Solarzellen, Wafern und Wechselrichtern hatten ihre Produktionskapazitäten in den Vorjahren teils so stark erweitert, dass sie die Nachfrage weit übersteigen, obwohl die Photovoltaik weltweit weiter auf dem Vormarsch blieb. Dies hat die Preisstürze weiter beschleunigt. In Deutschland sank der Preis für Siliziums-Solarmodule nach Berechnungen des Solartechnikhändlers soligico zwischen Januar und November 2012 um 24 Prozent auf 0,81 Euro pro Watt, Silizium-Solarmodule aus chinesischer Herstellung wurden demnach in dieser Zeit sogar um 29 Prozent billiger. Sie kosteten um 30. November noch 0,56 Euro pro Watt. Dünnschichtsolarmodule, die, die ohne Silizium als Grundstoff auskommen kosteten je nach Technik zwischen 0,46 und 0,54 Euro pro Watt. Damit lag der Wertverlust seit Januar 2012 – ebenfalls abhängig von der Technik - zwischen 15 und 29 Prozent. Mit den sinkenden Preisen wurde speziell die Herstellung von Solartechnik immer weniger rentabel.
Zugleich erhielt die Nachfrage immer wieder empfindliche Dämpfer, weil die gesetzlich garantierten Einspeisevergütungen in wichtigen Solar-Nationen, wie Spanien, Frankreich und Deutschland 2012 kurzfristig und stark gesenkt wurden. In Spanien und Italien waren die Änderungen Teil von Sparprogrammen, die wegen der Euroschuldenkrise aufgelegt werden mussten. Die schwarz-gelbe Bundesregierung begründete die Senkung der Solarstromtarife im Erneuerbare Energie-Gesetz (EEG) allerdings damit, dass der Fortschritt der Solarenergie zu teuer und zu schnell sei. Ursprünglich sollten die deutsche Einspeisevergütung bereits im Frühjahr abrupt je nach Größe und Datum der Inbetriebnahme im Vergleich zum Vorjahrestarif um bis zu 43 Prozent gesenkt werden. Nach schweren Protesten aus der Branche und langem politischen Hickhack traten die neuen Tarife dann mit mehrmonatigen Übergangsfristen in Kraft.
Besonders hart traf die Krise die Solartechnik-Hersteller. Mit dem Bitterfelder Solarkonzern Q-Cells SE ging ein weiteres ehemaliges Schwergewicht der deutschen Photovoltaikbranche pleite. Als das Unternehmen im März 2012 einen dreistelligen Millionenverlust vor Steuern und Zinsen (EBIT) für 2011 bekannt gab, war der ursprüngliche Rückzahlungstermin für eine Wandelanleihe im Umfang von 200 Millionen Euro schon einig Tage verstrichen. Zudem erhöhten zwei weitere Anleihen die 2014 und 2015 fällig gewesen wäre die Schuldenlast von Q-Cells gegenüber Anleihegläubigern auf zusammen 580 Millionen Euro. Ein Schuldenschnitt, der das Unternehmen retten sollte scheiterte am Widerstand einzelner Gläubiger. Es folgte die Pleite und die Übernahme der Kernbestandteile von Q-Cells durch den koreanischen Mischkonzern Hanwha Group. Im August 2012 beantragte Insolvenzverwalter Hennig Schorisch schließlich den Widerruf der Börsenzulassung.
Die finanziell ebenfalls schwer angeschlagene Conergy AG aus Hamburg blieb von der Pleite verschont. Anhaltend tiefrote Geschäftszahlen zwangen Conergy jedoch zu tiefgreifenden Restrukturierungsmaßnahmen. Der Vorstand verschlankte das Kerngeschäft: Aus dem Solarkonzern mit Fokus auf die Herstellung von Solartechnikkomponenten wurde ein Anbieter von Solarsystemen. Die Conergy-Aktie verblieb angesichts dessen beständig im Kurskeller – al. Pennystock; Am 28. Dezember ging sie mit 0,28 Euro aus dem Xetra-Handel der Deutschen Börse.
Auch die SolarWorld AG konnte sich dem Sog der Branchenkrise nicht entziehen. Für die ersten neun Monate 2012 verbuchte der Bonner Solarhersteller 189,5 Millionen Euro EBIT-Verlust nach 89,7 Millionen Euro Ertrag vor Steuern und Zinsen im Vorjahreszeitraum. Der Umsatz dieser Zeit sank gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 37,7 Prozent auf 468,9 Millionen Euro. Die SolarWorld musste dem anhaltenden Preisdruck und dem Überangebot „hohen Tribut zollen“, kommentierte Vorstandchef Dr. Frank Asbeck die Entwicklung. Im Sommer 2012 hatte er gegenüber Medienvertretern angekündigt, so lange auf seine finanziellen Bezüge zu verzichten, bis die SolarWorld AG in die Gewinnzone zurückkehrt. Von der rasanten Talfahrt, zu der die SolarWorld-Aktie im März 2012 ansetzte, erholte sie sich bis Ende Dezember nicht mehr. Am 28. Dezember schloss die Aktie im Xetra der Deutschen Börse bei 1,05 Euro. Anleger, die ein Jahr zuvor investierten und ihr Kontingent bis zu diesem Tag behielten, haben damit rund 68 Prozent des Investments verloren. Das Jahreshoch von 4,50 Euro (10. Februar 2012) scheint mittlerweile in weite Ferne gerückt zu sein.
