Mittwoch, 5. Dezember 2012

Französisches AKW immer teurer

Anfangs Woche sorgte in Frankreich eine Meldung für Aufsehen, die hierzulande bislang übergangen wurde. Das einzige Neubauprojekt für ein französisches AKW in Flamanville, das einst auch als Referenzanlage für eine neue Anlage in der Schweiz dienen sollte, verzögert sich weiter – und wird fast dreimal so teuer wie geplant.

Einst sollte das Werk in Flamanville (im Nordwesten des Atomstaates mit seinen über 50 AKW) um die drei Milliarden Euro kosten. Dann wurden es ständig mehr – und nun überrascht der Bauherr mit einer neuerlichen Verteuerung um zwei Milliarden – macht dann deren 8,5 in Euro und über 10 Milliarden Schweizer Franken. Neben der eklatanten Verspätung (ursprüngliche Inbetriebnahme: 2011 – nun verzögert bis mindestens 2016, ein Datum, das aber gemäss Mitteilung ebenfalls kaum zu halten sein wird) und dem Imageschaden für die verantwortliche EDF bedeutet die Verteuerung, dass der Strom aus Flamanville dereinst ab Werk mindestens 8, vielleicht aber auch deren 12 Eurocent kosten wird.

Was auf einen entscheidenden Aspekt in dieser leidigen Atomgeschichte hinweist: Atomstrom aus neuen AKW wird selbst ohne Berücksichtigung weiterer Kosten rein vom Bauwerk her so teuer, dass er nicht mehr mit anderen Energiequellen konkurrieren kann. Es sei denn, der Staat biete seine stützende Hand, wie das neuerdings in Grossbritannien eben doch vorgesehen ist, nachdem es früher hiess, neue AKW auf der Insel müssten ohne staatliche Unterstützung aus kommen.

Doch zurück nach Frankreich und zu den Details der neuerlichen Verteuerung: Gemäss der Zeitung «Le Figaro» wird sich der italienische Teilhaber Enel aus dem Projekt in Flamanville zurückziehen – und der französichen Staatsgesellschaft damit noch weitere finanzielle Verpflichtungen auferlegen, nämlich die Übernahme des rund 700 Millionen Euro teuren Anteils. EDF wird damit Alleinaktionär in Flamanville. Damit wird die Gesellschaft aber auch für die ständige Verteuerung allein grade stehen müssen. Der Rückzug des italienischen Energiekonzerns ist andererseits Ausdruck der Tatsache, dass in Italien nach der Volksabstimmung gegen neue AKW kaum je mehr ein Werk erstellt werden wird.

Die französischen Medien stellen unterdessen die Rentabilität neu erstellter AKW in Frage. In Flamanville wird nun ein Kostenniveau für Atomstrom von mindestens acht Eurocent je Kilowattstunde (Kwh) erreicht. Da kommt etwa Le Figaro nicht umhin darauf zu verweisen, dass das bereits teuer sei als zu Land produzierter Windstrom. Für den Eneergieexperten Lionel Taccoen gilt demgegenüber immer noch, dass zumindest die Chinesen in der Lage seien, Atomstrom billiger zu erzeugen – mit Verweis auf einen zu Flamanville baugleichen Reaktor, der nächstes Jahr mit Taishan 1 ans Netz gehen soll.

Unschwer allerdings zu erraten, warum die Atomkraft in Südostasien billiger bleibt – darauf verweist in LeMonde Bernard Laponche, der einst selbst an der Entwicklung des umfangreichen französischen Atomparks beteiligt war – diesem heute aber kritisch gegenüber steht. Er bezeichnet den Druckwasserreaktor, der in Flamanville erstmals erbaut werden soll als ein Fass ohne Boden. Mit Verweis darauf, dass beim Bau noch nicht einmal die kritischen Installationen in Angriff genommen worden seien, fordert er den sofortigen Bauabbruch. Und führt die stetig steigenden Kosten auf jene Faktoren zurück, die eben in China weniger eine Rolle spielen dürften: Nicht alle Kosten wurden in der Planung korrekt ausgewiesen, ständig neue Sicherheitsanforderungen kamen hinzu, auch gestalte sich die Grösse des Projekts als zunehmend nicht beherrschbar und komplex. Laponche verweist schliesslich darauf, dass auch in den jetzt ermittelten bereits sehr hohen Kosten noch längst nicht alle inbegriffen seien. Es fehlten jene für den Rückbau und die Lagerung der Abfälle ebenso wie jene für eine adäquate Versicherung. Gute Nacht Atomstrom auch in Frankreich!

© Solarmedia Text und Bild

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