Die erste Etappe der Atomausstiegsdiskussion ist nach zweitägigem Abstimmungsmarathon im Schweizer Nationalrat zu Ende. Neben viel Gegensätzlichem bleiben der Atomausstiegs-beschluss und vage Ansätze zur Förderung der Energieeffizienz und der Erneuerbaren, insbesondere der Photovoltaik. Ein Kommentar von Solarmedia-Autor Guntram Rehsche.
So viel Verwirrung war selten – und das will in der Bundespolitik schon etwas heissen. Oder anders gefragt: Waren es nun zwei Schritte vor- und einer rückwärts? Oder gar nur einer vorwärts und deren zwei zurück? Beschlossen hat der Nationalrat auf jeden Fall, aus der Atomenergie mittelfristig auszusteigen. Die Frist ist ja ziemlich grosszügig bemessen – in Übereinstimmung mit dem Bundesrat bis Mitte der 30er Jahre. Womit schon mal von einem überhasteten Ausstieg nicht die Rede sein kann. Und ebenso wenig von einem überhasteten Einstieg in den Ausstieg. Denn ein solcher wird schon seit 25 Jahren, seit der AKW-Katastrophe von Tschernobyl, diskutiert – nur wollten allzu viele (bürgerliche) PolitikerInnen nichts davon wissen.
Geblieben vom Diskussions- und Abstimmungsmarathon ist sodann die erleichterte Handhabe der Kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV). Kommen künftig wirklich alle AntragsstellerInnen innert nützlicher Frist zu dieser Vergütung – derzeit warten rund 8000 – so ist für die Photovoltaik (PV) viel gewonnen. Diese direkte Umwandlung von Sonnenlicht in Strom via Solarzellen fristete insbesondere in der Schweiz bis vor kurzem ein – völlig ungerechtfertigtes – Stiefmütterchen-Dasein. Nur gerade fünf Prozent der verfügbaren Mittel gingen nämlich an die PV - ans Wasser hingegen die Hälfte. Während in anderen, mit Deutschland sogar nördlicher gelegenen, Ländern PV bereits die Prozentschwelle an der Stromproduktion überschritten hat, gelingt hierzulande wegen der minimen Förderung gerade erst der Promillehüpfer.
Doch selbst im günstigen Fall, in dem auch der Ständerat der KEV neuen Schwung verleiht, ist die Energiewende weg vom Atomstrom natürlich noch nicht geschafft. Dazu bedarf es erstens ernsthafter Spar- und Effizienzsteigerungsmassnahmen. Diesbezüglich lassen die Nationalratsbeschlüsse wenig Gutes erhoffen. Sodann muss eine Lenkungssteuer her, die auf verschiedenen Ebenen die richtigen Preisanreize setzt – oder ökonomisch in den Worten des Wirtschaftsverbands Cleantech die vollen Kosten richtig anzeigt. Dann nämlich wären die Erneuerbaren und insbesondere der Solarstrom heute schon konkurrenzfähig.
Es bräuchte aber auch jenen Push, der hierzulande wohl (noch) am wenigsten akzeptierbar scheint, nämlich einen industriepolitischen, der der Solarbranche insgesamt schnell zu Konkurrenzfähigkeit verhilft. Warum nicht von Staats wegen oder durch die Elektrizitätswerke einige Grossanlagen erstellen, die zeigen, was die Solarenergie bereits an Strom zu erzeugen vermag (und das ist viel mehr als allgemeinhin angenommen). Warum nicht auch Freilandanlagen in unwirtlichen Gegenden - denn die Sonne scheint überall. Und warum nicht und zuallererst eine Vorschrift, auf allen geeigneten Dächern, Solaranlagen sowohl für die Warmwasser- wie die Stromerzeugung zu erstellen. Wie die Bewegung einst formulierte: Subito! Zu finanzieren ist auch solch massive Unterstützung durch eine KEV resp. einen KEV-ähnlichen Mechanismus – und den immerhin haben wir ja bereits.
© Solarmedia
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