Vergleichsweise solide durch das Krisenjahr kam die SMA Solar Technologies AG, der Weltmarktführer unter den Herstellern von Wechselrichtern. Speziell der Markteintritt in China verlieh der SMA-Aktie zum Jahresausklang nochmals Auftrieb. Ende Dezember hatte Vorstandschef Pierre Pascal Urbon erklärt, SMA habe für umgerechnet 40 Millionen Euro 72,5 Prozent aller Anteile des chinesischen Konkurrenten Zeversolar New Energy Co. Ltd aus Suzhou übernommen. Das so entstandene deutsch-chinesische Joint-Venture werde im Januar 2013 seine Geschäfte aufnehmen.
Teils schwer überschuldet: Chinas Solarkonzerne, denn viele der chinesische Marktschwergewichte unter den Solarherstellern gerieten 2012 ebenfalls in Bedrängnis: Konzerne wie LDK Solar aus Xinyu häuften immer höherer Schuldenberge an, um ihre Produktionskapazitäten stark auszubauen. Ziel war es vielfach, pro Stück billiger zu produzieren und sich so im Wettbewerb zu behaupten. Die Strategie schlug fehl, weil so der Preisverfall nur weiter beschleunigt wurde. Auch Suntech aus Wuxi und Trina Solar aus Jishan erlitten 2012 in mehreren Quartalen millionenschwere Verluste. Sie konnten sich teils nur mit Hilfe immer neuer günstiger Kredite chinesischer Staatsbanken und dank großzügiger staatlicher Förderprogramme zur Belebung des heimischen Marktes wirtschaftlich am Leben halten. Die chinesische Regierung hat die Photovoltaik für sich als Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts erkannt. Mit ihrer offensiven Solarpolitik will sie wenige chinesische Photovoltaik-Riesen an der Weltspitze etablieren.
Der wichtigste US-amerikanische Solarkonzern blieb First Solar. Die Dünnschicht-Solarmodule-Spezialistin aus Tempe in Arizona verpasste sich 2012 eine Radikalkur in Sachen Produktionskapazität. Zudem verstärkte das Unternehmen vor allem das Projektgeschäft am boomenden Heimatmarkt und im asiatisch-pazifischen Raum, speziell Indien und Australien. Die ersten drei Quartale des vergangenen Jahres beendete First Solar mit 250,5 Millionen Dollar Nettoverlust. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres hatte First Solar noch 373,6 Millionen Dollar Nettogewinn erzielt. Dabei war es den Amerikanern gelungen den Neun-Monatsumsatz auf Jahressicht um 8,9 Prozent auf 2,29 Milliarden Dollar zu steigern. Den letzten Handelstag des Jahres an der US-Technologiebörse Nasdaq beendete die First-Solar-Aktie bei 29,80 Dollar. Damit verlor Sie auf Jahressicht 8,86 Prozent an Wert.
Die Situation bei den Herstellern schlug sich auf die Solarausrüster nieder: Weil viele Produzenten ihre Kapazitäten zusammenkürzten brach die Nachfrage ein. Die vielen Pleiten sorgten zusätzlich dafür, dass diejenigen Unternehmen, die neue Produktionslinien suchten, diese auch gut gebraucht einkaufen konnten. Darunter litten Ausrüster wie die Meyer Burger Technologies AG aus Thun im Kanton Zug in der Schweiz oder die centrotherm photovoltaics AG aus Blaubeuren. Letztere ging 2012 Pleite und befindet sich seither in der Planinsolvenz. Das heißt, das Unternehmen hat seine Entschuldung selbst in die Hand genommen, wobei es einem gerichtlich festgelegten Restrukturierungsplan verfolgt und von einem Insolvenzfachmann als sogenanntem Sachwalter begleitet wird. Dementsprechend ging es von Mitte März bis Ende Dezember 2012 für die centrotherm-Aktie fast ausnahmslos bergab. Am 28. Dezember 2012 ging sie mit 0,86 Euro aus dem Handel im Xetra der Deutschen Börse. Damit verlor der Anteilsschein innerhalb eines Jahres 91 Prozent an Wert. Ihr Jahrestief erreichte die Aktie am 11 Juli mit 0,42 Euro.
