindringlich vor einer weiteren Senkung der Solarsubventionen in Deutschland. „Es wäre dumm und destruktiv, den Erfolg der Fotovoltaik-Förderung so kurz vor dem Ziel durch übertriebene Kürzungen zunichte zu machen. Wir stehen mit dem Solarstrom kurz vor der Wirtschaftlichkeit. Diesen Durchbruch sollten wir nicht dem Zeitgeist opfern, nur weil einige Politiker der Öffentlichkeit einen Schuldigen für die Strompreiserhöhungen präsentieren möchten“, sagte Asbeck. „Die Alternative wäre, dass Deutschland wieder einmal eine Schlüsseltechnologie aus der Hand gibt. Das wäre töricht.“
Der Solarworld-Chef vergleicht den Auslese-Prozess mit der Entwicklung in der Halbleiter-Branche. Dort gebe es fünf große und etwa 15 kleinere Anbieter. Asbeck glaubt, dass der deutsche Photovoltaik-Markt im nächsten Jahr von sieben auf fünf Gigawatt neu installierter Leistung schrumpfen wird. "Das bedeutet Umsatzeinbußen von rund 40 Prozent im größten Markt der Welt", sagte er. In den letzten Wochen hatten sich Vertreter der Solarindustrie bereits relativ skeptisch über die Perspektiven für das kommende Jahr geäußert. In vielen Märkten sei die Zukunft recht ungewiss, warnte Mitgründerin Silvia Roth von Roth & Rau am Rande des Eigenkapitalforums.
Vor allem in Deutschland droht der Markt einzubrechen. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat die Solarförderung drastisch gekürzt. Die Förderung von Solarstromanlagen auf Dächern wurde in einem ersten Schritt rückwirkend zum 1. Juli um 13 Prozent gesenkt. In einer zweiten Stufe wird die Einspeisevergütung für Strom aus Photovoltaik-Anlagen, die erst nach dem 30. September 2010 in Betrieb genommen werden, zusätzlich um drei Prozent gekürzt. Wegen der niedrigeren Vergütungen fand in den letzten Monaten eine große Nachfrage nach Photovoltaik-Anlagen statt, die Branche erlebte einen kleinen und wohl vorerst letzten Boom.
Die Solar-Aktien waren der große Verlierer an der Börse in diesem Jahr. Fast alle erlitten Kurseinbußen. Besonders Q-Cells kam unter die Räder. Analysten wie Götz Fischbeck von der BHF Bank glauben nicht, dass der Tiefpunkt bei Solar-Aktien schon erreicht ist.
Quelle: Wirtschaftswoche
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