Es dürfte wohl auch für die Schweiz gelten, für das nördliche Nachbarland ist es jetzt belegt: „Deutschland kann im Jahr 2050 zu hundert Prozent klimaschonend mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgt werden.“
Das erklärte der Vorsitzende des Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU), Professor Martin Faulstich, jetzt im Umweltausschuss des Deutschen Bundestages. Dort präsentierte der SRU seine Szenarien für eine regenerative Stromversorgung in Deutschland. Faulstich forderte: „Die Bundesregierung muss jetzt die Weichen für den Umbau des Energiesystems stellen.“ Der Energieexperte des Rates, Prof. Dr. Olav Hohmeyer, betonte: „Für die Übergangszeit sind weder Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke noch neue Kohlekraftwerke erforderlich. Die Brücke zu den erneuerbaren Energien steht bereits“.
Mit verschiedenen Szenarien zeigt der SRU, dass eine vollständig erneuerbare Stromversorgung bis 2050 zu wettbewerbsfähigen Kosten möglich ist. Dabei ist Versorgungssicherheit zu jeder Stunde des Jahres gewährleistet. Damit ergibt sich zugleich eine Chance für nachhaltige Innovationen, die den Standort Deutschland auch in diesem Bereich zukunftsfähig machen. Die Szenarien stützen sich auf Modellberechnungen des DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt). Das verwendete REMix-Modell gehört zu den besten und genauesten in Europa und arbeitet mit extrem hoher zeitlicher Auflösung.
Wesentliche Ergebnisse der Szenarien sind: Das nachhaltig nutzbare Potenzial an erneuerbaren Energien in Europa übersteigt nachweislich den heutigen und auch den zukünftigen Strombedarf um ein Vielfaches. Da das Angebot von Wind- und Sonnenenergie jedoch erheblich schwankt, müssen zur Deckung der Nachfrage Speicher und Netze ausgebaut werden. Für die Speicherung von Strom setzt der SRU auf eine enge Zusammenarbeit vor allem mit den skandinavischen Staaten wie Norwegen und Schweden. Eine Verbindung skandinavischer Wasserkraft- und Pumpspeicherpotenziale mit den deutschen Erzeugungskapazitäten kann beispielsweise die erforderlichen Ausgleichsmöglichkeiten schaffen und damit die Kosten senken. Der SRU zeigt auch, wie eine sichere und kostengünstige Stromversorgung in einem größeren europäisch-nordafrikanischen Verbund ausgestaltet werden könnte.
Die Stromgestehungskosten in einem vollständig auf erneuerbaren Energien beruhenden System sind nach den Berechnungen des SRU wahrscheinlich sogar niedriger als bei einem Mix aus regenerativen und CO2-armen konventionellen Energiequellen. Die Kosten für Erzeugung, Speicherung und internationalen Netzausbau könnten sich 2050 zwischen etwa 6 und 7ct/kWh bewegen, wenn die Politik auf stringente Effizienz und Einsparung sowie einen europäischen Verbund setzt. Die Stromgestehungskosten machen für private Haushalte derzeit etwa ein Drittel des Strompreises aus.
Die anstehende Erneuerung des Kraftwerksparks in Deutschland bietet besonders günstige Voraussetzungen dafür, die Stromversorgung in Deutschland auf erneuerbare Energien umzustellen. Dabei können die heute bestehenden und die bereits im Bau befindlichen konventionellen Kraftwerke entsprechend ihrer normalen Lebensdauer sukzessive vom Netz gehen. Die allmählich wegfallenden konventionellen Kraftwerke können nach Einschätzung des SRU durch den Zubau erneuerbarer Erzeugungskapazitäten ersetzt werden.Damit ist klar: Weder eine Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerken noch der Bau neuer Kohlekraftwerke mit Kohlendioxidabscheidung und -speicherung sind notwendig für den Übergang zur erneuerbaren Stromversorgung. Der SRU warnt davor, dass durch signifikante Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke Überkapazitäten im System entstehen. Die konventionellen Kraftwerke sind auf Dauer nicht mit der erneuerbaren Stromerzeugung vereinbar, da ihre Leistung nicht schnell genug an die Schwankungen der Wind- und Sonnenenergie angepasst werden kann. Das dauerhafte Nebeneinander von konventioneller und wachsender erneuerbarer Stromerzeugung würde das System ineffizient und unnötig teuer machen.
Die vorab veröffentlichten Szenarien können unter www.umweltrat.de heruntergeladen werden.
Quellen: (c) Ingwer Hansen / Klimamedia
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