Nachdem die Meyer Burger Technologies AG schon zum Halbjahr rote Zahlen meldete, kassierte der Konzern im November seine Umsatzprognose für das Gesamtjahr 2012 und gab eine Gewinnwarnung heraus. Die Halbjahresbilanz der Schweizer wies umgerechnet 39,2 Millionen Euro EBIT-Verlust aus. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres hatte Meyer Burger noch 104 Millionen Euro EBIT-Gewinn verbucht. Der Umsatz zwischen Januar und Juni brach auf Jahressicht um 46 Prozent 255,6 Millionen Euro ein. Für das Gesamtjahr 2012 erwartet der Solarausrüster seiner erneuerten Prognose zufolge zwischen 16,6 und 33,2 Millionen Euro Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA). Dabei soll der Umsatz des Gesamtjahres umgerechnet 498,2 Millionen Euro erreichen. Um Gegenzusteuern setzt auch Meyer Burger auf Kostensenkungsprogramme und starken Stellenabbau. Bis Ende November hatte das Unternehmen seine Belegschaft im Vergleich zum Jahresbeginn um 19 Prozent gekürzt und weitere Entlassungen in Aussicht gestellt.
Die die teils drastische kurzfristige Kürzungen der Vergütungstarife für Solarstrom in vielen bisherigen Kernmärkten sorgten 2012 dafür, dass auch die Geschäfte zahlreicher Projektierer nicht gut liefen. Zwar drückten, die fallenden Modulpreise die Fixkosten der Projektierer beträchtlich. Jedoch verschlechterten sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen für große Solarparks vielerorts in Europa so sehr, dass dieses Geschäft deutlich unrentabler wurde.
Der US-Solarprojektierer SolarCity Inc. aus San Mateo in Kalifornien vollzog das einzige große Solar-Börsendebüt des Jahres 2012. Das Unternehmen ist auf Dachanlagen spezialisiert und konzentriert sich auf seinen Heimatmarkt USA, der 2012 einen Boom erlebte. Einer der größten Kunden von SolarCity ist das US-Militär. SolarCity rüstet landesweit Dächer von heimischen Militärbasen mit Dachsolaranlagen aus. Bei der Erstnotiz an der US-Technologiebörse Nasdaq im Dezember verkaufte SolarCity 11,5 Millionen Aktien zu acht Dollar das Stück und warb so 92 Millionen Dollar ein. An ihrem ersten Börsentag legte die SolarCity-Aktie dann insgesamt 47,4 Prozent zu und schloss bei 11,79 Dollar. Ursprünglich hätte das Börsendebüt zwei Tage früher vollzogen werden sollen, als es nun tatsächlich der Fall war. Die Unternehmensführung hatte jedoch kurzfristig einen Rückzieher gemacht und den Erstausgabepreis stark gesenkt. Die Aktie sollte nämlich eigentlich zu Preisen zwischen 13 und 15 Dollar in den Handel gehen. Experten taxierten den Börsenwert von SolarCity nach dem Debüt an der Nasdaq auf 585 Millionen Dollar.
Eine positive Ausnahme unter den Solaraktien war 2012 der Anlagen-Betreiber Capital Stage AG aus Hamburg. Er ist nach eigenen Angaben der größte unabhängige Solarparkbetreiber Deutschlands und besitzt europaweit Solarparks und Windkraftanlagen mit zusammen knapp 160 Megawatt Leistungskapazität. Die Hamburger erwerben zum einen Projektrechte für den Bau großer Solarparks und treten dann als Generalunternehmer auf. Zudem betreiben sie die Solarparks und übernehmen selbst die technische Betriebsführung. Seit 2009 hat die Capital Stage AG die Marktkapitalisierung von 50 Millionen Euro auf über 136 Millionen Euro verdreifacht.
Die weltweite Konsolidierung in der Solarbranche soll sich 2013 fortsetzen. Das prognostizieren die Experten der US-Marktforschungsagentur IMS iSuppli Dabei gehen die Forscher davon aus, dass sich die Preise für Solarmodule in der zweiten Jahreshälfte stabilisieren. Der Ausbau der Solarenergie werde weiter schnell fortschreiten und zweistellige Zubauraten erreichen. Ein Kernproblem der Branche, die großen Überkapazitäten, würde 2013 zwar langsam entschärft, jedoch nicht gelöst. Als künftige Wachstumsmärkte haben die IMS-Forscher Schwellenländer wie Rumänien und Südafrika ausgemacht. Beide Länder seien im Begriff ihre Photovoltaik-Kapazität bis 2014 um einige hundert MW zu steigern. Auch China und die USA sollen demnach weiter auf Wachstumskurs bleiben. Einige europäische Solarmärkte befinden sich der Studie zufolge auf dem Sprung zur Netzparität. Dies spreche dafür, dass auch in Teilen Europas 2013 weiterhin zahlreiche Solaranlagen errichtet werden.
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