Der Name ist Programm – mit der Mitgliederzeitschrift von Eurosolar, der Europäischen Vereinigung für Erneuerbare Energien, ist die Zukunft bereits eingeläutet. Die neueste Ausgabe bringt eine umfassende Diskussion des Wüstenstromprojekts Desertec. Dessen Für und Wider wurde zwar bereits ausführlich abgehandelt, auch an dieser Stelle (suche dazu Beiträge unter dem Stichwort Desertec – siehe rechte Spalte). Der Aspekt der Systemfrage allerdings wurde nirgends so vertieft dargestellt.
Die Frage einer dezentralen Versorgung mit Erneuerbaren Energien, insbesondere der Solarenergie, oder einer grosstechnologischen zentralisierten Produktion und Verteilung wie beim Projekt Desertec, ist eine der entscheidenden, ohne Zweifel. Hermann Scheer, Präsident von Eurosolar (siehe Bild vom Auftritt beim Jubiläum der Gasser Baufirma Chur 2008), hat aus seiner Ablehnung der zentralisierten Variante, nie ein Hehl gemacht. So verfasste er das viel beachtete und weiterhin lesenswerte Buch «Energieautonomie» (Verlag Antje Kunstmann, 2005). In Scheers Beitrag zu Solarzeitalter 2/09 erhebt er die Zentralisierungsfrage gar zum zentralen Aspekt der Erneuerbaren Energien. Denn es gehe eben nicht nur um die Frage der Energieform, sondern auch um die Frage struktureller Abhängigkeit. Zuvorderst gilt zu entscheiden, welches die Quelle der verwendeten Energie sein solle. Vor über 100 Jahren entschieden wir uns fürs Erdöl, vor 60 zugunsten der atomaren Energie. Die Quelle wird stets bestimmen, was zu tun bleibt, um die Energie auch verfügbar zu machen, also wie Transportwege und Infrastruktur auszugestalten sind.
Stellt sich in der Folge die Frage der Kosten und der Effizienz, so ist diese Frage gemäss Scheer umzuformulieren: Welche Kosten entstehen für wen und für wen auch ist ein bestimmter Entscheid effizient. Im Falle der Erneuerbaren Energien und insbesondere auch der Solarenergie wird damit zwischen volks- und regionalwirtschaftlichen Interessen einerseits, betriebswirtschaftlichen andererseits entschieden. Während letztere zugunsten einer zentralisierten sprechen, muss im Sinne des gesamtwirtschaftlichen Interesses die dezentralere Variante im Vordergrund stehen. Das Wüstenstromprojekt Desertec ist aus Scheers Sicht – ebenso auch in den anderen Beiträgen von «Solarzeitalter» deshalb ungeeignet. Es führt zu neuen Abhängigkeiten, die mit einer dezentralen Energiequelle vermieden werden können. Mit anderen Worten: In Europa scheint genügend Sonne, um die Versorgung mit Erneuerbaren schon bald und umfassend sicherzustellen. Desertec hingegen mag in erster Linie eine gute Lösung für die Saharastaaten selbst sein, die effektiv zunehmend eine Energielücke aufweisen – man denke nur an all die Metropolen der Anrainerstaaten wie Kairo, Casablanca und Tripolis.
Die Zeitschrift «Solarzeitalter» ist zu beziehen bei Eurosolar und bei Mitgliedschaft in dieser Europäischen Vereinigung für Erneuerbare Energien gratis.
© Solarmedia 2009
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